Chaotisch, archaisch, aber liebenswert!

Hoffenheims Pokalgegner Berliner AK dritte Kraft in der Hauptstadt 

18.08.2012 UPDATE: 18.08.2012 05:44 Uhr 2 Minuten, 19 Sekunden
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Hoffenheims Pokalgegner Berliner AK dritte Kraft in der Hauptstadt 

Bis zum Anpfiff waren es nur noch wenige Augenblicke, da trabte ein älterer Herr über die Tartanbahn des Berliner Poststadions. Er trug eine erdfarbene Hose, Hosenträger, eine beigefarbene Baskenmütze und sah damit aus wie ein vergnügter Rentner. Das änderte sich, als das Spiel begann. Auf einmal schimpfte der Mann, gestikulierte, haderte und forderte seinen Torwart auf, die gegnerischen Stürmer zu tunneln. Der Mann hieß Bahman Foroutan, hatte in den 80er-Jahren das Nationalteam des Irans betreut und trainierte inzwischen den Berliner Athletik Klub 07.

Die Szene liegt mittlerweile zwei Jahre zurück, sie ereignete sich im DFB-Pokalspiel der Berliner gegen Mainz 05. Heute (15.30 Uhr) tritt der Berliner Athletik Klub, kurz BAK, im DFB-Pokal wieder gegen einen Bundesligisten an. Wieder geht es gegen eine Mannschaft aus dem südwestdeutschen Raum, dieses Mal heißt der Gegner 1899 Hoffenheim.

Ansonsten hat sich aber einiges geändert bei den Berlinern. Foroutan ist nicht mehr Trainer und dass der eigene Torhüter den gegnerischen Angreifern den Ball durch die Beine schießen muss, ist auch keine Pflicht mehr. Die Episode mit Foroutan mag komisch erscheinen, aber sie steht symbolisch dafür, wie der Berliner Athletik Klub lange Zeit war: chaotisch, archaisch, aber liebenswert.

Der Verein wurde 1907 im Berliner Stadtteil Wedding, einer Arbeiterhochburg, gegründet, spielte lange Zeit aber keine sportliche Rolle in der Stadt. Erst in den 90er-Jahren gelang der Durchmarsch von der A- Klasse in die Oberliga. 2004 wurde der BAK durch die Fusion mit einem türkisch geprägten Klub multikultureller, heute beheimatet man Spieler verschiedener Nationalitäten. "Wir sind ein Verein für jedermann, genau in der Mitte Berlins gelegen", sagt Manager Erdogan Dogan.

Bisher wird die sportliche Entwicklung von den Berlinern aber kaum honoriert. Nur selten finden sich mehr als 200 Zuschauer im alten Poststadion ein, wo 1936 das Fußballturnier der olympischen Spiele ausgetragen wurde. Der mangelnde Zuschauerzuspruch ist mit ein Grund dafür, dass Geld beim BAK selten da war. Der Klub bewegte sich nach dem Aufstieg in die Oberliga immer am Rande des finanziellen Ruins. Deshalb ging man 2006 eine Kooperation mit dem türkischen Erstligisten Ankaraspor ein und ̈änderte seinen Vereinsnamen in Berlin Ankaraspor Kulübü 07. Die Sache geriet zum Desaster, nur zwei Jahre später zogen sich die Geldgeber aus der Türkei zurück. Fast alle Spieler gingen, die A-Jugend sprang ein und schaffte sensationell den Klassenerhalt in der Oberliga. Da war er wieder, der Chaosklub BAK.

Nur haben die Verantwortlichen dieses Mal gelernt. Unter der Führung des Bauunternehmers Mehmet Ali Han ist der BAK in den letzten zwei Jahren zur dritten Kraft im Berliner Fußball hinter Hertha BSC und dem 1. FC Union geworden. "Aber die Lücke ist noch gewaltig", sagt Manager Dogan. "Von diesen beiden sind wir noch weit entfernt." Er untertreibt nicht. Seit Jahren herrscht ein Vakuum, hinter den Zweitligisten Hertha und Union hat es kein Verein geschafft, sich dauerhaft als Nummer drei zu etablieren. Versucht haben es viele. Tennis Borussia etwa, vor zwölf Jahren noch Aufstiegsfavorit zur Bundesliga. Inzwischen sind die Charlottenburger bis in die Verbandsliga abgestürzt. Oder der BFC Dynamo. Über die Oberliga kommt der ehemalige Serienmeister der DDR nicht mehr hinaus.

Der BAK spielt dagegen im zweiten Jahr in der Regionalliga, der vierthöchsten deutschen Klasse. Dort strebt die Elf von Trainer Jens Härtel, einem ehemaligen Zweitliga-Spieler, wie im Vorjahr einen einstelligen Tabellenplatz an. Das Ziel ist ambitioniert, im Sommer verließen einige Leistungsträger den Verein und wechselten als Profis in die Türkei oder nach Aserbaidschan. Der BAK betrachtet sich inzwischen selbst als Ausbildungsverein, der sich über eine solide Jugendarbeit finanzieren will. Die 100 000 Euro Antrittsprämie im DFB-Pokal kann man gut gebrauchen, mit mehr rechnen die Verantwortlichen nicht unbedingt. "Wir sind realistisch, unsere Chancen gegen Hoffenheim liegen höchstens bei 30 Prozent", sagt Dogan

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