Hoffenheim in Hamburg: Perle und Kerle
Roberto Firmino war herausragender Akteur in einer großartigen Hoffenheimer Mannschaft beim 5:1-Triumph in Hamburg
Hamburg. "Hamburg, meine Perle." Das städtische Liebeslied war kaum verklungen, da drehte Roberto Firmino groß auf. Ein Solo des Hoffenheimer Unterhaltungskünstlers konnte Tolgay Arslan nur durch ein ruppiges Foul hart an der Strafraumgrenze stoppen, doch wenig später eröffnete Firmino das Schützenfest. Eine Präzisionsflanke von Fabian Johnson köpfte der Brasilianer zum 0:1 ein (5. Minute) - der Anfang des spektakulären 5:1 (1:1)- Sieges der TSG 1899 Hoffenheim beim Hamburger Schwimmverein (HSV). Firmino, 21, war die Perle unter lauter Kerlen, herausragender Akteur in einer großartigen Mannschaft. Zwei Treffer (neben dem 0:1 das finale 1:5) erzielte er selbst, die drei anderen bereitete er technisch einwandfrei vor, Kevin Volland (50.) und der neue Mittelstürmer Anthony Modeste (67. und 74.) sagten "Dankeschön" bei ihrer Vollstreckung.
"Ich habe das Gefühl, hier jetzt richtig angekommen zu sein. Ich fühle mich wohl und wie befreit", erzählte nach der Gala an der Elbe Firmino, übersetzt von Teambetreuer Cesar Thier. Im Januar 2011 war der Hochbegabte von Figueirense FC nach Hoffenheim gewechselt, hatte sofort sein Potenzial angedeutet, war aber in seinen Leistungen zu schwankend. Als "Schönwetterfußballer" wurde Firmino von kritischen Fans bezeichnet, doch wie viele Menschen wuchs auch er mit den Aufgaben. Im schier aussichtslos erscheinenden Abstiegskampf in der Vorsaison erlangte der Feintechniker Stabilität und gewann Nehmerqualitäten hinzu. "Den lassen wir nicht gehen!", sagte denn Hoffenheims Profifußball-Leiter Alexander Rosen am Feiertag in Hamburg. Bereits in diesem Frühsommer soll ein russischer Klub zwölf Millionen Euro Ablöse für Firmino geboten haben.
Bis Juni 2015 läuft noch sein Vertrag bei der TSG 1899, und seine Gedanken fliegen bereits Richtung Heimat: Bei der Weltmeisterschaft im kommenden Jahr in Brasilien mitzumischen, wäre "ein Traum", bekannte Hoffenheims Perlenspieler. Freilich, laute Töne vermied er bei seiner Bewerbungsrede. "Wenn ich konstant meine Leistung bringe, dann ist es gut möglich, dass ich eine Einladung bekomme. Ich habe jedenfalls noch eine kleine Hoffnung, auch wenn wir offensiv mit Neymar, Fred und all den anderen ziemlich stark besetzt sind."
"Soso, der Firmino ist wichtiger als ich." TSG-Trainer Markus Gisdol schmunzelte und reagierte mit feiner Ironie, als Reporter verspätet zur Pressekonferenz erschienen, weil sie in der Mixed Zone der HSV-Arena, vor dem Hoffenheimer Heimflug, sehr mit Firmino und dessen Glanztaten beschäftigt waren. Auch an seinem 44. Geburtstag machte Gisdol keine Ausnahme: ein Sonderlob wollte er partout nicht verteilen. Lieber gab er Bestnoten von A bis Z. "Wenn ein Rädchen ins andere greift, kann auch ein Individualist glänzen", erklärte Gisdol, der ungeachtet des "Klassestarts" mit vier Punkten aus zwei Spielen Bodenhaftung empfahl. "Wir sollten einfach nur glücklich sein, in der Bundesliga spielen zu dürfen. Wir versuchen, jedes Spiel zu genießen."
Und Gisdol wollte auch deshalb den 5:1-Zauber "nicht überbewerten", weil der Gegner eine irritierende Vorstellung bot und planlos draufloskickte. Die Laufwege von HSV-Fans auf der Reeperbahn nachts um halb zwei waren nicht unkoordinierter als die der HSV-Profis auf dem Stadionrasen nachmittags um halb fünf.