Die Lust, den Ball zu streicheln: Hoffenheim beeindruckt beim 4:0 gegen Köln

Die TSG schiebt sich nach dem Sieg auf den vierten Tabellenplatz vor und scheint reif zu sein für Europa.

04.12.2016 UPDATE: 05.12.2016 06:00 Uhr 1 Minute, 54 Sekunden

"Wir gewinnen nicht nur Spiele, wir spielen auch schönen Fußball": Sandro Wagner köpft das 3:0 - der siebte Saisontreffer des Hoffenheimer Mittelstürmers. Foto: APF

Von Frank Enzenauer

Sinsheim. O du Fröhliche! Bestimmt harmonisch und heiter wird heute Abend die Mitgliederversammlung der TSG Hoffenheim verlaufen. Präsident Peter Hofmann, Klubpatron Dietmar Hopp und Geschäftsführer Peter Görlich bräuchten in der Mehrzweckhalle der Carl-Orff-Schule in Sinsheim nicht mal großartige Reden halten, um die blau-weiße Gemeinde in Hochstimmung zu bringen. Es würde schon reichen, die aktuelle Bundesliga-Tabelle im XXL-Format auf die Wand zu projizieren und Zahlen sprechen zu lassen. Das Tabellenbild ein Augenschmaus: Auf dem vierten Platz ist Hoffenheim zu sehen, noch immer ungeschlagen nach 13 Spielen.

Hintergrund

Baumann: Durfte sich am Aufbauspiel beteiligen - dennoch unterbeschäftigt.

Süle: Nach Anfangsfehlpass souverän und mit klarer Körpersprache.

Vogt: Ließ Torjäger Modeste nicht zur Entfaltung kommen.

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Baumann: Durfte sich am Aufbauspiel beteiligen - dennoch unterbeschäftigt.

Süle: Nach Anfangsfehlpass souverän und mit klarer Körpersprache.

Vogt: Ließ Torjäger Modeste nicht zur Entfaltung kommen. Stark.

Hübner: Grätschend gut und mit den meisten Ballkontakten.

Kaderabek: Startete mehrere Sololäufe. Eine Belebung.

Polanski: Leitete mit zwei Patzern Kölner Konter ein. Der Kapitän musste nach einer Stunde raus.

Rudy: Zog die Handschuhe aus - und trotzte engagiert der Kälte.

Toljan: Erzielte cool das 2:0 und legte zum 4:0 vor. Was will man mehr?

Kramaric: Bis zu seiner Auswechslung umtriebig und spielfreudig.

Amiri: Bereitete mit einem Zuckerpass den zweiten Treffer vor und war Ankurbler im Mittelfeld.

Wagner: Schoss und köpfte seine Saisontore sechs und sieben und war Publikumseinpeitscher. Raus mit Applaus.

Uth: Der Joker stach. Sein Freistoß führte zum 3:0, das 4:0 besorgte er selbst.

Atik: Traute sich bei seiner Bundesliga-Premiere viel zu.

Ochs: Kam neun Minuten vor Schluss für Wagner und verstärkte die "Fraktion" der Eigengewächse. enze

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"Eigentlich Wahnsinn!", hatte am Samstag Sportdirektor Alexander Rosen unmittelbar nach den 4:0 (2:0)-Feierlichkeiten gegen den 1. FC Köln freudig erregt gesagt. "Eigentlich Wahnsinn, dass nur noch drei Teams in den europäischen Top-Ligen ohne Niederlage sind: Leipzig, Real Madrid - und wir!" Rosen grinste und grinste und grinste. Der Höhenflug könne unmöglich Zufall sein, "jetzt ist es schon eine 13-Tage-Fliege", frohlockte er. Und ließ sich im Überschwang der Gefühle zu einem Scherz hinreißen: "Champions League? Europa League? Beides gleichzeitig!"

Eben ein Gute-Laune-Spiel erlebten rund 30 000 Zuschauer in der Sinsheimer Arena. "Wir gewinnen nicht nur Spiele, wir spielen auch schönen Fußball", stellte Mittelstürmer Sandro Wagner fest, nachdem er wegen seiner beiden Treffer (ein Abstauber in der 8., ein Kopfball in der 67. Minute), seinen Saisontoren sechs und sieben, von den Hoffe-Fans lauthals bejubelt worden war. Freilich, künstlerisch besonders wertvoll waren die Tore zum 2:0 (39.) und 4:0 (89.) - als Jeremy Toljan, nach einem Zungenschnalzerpass von Nadiem Amiri, lässig Köln-Keeper Kessler überlistete, und als Mark Uth nach schnellstmöglicher Kombination von Patrick Ochs, Niklas Süle, Amiri und Toljan final vollstreckte. "Überragend herausgespielt", sagte dazu Sportdirektor Rosen, "das i-Tüpfelchen."

"Ich glaube, dass unsere Art zu spielen, den Spielern Freude macht", erklärte Trainer Julian Nagelsmann die Lust, den Ball zu streicheln und ihn wie einen guten Freund zu behandeln. Die Hoffenheimer waren eindeutig aktiver, obendrein aufmerksam und gestatteten den allerdings arg geschwächten Kölnern - fünf Leistungsträger fehlten, zudem musste Marcel Risse bereits nach 24 Minuten schwer verletzt aufgeben - lediglich zwei Chancen. Risse (13.) und Marcel Hartel (30.) verfehlten knapp das Ziel. "Das Ergebnis ist zu hoch ausgefallen", sagte Julian Nagelsmann, offenkundig bemüht, nicht grenzenlos euphorisch zu wirken.

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Zeichen werden gesetzt bei der TSG 2016. Der Trainer lebt Wagemut vor. Verblüffte Beobachter, als er nach einer Stunde Spielzeit, beim Stand von 2:0, in Mark Uth und Bundesliga-Frischling Baris Atik zwei weitere Stürmer auf die Spielwiese schickte, dann kurz vor Schluss noch Ochs angreifen ließ und Verteidiger Süle den forschen Vorwärtsgang erlaubte. "Man kann eine Führung auch offensiv verteidigen", begründete Nagelsmann.

"Das war unsere reifste Leistung", meinte Niklas Süle. Internationale Reife ist nun denkbar. Auch die Statistik spricht für Hoffenheim: In der Bundesliga-Geschichte belegte zum Saisonende bislang immer eine Mannschaft einen Rang unter den ersten Vier, wenn sie nach 13 Spieltagen unbesiegt war. Doch ernsthaft will sich kein Offizieller bei der TSG mit Europa beschäftigen, noch nicht. "Die Fans dürfen singen und träumen - wir arbeiten", sagte Alexander Rosen. Höchst vergnügt klang er.

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