Bei 1899 Hoffenheim heißt es: Achtung, Rotlicht!

Hoffenheim wartet nach dem 0:1 auf Schalke weiter auf die Trendwende - Manager Rosen: "Leichte Veränderungen im Kader"

20.12.2015 UPDATE: 21.12.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 40 Sekunden

Aufsteiger im TSG-Trikot: Nadiem Amiri, hier gegen Benedikt Höwedes. Foto: APF

Von Joachim Klaehn

Gelsenkirchen. Huub Stevens zu Gast bei Freunden - am Freitagabend waren sie fast alle gekommen, um den Schalker "Jahrhunderttrainer" (drei Pokale) wiederzusehen. Im gläsernen VIP-Raum der Veltins-Arena tummelten sich Helden aus der Vergangenheit, neben Vereinschef Clemens Tönnies entdeckte man etwa Rudi Assauer, Bernhard Dietz, Dieter Schatzschneider oder Olaf Thon. Zu gerne hätte Stevens an alter Wirkungsstätte etwas mitgenommen. Doch seine Hoffenheimer, deren Geschicke er bis zum Mai 2016 als Übergangstrainer lenken soll, unterlagen mit 0:1 (0:1) beim ausgepumpt wirkenden FC Schalke 04. Ein unnötiges Null-Punkte-Spiel war’s für den Kraichgauklub, mit dem leidigen Nebeneffekt, dass "Hoffe" erstmals in der jungen Bundesliga-Historie seit dem Aufstieg 2008 die bedrohliche "Rote Laterne" in der Winterpause trägt.

"Wenn du hier etwas mitnimmst", sagte Stevens mit sauertöpfischer Miene, "dann kannst du sagen: Wir haben einen großen Schritt gemacht. Ich bin nicht zufrieden, weil wir verloren haben." Und als in der Pressekonferenz nachgebohrt wurde, was ihm angesichts von 13 Punkten Hoffnung gebe, die Kellerregionen baldmöglichst wieder zu verlassen, antwortete der 62-jährige Niederländer mit einer Gegenfrage: "Wie viele Spieltage haben wir noch?" Kunstpause. "Noch 17", returnierte der Fragesteller zielsicher. "Es gibt noch viele Spiele und Punkte zu gewinnen. Die Tabelle nach 34 Spieltagen ist wichtig", so Stevens.

Tiefer blicken ließ da schon der Ausklang im kleineren Journalistenkreis, ob er denn nach zwei erfolgreichen Rettungsmissionen beim VfB Stuttgart die neue Aufgabe des Ligaverbleibs mit der TSG 1899 als leicht, mittel oder schwer einordnen würde. Stevens klar und deutlich: "Es wird immer schwieriger, weil jeder erwartet, dass ich das mit der Mannschaft schaffe." Stevens weiß, wie delikat die Situation ist. 2012/13 hatte man zwar ein Pünktchen weniger auf dem Konto, doch damals stand die Truppe immerhin vor Greuther Fürth und dem FC Augsburg auf dem Relegationsplatz.

Nach einem mittelprächtigen Flutlichtspiel vor 60 749 Augenzeugen und dem kuriosen Tor des Abends von Eric Maxim Choupo-Moting (28.) per Hacke-Fuß-Sohle-Schienbein-Wade blickten zumindest die Hoffenheimer Spieler optimistisch in die weitere Zukunft. Tobias Strobl: "Ich fand, wir haben ein gutes Spiel gemacht. Wenn wir weiter so kämpfen, dann werden wir mit dem Abstieg nichts zu tun haben." Oliver Baumann: "Wir haben überragend nach vorne gespielt und waren in der zweiten Hälfte die bessere Mannschaft. Schalke hat aus einer halben Chance ein Tor gemacht. Es ist wahnsinnig ärgerlich, mit leeren Händen nach Hause zu fahren." Kapitän Sebastian Rudy: "Ich denke, wir haben ein gutes Spiel gemacht und müssen an diese Leistung anknüpfen, um im neuen Jahr unten rauszukommen."

Ist alles nur eine Frage der subjektiven Wahrnehmung? Beide Teams operierten vor stimmungsvoller Kulisse (das Steigerlied des Bergmannschores sorgte für Gänsehaut-Atmosphäre) eher bieder. Einsatzfreudig war "Hoffe", defensiv meist ziemlich gut organisiert, aber vorne mangelte es nicht zum ersten Mal an Durchsetzungsvermögen, wilder Entschlossenheit und jenem "Killerinstinkt", den man im Klassenkampf braucht. "Es wäre mehr drin gewesen", schlussfolgerte Manager Alexander Rosen, "das Gegentor der Schalker passt irgendwie zur Vorrunde. Und im Angriff waren wir nicht abschlussstark genug."

Am Samstag versammelte sich das TSG-Team letztmals zu Regenerationsmaßnahmen. Danach wurden die Profis in den kurzen Weihnachtsurlaub geschickt. Sie bekamen von Stevens und Co. Laufpläne in die Hand gedrückt, die jeder ab dem ersten Weihnachtsfeiertag umzusetzen hat. Am 4. Januar wird Trainingsstart sein, vom 7. bis 14. Januar soll im Trainingslager in Südafrika weiter am Feinschliff gearbeitet werden.

"Leichte Veränderungen im Kader wird es geben", deutete Rosen an. Ein effektiver Stürmer und ein Kreativspieler fürs Mittelfeld würden weiterhelfen. Doch einen verspäteten Firmino-Ersatz in der zweiten Transferperiode zu finden, gleicht einem Kunststück. Nach RNZ-Informationen hegt Adam Szalai Wechselambitionen, auch im Falle von Sebastian Rudy hält sich hartnäckig das Gerücht, dass er ernsthaft über einen Tapetenwechsel nachdenkt.

Hoffenheim im Dezember 2015 - fröhliche Weihnachten sehen anders aus. "Hoffe" ist Schlusslicht in der Tabelle, dies mit einem Ensemble, das mehr versprochen hatte und seine Qualitäten eben bislang zu selten zeigt. "Man kann von einer Dynamik des Negativlaufs und von in der Schlussphase verlorenen Punkten sprechen", fasst Rosen die Hauptursachen für den tiefen Fall nach der Hinserie zusammen. Schafft Stevens die Wende zum Guten? Hoffnungsfunken glimmen, siehe Aufsteiger Nadiem Amiri. Außerdem wird sich TSG-Gesellschafter Dietmar Hopp angesichts der prekären Lage großzügig erweisen.

Nur zu gerne hätte sich der ewige Königsblaue Stevens als "schlechter" Gast bei alten Freunden erwiesen. Kumpel Huub blieb der Punkteklau verwehrt.

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