Heidelberger Rollstuhlmarathon: Neuer Weltrekord bei den Frauen

Beim Heidelberger Rollstuhlmarathon bleibt Christiane Reppe aus Dresden fast unter einer Stunde - Purchke-Sieg bei den Männern

05.07.2015 UPDATE: 06.07.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 19 Sekunden

Bedankt sich für die tolle Unterstützung: Weltrekordlerin Christiane Reppe unterbot die alte Bestmarke um fast vier Minuten (o.l.). Das Feld schoss mit bis zu 65 km/h über die Strecke und Joachim Schermuly, 1. Vorsitzender des Heidelberger Rollstuhlmarathons freute sich über eine gelungene Veranstaltung (u.r.). Fotos: vaf

Von Christoph Ziemer

Heidelberg. Manchmal gibt es Tage, die man am liebsten aus dem Kalender streichen würde. An den vergangenen Freitag erinnert sich Vico Merklein jedenfalls nur äußerst ungern. Tagelang hatte der amtierende Vize-Weltmeister vom Malscher Team Sopur an seinem Handbike herum geschraubt, teilweise sogar bis tief in die Nacht. Seinen eigenen Weltrekord in Heidelberg noch einmal unterbieten, das war das Ziel. In Top-Form habe er sich befunden, sagt Merklein - aber eben nur bis Freitag. Bei der Hinfahrt zur Teamsitzung begannen die Probleme. "Ich habe gedacht, was ist denn jetzt los?", berichtet der 37-Jährige. "Es hat sich angefühlt, als ob ich gleich dehydriere." Ein Magen-Darm-Virus war im Anmarsch, die Mission Weltrekord musste vorsichtshalber abgeblasen werden. Aber eben nur teilweise. Christiane Reppe zum Frauen-Weltrekord verhelfen, so lautete die neue Aufgabe, die Sopur seinen Fahrern als Marschroute für Heidelberg vorgab. Und sie gelang.

Die Straßen-Weltmeisterin verbesserte den alten Weltrekord von 1:04 Stunden nicht nur, sie pulverisierte ihn in Heidelberg nahezu. Fast vier Minuten schneller war die 27-jährige Dresdnerin, und das bei einem Schnitt von fast 41 km/h pro Stunde. "Das war richtig hart heute, für alle", befand die Sopur-Fahrerin, die beim Start unter der Brücke noch an halbwegs erträgliche Temperaturen geglaubt hatte: "Ich habe gedacht, ich sterbe. Nach der Hälfte war es nicht mehr lustig. Aber es war eine fantastische Team-Leistung. Ich danke Vico, dass er seinen möglichen Weltrekord für meinen Sieg geopfert hat." Immer wieder führte Merklein seine Teamkollegin an das Hauptfeld heran, wenn der Kontakt zur Spitzengruppe abzureißen drohte - der Mann aus dem südhessischen Babenhausen ließ sich dafür sogar zurückfallen. Warum das klappte, weiß Merklein genau: "Das Feld hat sich anfangs nur auf mich konzentriert, so konnte ich Christine mit ihrer Wattzahl wieder heranführen. Ich weiß ja, was sie kann."

Das Hauptfeld war nach der Hälfte der Renndistanz noch dicht beisammen, gleich 23 Fahrer konnten sich an der Spitze halten. Die Vorentscheidung fiel nach der Friedensbrücke in Neckargemünd. Torsten Purschke setzte nur wenige Kilometer von seiner Heimatstadt Waibstadt entfernt zu einem Sprint an, den viele nicht mehr mitgehen konnten. Bis auf Sopur. Führungsarbeit wollte das Team aus Malsch allerdings nicht leisten, das musste der Lokalmatador bei Sahara-Hitze alleine übernehmen - und das über mehrere Kilometer. Der 49-Jährige hatte im Ziel trotzdem noch so viele Reserven, dass er den Schluss-Sprint souverän für sich entscheiden konnte.

Die Hitze war diesmal das große Thema an der Strecke. Die Zuschauer funktionierten die Klatschpappen des Hauptsponsors kurzerhand zu Fächern um, Fahrer und Fans erhielten an den Teamständen im Start-Ziel-Bereich auf Wunsch eine kleine Wasser-Dusche aus der Spray-Dose. Einige Fahrer gaben nach der Hälfte der Distanz auf und rollten an die Seite - zu kräfteraubend war die Rekordjagd auf dem Heidelberger Asphalt. Ernsthafte Probleme gab es trotz Rekordtemperaturen keine.

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International ging es zu im Mekka des Rollstuhl-Sports. Nicht nur aus Frankreich reisten die Ausdauersportler an, auch Kanadier, Japaner und Australier waren dabei. Drei Fußball-Damen aus Hoffenheims Bundesliga-Team wollten sich den Rollstuhlmarathon ebenfalls nicht entgehen lassen und fuhren mit - wenn auch nur über die halbe Distanz. Drei Wochen hatten die Kickerinnen im Vorfeld trainiert - zweimal pro Woche, nie mehr als zehn Kilometer. "Das geht schon richtig in die Arme"; stellte Mittelfeld-Spielerin Anne Fyhmer fest, die sich auch nicht daran störte, von den Top-Leuten überrundet zu werden: "Es ist faszinierend, zu sehen, wie schnell die fahren können. Wir haben jedenfalls Gas gegeben und gedacht, dass wir noch länger brauchen." Emily Evels hatte vor allem hinter Neckargemünd Schwierigkeiten: "Bergauf war es schlimm, der Rest ging aber", fand die 18-Jährige.

Zufrieden waren sie am Ende alle. Auch Vico Merklein. Ins Höhen-Trainingslager in die Schweiz wolle er nun aber nicht mehr reisen.

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