1899 Hoffenheim vor dem Topspiel

"Wir können die Bayern ärgern"

Trotz erheblicher Personalsorgen geht die TSG 1899 Hoffenheim couragiert ins Topspiel am frühen Samstagabend

07.09.2017 UPDATE: 08.09.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 25 Sekunden

"Angesäuert" beim Telekom Cup: Die Bayern Müller (l., hier gegen Hoogma) und Ribéry (r.u.) im Duell mit Vogt. Julian Nagelsmann (r.o.) will das Starensemble erneut reizen. Fotos: APF

Von Joachim Klaehn

Zuzenhausen. Wie gewohnt hatte Trainer Julian Nagelsmann auf jede Frage eine vernünftige Antwort. Ganz gleich, ob es um das bevorstehende Topspiel der TSG 1899 Hoffenheim am Samstag (18.30 Uhr/Sky) gegen den FC Bayern München ging oder eben auch um eher "nebensächliche" Themen wie Religion, Terrorismus, Bundestagswahlkampf, digitale Welt oder das bevorstehende Bundesliga-Debüt von Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus. Der Unterhaltungswert und Redebedarf war am gestrigen Donnerstag jedenfalls groß, letztendlich aber geht es darum, gegen den hohen Meisterschaftsfavoriten aus der Isar-Metropole vor ausverkauftem Haus die richtigen Antworten zu finden.

Die Ausgangssituation ist für Nagelsmann recht eindeutig: "Wenn die Bayern richtig auf die Tube drücken, wird es extrem schwer gegen sie etwas zu holen. Wenn sie nicht komplett auf der Höhe sind und wir erwischen einen Top-Tag, dann geht etwas." Damit erinnerte der TSG-Cheftrainer an die vergangene Saison, als "Hoffe" am 5. November 2016 ein glückliches 1:1 in der Allianz Arena und am 4. April im Rückspiel zu Hause ein 1:0-Erfolg gelang. Es sollte ein historischer Dreier sein, im 18. Aufeinandertreffen auf Erstliga-Ebene ließ sich der deutsche Branchenkrösus von den Hoffenheimer "Himmelsstürmern" erstmals düpieren. Aus diesem Grund machte Nagelsmann seiner Mannschaft, dem eigenen Trainerteam und den 1899-Fans Mut: "Wir können die Bayern ärgern. Das haben wir in der vergangenen Saison schon eineinhalb Mal geschafft. Wir sind in der Lage dazu, das wieder zu machen."

Die Vorzeichen für ein neuerliches Husarenstück sind unterdessen nicht gerade günstig, denn die "Nagelsmänner" plagen unmittelbar nach der jüngsten Länderspielpause Personalsorgen. Adam Szalai (Adduktoren), die Münchner Leihgabe Serge Gnabry (lädiertes Sprunggelenk aus dem Rückspiel gegen den FC Liverpool) und Stefan Posch (Bänderriss) fallen definitiv aus. Vor allem aber bereitet dem 30-Jährigen die Besetzung der Hoffenheimer Innenverteidigung gegen die Münchner Offensivwucht Kopfzerbrechen. Abwehrchef Kevin Vogt (Innenband im Knie), dessen kongenialer Nebenmann Benjamin Hübner (hinterer Oberschenkel) und Steven Zuber (Zerrung) hat es offenbar doch schlimmer erwischt, ihr Einsatz morgen Abend ist jedenfalls fraglich. Nagelsmann mit süßsaurer Miene: "Es sieht aktuell nicht so ganz rosig aus."

Der gebürtige Landsberger macht sich nichts vor: Das internationale Starensemble von Carlo Ancelotti wird bei der Rückkehr von Sebastian Rudy und Niklas Süle ins Sinsheimer Stadion alles in die Waagschale werfen. "Ein Überraschungsmoment wie in der letztjährigen Rückrunde werden wir nicht mehr auf unserer Seite haben. Sie werden es bestimmt anders angehen. Man hat beim Telekom Cup gesehen, dass sie angesäuert waren und uns zeigen wollten, wer die große Truppe ist", so Nagelsmann betont realistisch.

Wie dem auch sei: Die Vorfreude aufs 19. Kräftemessen mit dem ruhmreichen FCB in der zehnten Bundesliga-Zeit der Hoffenheimer ist rund um den Dorfklub gewaltig. Der zweite Höhepunkt nach dem Liverpool-Hit mitsamt Entert(r)ainer Jürgen Klopp lässt die Herzen der hiesigen Fußball-Gemeinde höher schlagen.

Einen unverändert maßgeblichen Anteil am öffentlichen Interesse hat "Aufsteiger" Nagelsmann selbst. Geschickt, eloquent und humorig erklärte er seinen kürzlichen Rückzug bei Facebook und Instagram: "Ich habe nur meine Konten gelöscht, aber nicht mich. Ich lebe noch - der Echte sitzt noch hier." Nagelsmann sprach darüber hinaus über seine Hoffnungen und Sorgen in einer enthemmten Welt. Das Thema Terrorismus lasse ihn "nicht immer ruhig schlafen. Ganz ehrlich: Wenn irgendwo ein Konzert stattfindet, überlege ich zwei, drei Mal, ob ich da hingehe." Lediglich in Sachen Bundestagswahl am 24. September blieb Nagelsmann gegenüber zahlreichen Medienvertretern defensiv: "Ich will mich nicht mit euch darüber austauschen, wie ich wählen werde."

Ein Trainer, das ist Lust und Last zugleich, muss fast jeden Tag "wählen" und Personalentscheidungen treffen, die Frequenz der Auftritte seiner "Spitzenkandidaten" hat angesichts der Dreifach-Belastung (Bundesliga, Europa League, DFB-Pokal) zugenommen. "Wir werden aber keine andere Philosophie auf den Acker bringen, nur weil wir jetzt öfter spielen", sagte er. Hoffenheim setzt also weiter auf bewährten, attraktiven Fußball. Ungewohnt ist nur, dass nach den Bayern bald der SC Braga kommt.

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