Dietmar Hopp: "Wie wenn Microsoft Bill Gates loswerden möchte"

Hoffenheims Mäzen will die Finanzschraube zwar zurückdrehen, denkt aber als künftiger Mehrheitseigner nicht ans Aufhören

13.02.2015 UPDATE: 14.02.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 24 Sekunden

Herzensangelegenheit Hoffenheim: Dietmar Hopp erklärte gestern in Sinsheim den Journalisten sein Engagement bei der TSG. Foto: APF

Von Joachim Klaehn

Sinsheim. Die öffentlichen Auftritte von Dietmar Hopp, 74, sind selten geworden. Anders diese Woche: Am Montagabend legte der Mäzen den Mitgliedern des Hoffenheimer Muttervereins die Gründe dar, warum er ab 1. Juli 96-prozentiger Eigentümer der TSG-Spielbetriebs GmbH sein will. Gestern folgte dann Teil zwei. Der Hauptgesellschafter erläuterte 53 Medienvertretern aus nah und fern in einer rund halbstündigen Powerpoint-Präsentation, wie sein Engagement künftig aussehen soll. Erneut wurde deutlich, "Hoffe" ist eine Herzenssache für ihn. Und der "einzige Dorfklub in der Bundesliga" (Geschäftsführer Peter Rettig) braucht sich keinerlei Sorgen zu machen, dass sich an den engen Banden etwas ändert. Ob der Klub ihn als Mehrheitseigner theoretisch denn noch loswerden könne, wurde Hopp kess gefragt. "Ja, gut", reagierte der Milliardär aus Walldorf schlagfertig, "das ist nicht ganz einfach. So schwierig, wie wenn Microsoft Bill Gates loswerden möchte."

Im Presseraum durfte auch mal geschmunzelt werden - trotz der nüchternen Angelegenheit, die sich dahinter verbirgt. Selbst wenn die Unterstützung der Hoppschen Familie aus irgendwelchen Gründen jemals aufhören sollte, würden die Anteile nicht an einen Fremdinvestor gehen, sondern an den Verein zurückfallen. Eine Weiterveräußerung an Dritte schloss Dietmar Hopp kategorisch aus, diesbezüglich gäbe es klare Auflagen.

Hopp betonte zudem, in naher Zukunft seine Investitionen zu limitieren. "Ich gehe davon aus, dass wir ab 2016/17 ein ausgeglichenes Ergebnis erzielen werden", sagte der Unternehmer, "dann sind wir im Rennen. Wir werden darauf angewiesen sein, Transferüberschüsse zu erzielen. Wir müssen intelligent einkaufen." Oder verkaufen: Laut transfermarkt.de liegt der aktuelle Marktwert von Roberto Firmino bei 25 Millionen und der von Kevin Volland bei 20 Millionen Euro. "Irgendwann werden Transfers zwangsläufig ein Thema sein", hatte Manager Alexander Rosen schon im Herbst signalisiert, "Roberto und Kevin sind die stille Reserve der TSG." Die sportliche Leitung um Rosen und Trainer Markus Gisdol hat es in den letzten 22 Monaten hinbekommen, die aberwitzige Kadergröße von einst 47 Profis (!) erheblich zu reduzieren und so klug zu agieren, dass kein einziger Vertrag der 26 TSG-Akteure im Sommer 2015 ausläuft. Eine bemerkenswerte Leistung.

Seit der Regionalliga-Saison 2006/2007 hat Hopp Verluste von insgesamt 129 Millionen Euro ausgeglichen. Hopp fordert nun ein maßvolles Wirtschaften, und sieht sich dem Financial Fairplay der Uefa gegenüber verpflichtet, wenngleich sich bislang nur Champions- und Europa-League-Vertreter den Richtlinien unterwerfen müssen, "Hoffe" also gar nicht davon betroffen ist. Den Uefa-Finanzkontrolleuren zufolge sollen Klubs 2020 nur noch ein Minus in Höhe von fünf Millionen Euro machen, ansonsten drohen drakonische Strafen. Hopps Empfehlung für das deutsche Oberhaus: "Es wäre konsequent und gut, wenn das Financial Fairplay als Bestandteil der Lizenzierung in der Bundesliga gelten würde." Tief in seine Privatschatulle will "Mister Hoffenheim" partout nicht mehr greifen. Eine Vorgehensweise wie 2012/13, als elf Millionen Euro für Wintertransfers angesichts akuter Abstiegsnöte nachgeschoben wurden, hält er inzwischen für unangemessen: "Das ginge nicht mehr. Dann müssen wir halt absteigen und wieder aufsteigen."

Europa ade? Die weitere Etablierung des Bundesliga-Fußballs in der Region hat jedenfalls klare Priorität vor finanziellen Klimmzügen und Höchstanstrengungen, zumal Hopp vom strikten Durchgreifen des Uefa-Präsidenten Michel Platini überzeugt ist. Siehe die Fallbeispiele Paris St. Germain und Manchester City, die für ihr Finanz-Jonglieren sanktioniert wurden.

Wann er sich bei "Hoffe" zur Ruhe setzen wolle, wurde Hopp im Stadionbauch ebenfalls gefragt. "Ich mache es solange, wie es mit Anstand geht. Ich würde es gerne noch mit 85 machen. Glauben Sie mir, ich habe ein Gefühl dafür", sagte Hopp und legte eine kurze Denkpause ein, "aber noch geht’s." Seinem Sohn Daniel, 34, will Hopp ein bestelltes Feld überlassen. Die Gesellschafterrolle werde er übernehmen, sich aber nicht operativ ins Fußballgeschäft einmischen, sagte Hopp junior diese Woche.

Ein zweites "Märchen" wie das von Hopp und "Hoffe" erscheint bei rigoroser Einhaltung der Uefa-Regularien sowieso unmöglich. Und für Scheichs aus dem Orient gäbe es auch andere Spielzeuge als einen modernen Fußballklub.

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