Eiskalte Fragen rund um den Schnee

Christian Satorius gibt die Antworten

06.01.2017 UPDATE: 07.01.2017 06:00 Uhr 4 Minuten

Von Christian Satorius

Mit dem Schnee kommen auch die eiskalten Fragen der Kinder, die so schwer zu beantworten sind. Welcher Erwachsene weiß schon, wie groß Schneeflocken werden können oder wie schnell so eine Flocke zu Boden rieselt? Hier sind die Antworten:

> Wieso sieht jede Schneeflocke anders aus? Eigentlich ist es ja kaum vorstellbar, aber in der Tat gibt es keine zwei Schneeflocken, die sich zu 100 Prozent gleichen. Der amerikanische Farmer Wilson A. Bentley fotografierte schon ab 1885 mit einem speziellen Verfahren Schnee unter dem Mikroskop und stellte schon damals fest, dass sich niemals zwei absolut identische Flocken finden lassen. Das hat durchaus seinen Grund.

Schneekristalle bilden sich, indem Wasserdampf an kleinen Kristallisationskeimen festfriert, etwa Staub- oder Rußpartikeln in der Luft. Auf die gleiche Art wachsen sie auch weiter - natürlich nur bei entsprechend kalten Temperaturen hoch oben in den Wolken. Je nach Temperatur nehmen diese Kristalle unterschiedliche Formen an, aufgrund des Aufbaus der Wassermoleküle liegen aber immer nur sechseckige Strukturen zugrunde. Bei minus 3 Grad bis minus 5 Grad Celsius etwa sehen sie eher aus wie kleine Eisnadeln, bei minus 5 Grad bis minus 8 Grad ähneln sie prismenartigen Säulen und bei minus 14 Grad bis minus 16 Grad ergeben sich schöne Schneesterne, je nach Temperatur sind auch verschiedene Plättchenformen möglich.

Irgendwann sind diese Kristalle so groß und schwer geworden, dass sie ihr Gewicht zu Boden fallen lässt. Auf dem Weg dorthin verhaken sie sich mit anderen Kristallen, schmelzen teilweise und frieren wieder von Neuem: Die eigentlichen Schneeflocken entstehen. Jede einzelne Schneeflocke hat also einen ganz einzigartigen Weg zurückgelegt, bevor sie am Boden ankommt. Sie hat verschieden warme Luftschichten durchdrungen, die sich teilweise nur um Bruchteile eines einzelnen Grades unterscheiden, und ist kräftig verwirbelt worden. Die Luftfeuchtigkeit in den einzelnen Schichten variiert dabei ebenso, wie auch die Kristallisationskeime verschieden sind, an denen die Flocken sich gebildet haben. All diese Einflussfaktoren in ihren geradezu unendlichen Kombinationsmöglichkeiten bestimmen nun das Aussehen jeder einzelnen Schneeflocke. Kein Wunder, dass sich keine zwei gleichen Gebilde finden lassen.

> Wie groß können Schneeflocken werden? Die Größe einer Schneeflocke hängt vor allem von der Temperatur ab. Die größten Flocken gibt es bei milden Temperaturen, je kälter es wird, desto feiner und kleiner wird das Weiß in der Regel. An den Polen ist es manchmal sogar zu kalt zum Schneien. Bei minus 20 Grad etwa fällt das Weiß schon nicht mehr in großen flauschigen Flocken zu Boden, sondern rieselt vielmehr als feiner Schnee- bzw. Eisstaub auf die Erde. Das liegt ganz einfach daran, dass zu wenig Wasserdampf in der Luft liegt, denn je kälter diese ist, desto weniger Wasser kann sie aufnehmen. Ohne Wasser aber auch kein Schnee, denn Schnee besteht ja nun einmal aus Wasser und Luft. Bei uns werden Schneeflocken aber normalerweise oft nur etwa 4 bis 5 Millimeter groß und haben ein Gewicht von ca. 0,004 Gramm. Sie können aber durchaus beachtliche Ausmaße annehmen.

