Kovalevskaja-Preisträgerin Karin Lind kommt ans Heidelberger Max-Planck-Institut für Astronomie

 Von Uppsala kommz die schwedische Astronomin Dr. Karin Lind über Garching und Cambridge nach Heidelberg - Im RNZ-Interview spricht sie über die Faszination der Astronomie und ihre Pläne in Heidelberg

19.11.2015 UPDATE: 21.11.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 7 Sekunden

Karin Lind.

Foto: Ausserhofer

Von Arndt Krödel

Moderne Technologien liefern der Astronomie immer neue und immer bessere Daten über unser Universum. Zugleich sind passende theoretische Modelle notwendig, um diese Beobachtungsdaten auszuwerten und zu entschlüsseln. Die schwedische Astronomin Dr. Karin Lind entwickelt solche Modelle. Für ihre Forschungen wurde sie jetzt in Berlin mit dem renommierten Sofja Kovalevskaja-Preis der Alexander-von-Humboldt-Stiftung ausgezeichnet. Lind wird Ende dieses Jahres an das Heidelberger Max-Planck-Institut für Astronomie wechseln und dort für fünf Jahre mit einer Arbeitsgruppe unter anderem Daten der europäischen Raumsonde Gaia auswerten.

Hintergrund

> Karin Lind wurde 1984 in Schweden geboren, wo sie von 2003 bis 2007 an der Universität Uppsala Physik und Astrophysik studierte. Für ihre Promotion wechselte sie an die International Max-Planck Research School on Astrophysics und die Europäische

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> Karin Lind wurde 1984 in Schweden geboren, wo sie von 2003 bis 2007 an der Universität Uppsala Physik und Astrophysik studierte. Für ihre Promotion wechselte sie an die International Max-Planck Research School on Astrophysics und die Europäische Südsternwarte in Garching bei München. Hier war sie ab 2010 als Postdoktorandin am Max-Planck-Institut für Astrophysik tätig, drei Jahre später ging sie für ein Jahr an das Institut für Astronomie in Cambridge. 2014 wurde Lind ein Marie Curie-Stipendium verliehen, mit dem sie wieder an der Universität Uppsala forschte.

> Der Sofja Kovalevskaja-Preis ist einer der höchst dotierten deutschen Wissenschaftspreise und wird von der Alexander-von-Humboldt-Stiftung an international umworbene Forschertalente vergeben, um sie bereits zu Beginn ihrer Karriere in Kooperationen mit Wissenschaftlern in Deutschland einzubinden. Mit dem Preisgeld können die Preisträger fünf Jahre an einem selbst gewählten Institut in Deutschland forschen und dafür eine Arbeitsgruppe aufbauen. Die Preissumme beträgt bis zu 1,65 Millionen Euro pro Preisträger und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert. ark

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Frau Lind, Sie haben schon als junges Mädchen Ihr Interesse an der Astronomie entdeckt. Was hat Sie denn daran so fasziniert?

Als Teenager stellt man sich oft existenzielle Fragen, man versucht, sich selbst zu finden. Für mich war das zum Beispiel die Frage, was es noch außerhalb unseres Planeten gibt. Ich habe mich bereits für die Naturwissenschaften interessiert, und verbunden damit war es ganz natürlich, mich für die Astronomie als eine der wichtigsten Sachen der Welt zu entscheiden.

Was hat Sie veranlasst, von der Universität Uppsala nach Heidelberg an das Max-Planck-Institut für Astronomie zu wechseln?

Die Möglichkeit hat sich mit der Auszeichnung durch die Humboldt-Stiftung ergeben. Es ist klar, dass die Forschungsförderung in Deutschland eine andere ist als in Schweden. Ich war erst vor eineinhalb Jahren nach Schweden zurückgekehrt und wollte eigentlich länger dort bleiben, weil ich in der Welt genug herumgekommen war. Aber ein exzellentes Angebot hätte ich natürlich nicht ausgeschlagen, und dieses Angebot war im Vergleich zu allem anderen wirklich exzellent.

Ihre Forschung konzentriert sich auf besonders "alte" Sterne. Was kann man sich darunter vorstellen?

Das sind Sterne, die fast so alt wie das Universum selbst sind, also beinahe 13 Milliarden Jahre. Was wir verstehen wollen, sind die Bedingungen, unter denen die allererste Generation der Sterne entstand. Gegenwärtig schauen wir auf die zweite Generation, sozusagen die Nachfahren. Wir glauben, dass gerade die erste Generation der Sterne sehr wichtig für die Transformation des Universums und der ersten Galaxie ist. Wir müssen verstehen, wie viele Sterne es waren und welche Masse sie hatten.

Sie haben ganz neue Perspektiven in Bezug auf das sogenannte "Lithium-Problem" ermöglicht, das die Astronomie seit Jahrzehnten beschäftigt. Worum geht es bei diesem Problem?

Es gibt Modelle, die vorhersagen, wieviel Lithium, also eines der leichtesten chemischen Elemente, während des Urknalls erzeugt wurde, das heißt nur Minuten, nachdem das Universum entstand. Wir wissen, dass etwas Lithium gebildet wurde, das haben verschiedene voneinander unabhängige Messungen ergeben. Wenn wir nun Sterne anschauen, die fast so alt wie das Universum sind, und die Übereinstimmung der Häufigkeit von leichten Lithiumatomen mit den Vorhersagen der Modelle untersuchen, sehen wir, dass es da keine Übereinstimmung gibt. Zusammen mit meinen Kollegen konnte ich neue stellare Modelle entwickeln und anhand dieser zeigen, dass die Häufigkeit tatsächlich doch den Vorhersagen entspricht. Es war einfach ein Messfehler.

Welche Schwerpunkte wird Ihre auf fünf Jahre angelegte Forschungstätigkeit in Heidelberg haben?

Die Schwerpunkte werden auf Beobachtungen sehr vieler Sterne liegen. Dies wird in Verbindung mit der Auswertung von Daten stehen, die vom Gaia-Satelliten kommen (Anm. der Red.: Die Raumsonde Gaia der Europäischen Weltraumorganisation kartographiert derzeit den Himmel und soll dabei rund eine Milliarde Sterne erfassen). Wir werden damit die Häufigkeit chemischer Elemente für Millionen von Sternen bestimmen können, um ein spezifisches Muster von der Milchstraße zu bekommen und deren Evolution nachzuverfolgen.