Für Hoffenheim rückt der mögliche historische Schritt nach Europa immer näher

Zwischen Märchen und Realität: Der Countdown für die erste Teilnahme an der Königsklasse oder Europa League läuft.

13.03.2017 UPDATE: 14.03.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 20 Sekunden

Wechselspiele? An Freiburgs Vincenzo Grifo ist "Hoffe" dran. Foto: Imago

Von Joachim Klaehn

Freiburg. Der Countdown läuft - noch sind es exakt zehn Spiele. Es scheint sich nur - pointiert ausgedrückt - um die Frage zu drehen: Spielt die TSG 1899 Hoffenheim in der nächsten Spielzeit erstmalig in der Königsklasse oder Europa League? "Hoffe" gehöre zu den "besten vier Mannschaften der Liga", sagte Freiburgs Trainer Christian Streich nach dem 1:1 (0:0) im badischen Duell. Es klang nicht nach Komplimentehascherei. Nein, Streich formulierte dies sachlich und unaufgeregt. Der Dorfklub aus dem Kraichgau wird heuer sportlich respektiert, und nicht mehr belächelt wie oftmals in seiner ersten Bundesliga-Dekade.

Sportclub-Torhüter Alexander Schwolow, der mehrfach Schlimmeres gegen die Nagelsmann-Schützlinge verhindert hatte, kam in der Mixed Zone des Schwarzwald-Stadions froh gelaunt auf die Journalisten zu. "Ich persönlich freue mich über den Punkt", so Schwolows Einordnung, "Hoffenheim ist körperlich unfassbar stark." Der 24-jährige Blondschopf meinte damit die lange Garde der Gäste. Niklas Süle misst 1,95 Meter, Kevin Vogt und Sandro Wagner sind gerade mal ein und Benjamin Hübner zwei Zentimeter kleiner. Für die Kontrahenten wirkt dies zuweilen wie eine unüberwindbare Wand, zumal die genannten Vier auch athletisch und schnell sind.

Kevin Vogt wird am Samstag (15.30 Uhr/Sky) im Heimspiel gegen Bayer Leverkusen fehlen. Fast immer löst der TSG-Quarterback Defensivprobleme läuferisch - und eben nicht per Grätsche. Das Foul an Florian Niederlechner ("Auf einmal war der Raum da") ließ Schiedsrichter Wolfgang Stark keine andere Wahl als auf den Elfmeterpunkt zu deuten. "Sehr ärgerlich. Ich dreh mich, er macht den Schritt nach innen, ich komme den Schritt zu spät, Elfmeter, Punkt", resümierte Vogt im Stakkato-Ton. Es sei bitter, auf diese Art den "dummen Strafstoß" und die fünfte Gelbe Karte zu bekommen. "Es tut mir leid für die Mannschaft", entschuldigte sich Vogt prompt. Julian Nagelsmann nahm unterdessen seinen Abwehrchef in Schutz. "Wir haben das insgesamt nicht gut verteidigt", so Nagelsmann über eine Fehlerkette.

Abwehrkollege Niklas Süle macht sich wegen des Ausfalls von Positionskollege Vogt gegen die Werkself aus Leverkusen keinen Kopf. "Wir können rotieren und werden das gegen Bayer auffangen. Wir kriegen das schon hin", verwies Süle auf die Tiefe des Kaders. In Freiburg fehlten mit Mark Uth, Pavel Kaderabek, Lukas Rupp und Fabian Schär vier Langzeitverletzte. In der Tat bemerkenswert, wie Hoffenheim bislang personelle Schwächungen kompensiert - ein weiteres Qualitätsmerkmal einer ausgewogenen Kaderstruktur. "Das mit Kevin nehmen wir so an", sagte TSG-Manager Alexander Rosen, "ich habe da keine Bauchschmerzen. Der Nächste, bitte!" Die selbstbewusste Aussage bezog sich aufs eigene Ensemble sowie auf die wankelmütigen Leverkusener unter ihrem neuen Dirigenten Tayfun Korkut.

Derweil gehen die Bauarbeiten Richtung Zukunft weiter. Die Anzeichen eines Comebacks von Vincenzo Grifo im TSG-Trikot verdichten sich. Der 23-jährige Instinktfußballer, Techniker und Standardspezialist ist unter Streich beim Sportclub zu einer Spielerpersönlichkeit gereift. Dass es im Breisgau auch mal ohne Grifo geht, stellt einerseits ein Gütesiegel des aktuellen und oft unterschätzten Freiburger Kollektivs dar, andererseits könnte es eine Probe fürs Streich-Orchester gewesen sein. "Hoffe" hat eine Rückkaufoption - eine Verpflichtung von Grifo neben Florian Grillitsch (Werder Bremen) würde durchaus Sinn ergeben. Die Gespräche und Verhandlungen mit Nadiem Amiri (Vertrag bis 2018) über eine Verlängerung sind freilich ins Stocken geraten. Der branchenübliche Vertragspoker mit dem Berater ist in vollem Gang. Amiris Traum, "irgendwann die Champions-League-Hymne zu hören", könnte bald in Erfüllung gehen. Süle und Rudy bei den Bayern, Amiri weiterhin bei "Hoffe" auf dem gleichen internationalen Spielfeld?

Der Countdown läuft ab sofort bis zum 34. Spieltag am 20. Mai. Der Unterschied zwischen Märchen und Realität ist lediglich eine kleine, feine Nuance.

Hoffenheims letzte zehn Spiele 2016/17: Leverkusen (H), Hertha (A), München (H), Hamburg (A), Mönchengladbach (H), Köln (A), Frankfurt (H), Dortmund (A), Bremen (A), Augsburg (H).

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