Das Guinness-Buch der Weltrekorde kennt gar eine historische Flocke aus dem Jahr 1887 mit den Ausmaßen eines Milchtopfes - die allerdings hat außer dem Farmer Matt Coleman aus Montana niemand anderes zu Gesicht bekommen. Schneeflocken mit 10 Zentimeter Durchmesser hingegen wurden öfter schon mal gesichtet. Ja mehr noch: Sie können sogar am Boden noch weiter wachsen, dann nämlich, wenn sie ausreichend Feuchtigkeit aufnehmen können. In der Nähe von (nicht gefrorenen) Wasserfällen etwa kann die Luftfeuchtigkeit sehr hoch sein und somit auch die Chance auf richtig große Schneeflocken.

> Wie schnell fällt eine Schneeflocke zu Boden? Nun könnte man ja meinen, dass so eine Flocke immer schneller wird, je tiefer sie fällt. Das ist aber keineswegs so - zumindest dann nicht mehr, wenn sie auf dem Boden ankommt. Ähnlich wie ein Fallschirmspringer, der in mehreren Tausend Metern Höhe aus dem Flugzeug springt, fällt auch eine Schneeflocke zu Boden. Mit anderen Worten: Die Beschleunigung ist keineswegs unendlich, irgendwann ist Schluss - beim Fallschirmspringer übrigens auch dann, wenn sich sein Schirm nicht öffnen sollte.

Der Fallschirmspringer beschleunigt in der Tat die ersten Meter im freien Fall immer stärker. Nach ein paar Metern aber ist die Luftwiderstandskraft so groß geworden, dass es zu keiner weiteren Beschleunigung mehr kommt, da sie der Gewichtskraft, die den Springer nach unten zieht, ab einem bestimmten Punkt sehr effektiv entgegenwirkt. Je nach Gewicht des Fallschirmspringers kommt er etwa mit 160/170 km/h, maximal aber mit etwa 200 km/h am Boden an - sollte sich sein Schirm nicht öffnen. Dabei ist es egal, ob er aus 4.000 oder 7.000 Metern Höhe angerauscht kommt. Nun geht es hier ja aber nicht um Menschen, die zu Boden fallen. Ein großer kugelförmiger Regentropfen von 2?mm Durchmesser kann mit über 25 km/h auf der Erde aufschlagen. Eine Schneeflocke ist ja aber keine Kugel, sondern eher eine unaerodynamischere Scheibe, die zudem noch zu über 90 Prozent aus Luft besteht.

Mit anderen Worten: Eine Schneeflocke ist bei gleichem Durchmesser langsamer. Im Allgemeinen kommt eine durchschnittliche Schneeflocke so auch mit ca. 4 km/h am Boden an. Nun können Schneeflocken natürlich auf ihrem Weg zur Erde weiter wachsen. Aber auch das hat praktisch keine Auswirkungen auf die Fallgeschwindigkeit, da mit zunehmendem Gewicht der Flocke auch ihre Oberfläche quasi proportional wächst, also die Fläche, die der Luft Widerstand beim Fallen bietet.

> Warum ist es so leise, wenn es schneit? "Leise rieselt der Schnee", heißt es in dem Weihnachtslied und in der Tat ist alles so schön still und beschaulich, wenn es schneit. Psychologen führen das u.?a. darauf zurück, dass Schnee bei uns schöne Erinnerungen wachruft und wir uns quasi einlullen lassen von der flauschigen schönen Schneeatmosphäre und so die Welt um uns herum vergessen. Es gibt aber noch einen weiteren Effekt, der mit dem eben beschriebenen einhergeht: Der Schnee schluckt den Schall förmlich.

Eine einzelne Schneeflocke kann durchaus zu über 90 Prozent aus Luft bestehen, der Rest ist Wasser. Weitere Lufthohlräume werden eingeschlossen, wenn die Schneeflocken am Boden zu einer schönen weißen Schneelandschaft verwachsen, um nicht zu sagen: verschmelzen. All diese kleinen Hohlräume wirken nun wie ein Labyrinth, in denen sich die Schallwellen verlieren. Sie werden absorbiert und so nicht mehr an unser Ohr zurückgeworfen.

Mehr noch: Die Schallwellen lassen den Schnee dabei sogar ein kleines bisschen durch Reibung schmelzen. Diese Energieumwandlung setzt dem Schall mächtig zu. Besonders gut wird übrigens Schall mit einer Frequenz von 1000 Herz geschluckt. Eine nur wenige Zentimeter dicke Schneedecke reicht da schon aus, um kaum noch etwas von der ursprünglichen Lautstärke übrig zu lassen.