1899 Hoffenheim

Joelinton - der vergessene Brasilianer

Nach zwei Jahren in Wien hat sich "Hoffe"-Rückkehrer Joelinton überraschend ins Rampenlicht gespielt

19.08.2018 UPDATE: 20.08.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 58 Sekunden

Kniefall als Torjubel: Joelinton nach seinem zweiten Treffer im Kreise seiner Mitspieler. F.: Imago

Von Nikolas Beck

Kaiserslautern. Kevin Vogt hatte Schwierigkeiten, mit dem Zählen hinterherzukommen. "Wie viele hat er gemacht? Drei?!", grinste Hoffenheims Kapitän in die TV-Kamera und sprach halb in die Linse, halb zum besagten Mitspieler gedreht: "Da wird er bestimmt noch einen ausgeben in der Kabine, wenn er da gerade so steht."

"Er", damit war Joelinton gemeint. Der 22-jährige Brasilianer, der nach seinem Wechsel 2015 von Recife zur TSG schon beinahe in Vergessenheit geraten war. Gerade mal eine Bundesligaminute steht bis dato in Joelintons Vita. Mehr Spielzeit gab’s nicht in der Debütsaison. So war es wenig überraschend, dass der wuchtige Stürmer im Anschluss erst einmal verliehen wurde. Rapid Wien nahm Joelinton, im Kraichgau geplagt von Integrations- und Sprachproblemen, auf - und verdiente sich am frühen Samstagabend ein Sonderlob von Julian Nagelsmann. "Zu allererst muss man den Leihpartner loben, sie haben anscheinend relativ viel richtig gemacht", sagte der TSG-Trainer, als er den starken Auftritt seines "Neuzugangs" erklären sollte. Drei Tore und eine Vorlage steuerte der Mann mit dem blondierten Haupthaar zum 6:1-Kantersieg auf dem Betzenberg bei.

Vier Scorerpunkte also - und vier weitere Indizien dafür, dass es im zweiten Anlauf klappen könnte mit der Bundesligakarriere. In Abwesenheit von Kroatiens WM-Held Andrej Kramaric und in Anbetracht der Startschwierigkeiten von Ishak Belfodil scheint es jedenfalls fast sicher, dass Joelintons zweite Minute in Deutschlands Eliteliga bereits am Freitagabend um 20.30 Uhr anbrechen wird.

Klar mache er sich Hoffnungen auf einen Platz in der ersten Elf gegen Meister Bayern München, räumte der noch etwas schüchtern wirkende Angreifer nach seiner Gala ein. Doch zunächst einmal wolle er den Moment genießen, den Nachmittag im Rampenlicht. Die DFB-Bronzeplatte für den "Man of the match" und den Torjubel von Englands Nationalspieler Dele Alli (dessen Fingerakrobatik ist zum Internethit geworden) inklusive.

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"Ich bin sehr glücklich, denn ich habe auf diesen Moment lange gewartet. Von solch einem Spiel habe ich geträumt", strahlte Joelinton und vergaß nicht, sich bei seinen Mannschaftskameraden und dem Trainerteam für das Vertrauen zu bedanken. "Er hat in der Vorbereitung sofort einen sehr guten Eindruck gemacht, wusste gleich, was auch in der Defensive von ihm gefordert ist - da ist er sehr wissbegierig und lernfähig", schwärmte sein Trainer, "und dass er torgefährlich ist, hat er heute bewiesen."

Joelinton scheint das beste Beispiel dafür zu sein, dass auch ein talentierter Fußballer manchmal einen Schritt zurückgehen muss, um zwei nach vorne zu machen. Heute weiß der Torjäger jedenfalls, dass er mit damals 18 Jahren einfach noch nicht bereit war für die Bundesliga. "Ich bin aus Brasilien gekommen, wo ein anderer Fußball gespielt wird, eine andere Mentalität herrscht. Die zwei Jahre in Wien waren gut - ich bin ein besserer Spieler geworden."

Man müsse nicht viel Fantasie haben, um anhand der Testspielleistungen zu sehen, dass "da der Nächste kommt", hatte TSG-Manager Alexander Rosen kürzlich über Joelinton gesagt. Nun, nach dem Pokalspiel gegen den 1. FCK, haben das sicherlich auch die Bayern gesehen. Für die neuen Spieler sei es egal, ob sie gegen einen Drittligisten oder eine Erstligisten treffen, das gebe immer Selbstvertrauen, so Nagelsmann: "Nächste Woche darf er gerne wieder ein paar Tore schießen."

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