Der Nächste, bitte

Sinsheim. Krisenbewältigung wird zum Dauerprogramm: Die TSG 1899 wird wohl bald den fünften Trainer in zwei Jahren verpflichten

03.12.2012 UPDATE: 03.12.2012 09:57 Uhr 1 Minute, 50 Sekunden
Geknickte Hoffenheimer nach der Heimniederlage gegen Bremen: Eren Derdiyok, Andreas Beck und Fabian Johnson. Foto: APF
Von Roland Karle

Sinsheim. Seine Augen sagten etwas anderes als sein Mund. "Ich bin der Letzte der von Bord geht, wenn es schwierig wird", sprach Markus Babbel nach der deprimierenden 1:4-Niederlage gegen Werder Bremen. Damit sorgte der Hoffenheimer Trainer immerhin in einer Hinsicht für klare Verhältnisse: Er wird nicht zurücktreten. Vielmehr will der 40-Jährige "die Mannschaft wieder aufrichten und dann geht es am Freitag in Hamburg weiter". Aber höchstwahrscheinlich ohne Babbel. Die dritte Trainerstation des Ex-Nationalspielers wird wohl so enden, wie die beiden zuvor beim VfB Stuttgart und Hertha BSC Berlin - mit einer Entlassung.

Den drei 1899-Geschäftsführern Briel, Rotthaus und Waldi stand der Schrecken über die desaströse erste Halbzeit noch weit nach Abpfiff ins Gesicht geschrieben. Der eine fragte in die Runde, wie viele Punkte es für den Nichtabstieg braucht; der andere reagierte mit ausgesprochener Ratlosigkeit, der nächste mit Schulterzucken. Auch Manager Andreas Müller vermied ein Treuebekenntnis. "Wir lassen uns nicht treiben", antwortete er zwar auf hartnäckige Fragen nach den Jobaussichten für Markus Babbel. Doch er sagte auch: "Man muss auf jede Situation vorbereitet sein."

Die sportliche Bilanz des Trainers ist erschütternd. In 30 Pflichtspielen (inklusive Pokalpleite beim Berliner AK) unter seiner Regie gelangen Hoffenheim gerade mal sieben Siege. Zehn von 14 Niederlagen stammen aus dieser Saison, sein Punkteschnitt mit 1899 in der Bundesliga liegt bei 1,0 - das ist die schlechteste Quote aller bisherigen Übungsleiter beim Kraichgauklub. Wenn Babbel abgelöst wird, wäre sein Nachfolger der fünfte Hoffenheimer Trainer in knapp zwei Jahren. Der junge Bundesliga-Klub, der so anders als die Arrivierten sein wollte, taumelt seit der Kündigung von Ralf Rangnick zu Silvester 2010 durch die Liga. Nach der Notlösung Marco Pezzaiuoli wurde das hoffnungsvolle Experiment mit Holger Stanislawski schon nach gut sieben Monaten beendet. Dann durfte Babbel ran.

Inzwischen ist 1899-Krisenbewältigung zum Dauerprogramm geworden. Ziemlich undurchsichtig ist die Lage, wer derzeit wie viel zu sagen hat im Klub. Formal entscheidet Sportmanager Müller ("Ich spüre die Verantwortung"), aber natürlich nicht gegen den Willen von Investor Dietmar Hopp. Der hat sich mit dem Bundesliga-Aufstieg Hoffenheims ein Denkmal gesetzt - und wird nervös, wenn es sportlich einzustürzen droht.

Babbel ist nach der jüngsten Misserfolgsserie und seiner Magerbilanz ein Trainer auf Abruf. Über Nachfolger wird kräftig spekuliert: Marco Kurz, der in Kaiserslautern aus wenig viel machte, gilt als möglicher Kandidat. Nach "Stanis" Aus im Februar soll Hoffenheims ehemaliger U 23-Trainer Markus Gisdol, derzeit Huub Stevens' Assistent bei Schalke 04, ein überzeugendes Konzept vorgelegt haben. Doch der im Profigeschäft bekanntere Babbel bekam den Vorzug.

Manager Müller sagt, es gebe bislang keine Kontakte zu anderen Trainern. Unklar ist, ob es bereits eine Liste fürs Kandidaten-Casting gibt - und mit wem die Trainerfindungskommission besetzt sein wird. So treffsicher in Personalfragen die Hoffenheimer zu Beginn ihres Bundesliga-Projekts waren, so kurzlebiger gerieten nach der Ära Rangnick die Dienstzeiten der Trainer und Manager. Jetzt heißt es schon wieder: Der Nächste, bitte. Das sollte zur Abwechslung mal wieder ein Volltreffer sein.

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