Weltuntergangsstimmung bei Waldhof: Nur Mutter Theresa könnte helfen

Wie schnell wird der SV Waldhof die große Enttäuschung überwinden? - Der Oberbürgermeister macht Mut

29.05.2016 UPDATE: 30.05.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 6 Sekunden

Geknickt: Hanno Balitsch, Torwart Levent Cetin, Gianluca Korte und Michael Fink. Foto: vaf

Von Wolfgang Brück

Mannheim. Jenny heulte wie ein Schlosshund. Die 29-jährige Kindergärtnerin "vun de Scheenau" war untröstlich über das Scheitern ihrer Waldhöfer, da konnte Freundin Moni noch so oft besänftigend übers Haar streichen. Auch Jannik Sommer und Sebastian Gärtner schämten sich ihrer Tränen nicht.

Es herrschte Weltuntergangsstimmung im Carl-Benz-Stadion. So wie vor 15 Jahren, als aus Hanno Baltischs Bubengesicht das blanke Entsetzen schaute. Der Waldhof hatte gerade Mainz 05 mit 4:0 besiegt, und wenn die Nürnberger nicht St. Pauli hätten gewinnen lassen, wäre der Aufstieg in die Bundesliga perfekt gewesen. Vielleicht wäre dann alles anders gekommen. Es gäbe möglicherweise kein Hoffenheim, weil Dietmar Hopp kein Vakuum hätte füllen müssen und Balitsch hätte nicht in die große, weite Welt ziehen müssen, um dort sein Glück zu machen.

Jetzt ist er wieder daheim - und sehr abgeklärt. "Ich bin enttäuscht", gab er zu Protokoll, "wenn man so nah dran war." Den Kopf frei müsse man nun bekommen. Bei der EM in Frankreich wird sich Balitsch an der Seite von Bela Rethy mit anderen todtraurigen Verlierern befassen.

In Lotte weiß man, wie sich das Scheitern in der Relegation anfühlt, denn vor drei Jahren war man selbst am Boden zerstört. Dem Kollegen Kenan Kocak könne er nicht helfen, fürchtet dennoch Sportfreunde-Trainer Ismail Atalan, "das könnte allenfalls Mutter Theresa." Er kennt das ungerechte Leben in der Regionalliga: "Du musst sagen, gebt in 34 Spielen Gast, doch am Ende können zweimal 90 Minuten alles kaputt machen."

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Es wird verdammt schwer, die Enttäuschung aus den Köpfen zu bringen. Man quält sich beim TSV Steinbach oder auf dem Nebenplatz des 1. FC Kaiserslautern und hat im Hinterkopf, wie dicht man dran war, in einem großen Stadion zu spielen, in Duisburg, Osnabrück oder Rostock. "Es gibt viele Beispiele von Vereinen, die in der Relegation gescheitert sind und sich schwer taten, wieder auf die Beine zu kommen". sagt der besonnene Michael Fink, "das sind Nackenschläge, die man nicht so schnell überwindet."

Es wird nicht leichter. Die beiden Stuttgarter Vereine wollen wieder hoch, dazu Trier, Elversberg, Saarbrücken, Kassel ... Alle wollen, müssen durchs Nadelöhr in die Dritte Liga.

Aber es gibt auch gute Gründe zum Optimismus. "Die letzten Wochen haben gezeigt, welchen Stellenwert der SV Waldhof hat", sagt Oberbürgermeister Peter Kurz, "in Mannheim gibt es ein großes Potenzial."

Das sehen Stefan Kleiber und Stephan Pfitzenmeier genau so. Der Vorstandsvorsitzende der "Mannheimer Runde" und der Geschäftsstellenleiter sagen: "Als wir kamen, lag der Verein am Boden, war praktisch pleite. Es ist enorm, was innerhalb eines Jahres entstanden ist." Die Zahl der Sponsoren stieg auf 140. Pfitzenmeier spricht von einem Zuwachs von 80 Prozent, Kleiber von zwei Millionen Euro Einnahmen.

Kocak sagt, dass er stolz auf die Mannschaft sei, Fink, dass man eine sensationelle Runde gespielt habe.

Der Etat von 1,5 Millionen Euro wird angehoben, ein Großteil der Mannschaft bleibt, mit Benedikt Koep kommt ein Torjäger, der am Samstag den Rheinlandpokal für Eintracht Trier mit vier Treffern beim 5:1 gegen Niederroßbach fast im Alleingang gewonnen hat.

In der Psychologie gibt es den Begriff der Resilienz. Er bezeichnet die Fähigkeit, mit Rückschlägen umzugehen. Manche meinen, dass am Ende nicht die begabtesten und fleißigsten den größten Erfolg haben, sondern die, deren Widerstandskraft am größten ist. Der SV Waldhof ist jetzt gefordert.

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