DFB-Trainerpreis geht nach Hoffenheim: Da war selbst Nagelsmann fast sprachlos

TSG-Coach Julian Nagelsmann mit "Trainerpreis des deutschen Fußballs" ausgezeichnet - "Will jeden Spieler besser machen"

20.03.2017 UPDATE: 21.03.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 19 Sekunden

"Hat eine große Trainerkarriere vor sich": Julian Nagelsmann. Foto: APF

Von Roland Karle

Sinsheim/Gravenbruch. Julian Nagelsmann kennt kein Tempolimit. Mit 28 Jahren wurde er jüngster Bundesliga-Trainer und 13 Monate nach Dienstantritt hat er aus dem Abstiegskandidaten TSG Hoffenheim einen Champions League-Anwärter gemacht. Am Montag gewann der Senkrechtstarter seinen ersten Titel als Profi-Coach: Der DFB zeichnete Nagelsmann mit dem "Trainerpreis des deutschen Fußballs 2016" aus.

Beim Festakt zum Abschluss des 63. Fußball-Lehrer-Lehrgangs in Gravenbruch wurde der gebürtige Landsberger geehrt und steht nun in einer Reihe mit den bisherigen Preisträgern Horst Hrubesch, Thomas Tuchel, Hermann Gerland, Christian Streich, Norbert Elgert, Maren Meinert und Markus Kauczinski. Die zum achten Mal vergebene Auszeichnung würdigt vor allem herausragende Trainerleistungen in der Nachwuchsarbeit.

"Es ging schnell, aber das passt ja zu ihm", sagte DFB-Sportdirektor Horst Hrubesch über den frisch Dekorierten. Nagelsmann selbst zeigte sich überrascht: "Dass mir als Rookie eine solche Ehre zuteil wird, macht mich fast sprachlos. Und das bin ich selten." Es gebe so viele Kollegen, die seit Jahren auf höchstem Niveau einen grandiosen Job machen. "Die hätten eine solche Wertschätzung mindestens ebenso verdient."

Hrubesch lobte Nagelsmann besonders für seine Kompetenz und seine Art der Menschenführung. Dadurch habe er die Spieler für sich gewonnen. "Julian hat der TSG seine Handschrift verpasst, die Resultate sprechen für sich und für ihn." Nagelsmann habe "eine große Trainerkarriere vor sich". Seine Laufbahn als Fußballer hingegen endete früh. Nach ersten Jugendjahren beim FC Augsburg absolvierte Nagelsmann für 1860 München von 2004 bis 2006 31 Spiele in der U 19-Bundesliga. Er gehörte dem Kader des FC Augsburg II an, als er mit 20 ohne ein einziges Pflichtspiel bei den Erwachsenen wegen eines Meniskus- und Knorpelschadens aufhören musste.

Dem Fußball hat sich Nagelsmann fortan auf andere Weise gewidmet. Er hat ihn studiert, verschlungen und durchdrungen. Wenn er heute Spiele analysiert, tut er das schnell, präzise, erkenntnisgewinnend wie kaum ein anderer. Nagelsmann ist ein Fußballgelehrter, der die gedankliche Schärfe eines Professors mit der Leichtigkeit des geübten Praktikers verbindet. Und das, obwohl er noch keine zehn Jahre als Trainer arbeitet. Angefangen hat er beim FC Augsburg, wo ihn Thomas Tuchel, seinerzeit Chef der 2. Mannschaft, förderte und inspirierte. "Er hat viel zu meiner Berufswahl beigetragen", so Nagelsmann.

Von den Münchner Löwen kam er 2010 nach Hoffenheim. Ernst Tanner, damals Nachwuchskoordinator und später Geschäftsführer der TSG Hoffenheim, kannte das Trainertalent aus seiner Zeit bei 1860 - und musste im Kraichgau erst mal kräftig argumentieren, warum er diesen jungen Unbekannten holt und ihn anderen Jugendtrainern vorzieht. Dessen Können zeigte sich schnell. 2014 wurde er mit Hoffenheim deutscher Meister der A-Junioren, im Jahr darauf Vizemeister.

Als Nagelsmann im Februar 2016 das Bundesliga-Team von Huub Stevens übernahm, hatte "Hoffe" gerade daheim 0:2 gegen Darmstadt verloren, war Vorletzter und lag sieben Punkte hinter dem Nichtabstiegsplatz 15. Die Rettung gelang, aktuell grüßt die TSG von Platz 4 - und unterscheidet sich von anderen Überraschungsteams dieser Saison durch sehr stabile Leistungen.

Sie sammelte in der Hinrunde durchschnittlich 1,82 Punkte pro Begegnung (Platz 3), in den bisher acht folgenden Spielen liegt der Mittelwert bei 1,75 (Rückrunden-Platz 4). Zum Vergleich: Vize-Wintermeister RB Leipzig ist in der Rückrundentabelle nur Dreizehnter; Eintracht Frankfurt lag in der Hinserie nur zwei Zähler hinter "Hoffe", sammelte seither jedoch die zweitwenigsten Punkte aller Bundesligisten. Umgekehrt gehörten der Hamburger SV, mit 14 Punkten in der Rückrunde so erfolgreich wie die TSG, Borussia Mönchengladbach (15) und Werder Bremen (13) in der ersten Saisonhälfte zu den schwächsten Mannschaften der Liga.

Nagelsmann hat seinem Team vorwärtsorientierten Fußball beigebracht, ohne es in eine Schablone zu pressen. Seine Kicker sind darauf getrimmt, dass sie während eines Spiels, mitunter sogar mehrmals, Formation und taktische Marschroute verändern können. Die Grenzen sind noch nicht ausgelotet. "Ich habe die Fantasie", sagt der Fußball-Lehrer, "dass jeder meiner Spieler noch besser werden kann".

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