Karriereplan: Hoffenheimer Trainer Nagelsmann will hoch hinaus

Der vom DFB ausgezeichnete Hoffenheimer Fußballlehrer Julian Nagelsmann hat einen klaren Karriereplan im Kopf: als Trainer ein europäisches Finale gewinnen

21.03.2017 UPDATE: 22.03.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 31 Sekunden

Glücklich bei der DFB-Ehrung: Hoffenheims Trainer Julian Nagelsmann und seine Lebensgefährtin Verena. Foto: Imago

Von Frank Hellmann

Neu-Isenburg. Es kam für Julian Nagelsmann und seine Gefolgschaft gar nicht infrage, den Ort der besonderen Auszeichnung vorzeitig zu verlassen. Und den Eindruck zu hinterlassen, irgendwie im Vorbeigehen den "Trainerpreis des deutschen Fußballs 2016" einzuheimsen. Als die Koryphäen Otto Rehhagel und Bernd Schröder, die nun beide für ihr Trainer-Lebenswerk bei Männern und Frauen ausgezeichnet sind, längst aufgestanden waren, um sich im Saal des Kempinski Hotel Gravenbruch in Neu-Isenburg (über Fußball?) zu unterhalten, saß der Cheftrainer der TSG Hoffenheim immer noch brav beim Essen mit seiner Lebensgefährtin Verena am Tisch.

Ihr hatte der 29-Jährige zuvor vor laufender Kamera ausgiebig gedankt; wenn er nämlich mal an einem freien Sonntag das gemeinsame Kind bespaßen und betreuen würde, "dann falle ich abends müde ins Bett - dann weiß ich immer, was meine Lebensgefährtin jeden Tag leistet und wie sie mir den Rücken freihält." Mit ihr hat sich der jüngste hauptamtliche Cheftrainer der Bundesliga-Geschichte, der binnen 13 Monaten aus einem Abstiegskandidaten in einen Champions-League-Kandidaten verwandelt hat, später in eine hintere Sitzecke am Barbereich zurückgezogen, während die meist älteren Absolventen des 63. Fußballlehrerlehrgangs an den Stehtischen auf ihre überdimensionalen Urkunden anstießen.

Der aus Landsberg am Lech stammende Nagelsmann braucht den Rummel und die Schulterklopfer nicht. "Ich lese so gut wie nichts über mich", hatte er auf der Bühne verraten, und wer in das Innenleben der TSG Hoffenheim hineinhorcht, der bekommt tatsächlich das Bild vermittelt, dass dieser Trainer den Spagat hinbekommt: Einerseits klar im Kopf zu sein, um sich gegen die unvermeidlichen äußeren medialen Einflüsse dieser Branche fast immun zu machen; andererseits so viel Einfühlungsvermögen aufzubringen, um die mittlerweile großen Stäbe an Mitarbeitern der unterschiedlichsten Abteilungen mitzunehmen. Nagelsmann verknüpft auf seine eigene Art viel Sympathie mit Empathie. Interessant, was Weggefährten in den Videobotschaften bei der Trainergala verrieten. TSG-Sportchef Alexander Rosen erzählte von der immensen Lautstärke, die dieser meist gut gelaunte Chefcoach in den Gängen verbreite. Nationalspieler Niklas Süle von dem Faktor Gerechtigkeit ("nimmt alle Spieler mit ins Boot"), um die Akzeptanz der Akteure zu behalten. Und Mäzen Dietmar Hopp schrieb seinem Trainer, der den Status des Talents schon abgestreift hat wie ein lästiges Etikett, eine besondere Gewinnermentalität zu.

Recht offen erzählte der Begründer dieses Bundesligisten auch, dass er sich eine lebenslängliche Bindung des Hochbegabten wünschen würde, er aber auch wisse: "Ich kann mir vorstellen, dass er eines Tages ein großer Trainer eines großen Vereins wird." Nur wann kommt dieser Tag? Nagelsmann verdreht bei dieser Frage längst nicht mehr die Augen - zu oft ist sie dem Erfolgsmensch schon gestellt worden. Er lächelt dann routiniert und sagt den Satz auf, den Spieler aufsagen, die noch vertraglich gebunden sind. Doch daraus abzuleiten, sein bis 2019 laufendes Arbeitspapier sei nichts wert, ist falsch. Allenthalben wird erwartet, dass in diesem Sommer nichts passiert, und Nagelsmann kein Anwärter - etwa für Bayer Leverkusen - wird. Denn würde er sich verbessern? Die Werkself spielt vermutlich nicht mal international, die TSG vermutlich sehr wohl. "Ich bin mir sehr sicher, dass Julian noch ein bisschen in Hoffenheim bleibt. Und das rate ich ihm auch", sagt DFB-Chefausbilder Frank Wormuth.

Auch interessant
: Vorbild Nagelsmann: Badener Dugandzic bester Trainer-Absolvent
: DFB-Trainerpreis geht nach Hoffenheim: Da war selbst Nagelsmann fast sprachlos
: Nagelsmann erhält Trainerpreis des deutschen Fußballs 2016
Auszeichnung: Nagelsmann erhält "Trainerpreis des deutschen Fußballs 2016"

Was aber 2018 passiert, kann niemand seriös vorhersagen. Dann läuft beispielsweise der Vertrag bei Thomas Tuchel bei Borussia Dortmund hat, und dass Nagelsmann, der unter Tuchel in Jugendzeiten als Scout arbeitete, mit seiner Vorliebe für junge, entwicklungsfähige Spieler gut zu den Westfalen passen würde, ist unbestritten. Zumal er vielleicht sogar die höhere Sozialkompetenz besitzt.

Seine Zielsetzung, die hat der Senkrechtstarter aus der deutschen Trainergilde klar formuliert: "Ich habe mit der U19 ein Meisterschaftsfinale gewonnen, das war ein ganz außergewöhnlicher Moment. Es reizt mich, so etwas wieder zu erleben. Ich will ein europäisches Finale gewinnen. Europa League oder Champions League. Und dafür ist es kein Ziel, ins Ausland zu gehen." Dafür taugt vielleicht der BVB. Und natürlich vor allem der FC Bayern. Irgendwann. In nicht ganz so ferner Zukunft.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.