"Ich bin kein großer Freund von Rückschauen" - Hoffenheim-Trainer Nagelsmann im Interview

Der 28-Jährige erzählt über seine ersten Wochen als Cheftrainer der TSG Hoffenheim und den Rummel um seine Person

30.03.2016 UPDATE: 30.03.2016 14:40 Uhr 2 Minuten, 25 Sekunden

Julian Nagelsmann gut gelaunt: "Wenn die Mannschaft gewinnt, darf ein Trainer alles." Foto: AFP

Von Frank Enzenauer

Zuzenhausen. Mit 28 Jahren jüngster Trainer in der Bundesliga-Geschichte und neben der Ausbildung zum Fußballlehrer noch Abstiegskampf mit der TSG Hoffenheim - Julian Nagelsmann stand also plötzlich im grellen Scheinwerferlicht. "Mehr als hundert Interviewanfragen" seien eingetroffen, berichtete TSG-Mediendirektor Christian Frommert. Nun stellte sich Nagelsmann erstmals außerhalb des Spielbetriebs einer größeren Medienrunde. Eloquent, locker, selbstbewusst und schlagfertig bewältigte er das Frage-und-Antwortspiel im Schloss Seehälde am Trainingszentrum in Zuzenhausen.

Seit Nagelsmann am 11. Februar den Job von Huub Stevens (62) übernommen hat, erlebt die TSG Hoffenheim einen Aufschwung. 13 Punkte in sieben Spielen wurden seither geholt, der Sprung auf Relegationsplatz 16 geschafft. Am Sonntag (Anpfiff 17.30 Uhr) könnte "Hoffe" mit einem Sieg gegen den 1. FC Köln auf einen Nichtabstiegsrang klettern.

> Herr Nagelsmann, konnten Sie während der Osterfeiertage und Länderspielpause abschalten?

Ich habe versucht, Ruhe reinzukriegen, auch wenn die Gedanken um den kommenden Gegner Köln kreisten. Ich hab was mit der Familie unternommen, ein bisschen Sport gemacht, ich war im Footbonauten - danach war ich atemlos. Und ich bin keiner, der sich jedes Fußballspiel im Fernsehen anschauen muss.

> Also blieb Zeit, um auf die vergangenen turbulenten Wochen zurückzublicken

Ich bin kein großer Freund von Rückschauen. Ich blicke viel lieber nach vorne.

> Dennoch die Frage: Haben Sie den großen Rummel um Ihre Person so erwartet?

Ich war ja schon mal vor drei Jahren Co-Trainer in der Bundesliga und wusste daher ungefähr, was auf mich zukommt. Und mir war bewusst, dass es ein paar Wellen schlagen wird, weil ich der jüngste Bundesligatrainer bin.

> Stört Sie diese erhöhte Aufmerksamkeit?

Nein. Die Menschen, die mich angesprochen haben, waren alle sehr freundlich. Und ich kann immer noch in aller Ruhe beim Bäcker Brötchen holen.

> Was ist der Hauptunterschied in der Arbeit als Jugend- oder Profitrainer?

Außer dem Medieninteresse, mit dem ich klar komme: Bei den Profis ist die Menschenführung anspruchsvoller.

> Wie viele private Freiheiten gestatten Sie Ihren Spielern? Hätte einer wie der Wolfsburger Max Kruse eine Chance bei Ihnen?

Über Spieler anderer Mannschaften rede ich nicht. Ich bin aber kein Trainer, der seine Spieler kontrolliert. Ich appelliere an den Leistungsgedanken und erwarte natürlich, dass sie entsprechend leben.

> Darf ein Trainer ein Kumpel der Mannschaft sein?

Das ist sehr abhängig von der Mannschaft. Grundsätzlich ist es doch so: Wenn die Mannschaft gewinnt, darf ein Trainer alles (lacht).

> Gab’s eine Schlüsselmaßnahme für den Hoffenheimer Aufschwung?

Nein, viele Teilchen müssen im Puzzle passen. Ich hab von Beginn an versucht, Ideen und Inhalte zu vermitteln und damit zu arbeiten. Und mit Siegen kommt Freude in die Mannschaft zurück.

> Haben Sie schon ein perfektes Spiel Ihrer Mannschaft gesehen?

Perfektion gibt es nie, von diesem Gedanken muss man sich verabschieden. Fußball ist ein Fehlerspiel.

> Tobias Strobl wechselt nach Gladbach, Wechselgeschichten über Kevin Volland und Niklas Süle sind im Umlauf, weitere Personalspekulationen werden folgen. Belastet das Ihre Arbeit im Abstiegskampf?

Es ist doch völlig normal im Profifußball, dass Wechselgerüchte auftauchen. So was belastet mich nicht. Und auch bei den Spielern beobachte ich, dass sie hoch konzentriert bei der Sache sind.

> Fast die halbe Liga befindet sich im Abstiegskampf. Wie bewerten Sie das?

Sehr spannend ist das für die Fans - und leider auch für uns. Das einzig Richtige, was wir tun können, ist, auf uns zu achten und sich nicht mit der Konkurrenz zu beschäftigen. Ich bin jedenfalls zuversichtlich, dass wir die Liga halten.

> Und dann gehen Sie mit der Mannschaft feiern ...

Na klar, wenn mich die Spieler einladen (schmunzelt).

> Herr Nagelsmann, wenn Sie mit 82 der älteste Bundesligatrainer sein werden, wie sieht dann der Fußball aus?

(lacht) Das Spiel ist noch ein bisschen schneller - hoffentlich kann ich dann dem Tempo noch folgen. Jedenfalls wird’s noch mehr technische Hilfsmittel geben, ohne dass der Fußball seinen Reiz verliert.

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