1899 Hoffenheim: Glück ist das Unvermögen der anderen

Die TSG 1899 Hoffenheim zeigt beim 2:0 gegen Mainz 05 ihre zwei Gesichter - Segensreicher Kabinengang und taktische Umstellung

01.03.2015 UPDATE: 02.03.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 26 Sekunden

Die zwei Torschützen: Volland gratuliert Polanski. Foto: dpa

Die TSG 1899 Hoffenheim zeigt beim 2:0 gegen Mainz 05 ihre zwei Gesichter - Segensreicher Kabinengang und taktische Umstellung

Von Joachim Klaehn

Sinsheim. Glück ist, wenn das Unvermögen die anderen trifft. Bundesligist TSG 1899 Hoffenheim bezwang am Samstag im sechsten Anlauf seinen "Angstgegner" FSV Mainz 05 erstmals in der heimischen Rhein-Neckar-Arena, kassierte erstmals in der Rückrunde keinen Gegentreffer und erwies sich diesmal in den Schlüsselszenen - ganz im Gegensatz zu den Rheinhessen - als Meister der Effizienz. "Müssen wir denn immer gut spielen, um drei Punkte zu kriegen?", stellte Sejad Salihovic einem Medienpulk in der Mixed Zone nach dem 2:0 (0:0) eine rhetorische Frage und suchte recht flott das Weite. Verständlicherweise, denn "Sali" gehörte neben Sturmspitze Adam Szalai zu den Hoffenheimer "Verlierern" einer zweikampfbetonten Auseinandersetzung, bei der das Ergebnis deutlich über dem Erlebnis stand.

"Ich war froh, dass wir mit einem 0:0 in die Pause gegangen sind", räumte TSG-Trainer Markus Gisdol hernach ein. Und der neue Mainzer Amtskollege Martin Schmidt trauerte den vier vergebenen, hochkarätigen Möglichkeiten seiner fleißigen "Mainzelmännchen" nach: "Wir hätten in Führung gehen müssen, dann hätten wir den Tag einfacher für uns gestalten können." Eine andere Einschätzung als die der beiden Fußballlehrer konnte man tatsächlich nicht haben. Auch die Hoffenheimer Profis wussten, dass sie 55 Minuten lang einen rechten Stiefel zusammengekickt hatten. Im gesamten ersten Abschnitt wirkten die Hausherren fahrig, uninspiriert und fehlerhaft, lediglich der Kopfball von Kevin Volland (12. Minute) und der Distanzschuss von Salihovic (27.), die Nullfünf-Torhüter Loris Karius jeweils reflexstark meisterte, bildeten die rühmliche Ausnahme.

Die kompakten Mainzer verzeichneten ein klares Chancenplus, mussten sich freilich vorwerfen lassen, großzügig und grob fahrlässig mit ihren Top-Chancen von Shinji Okazaki (16.), Yunus Malli (23., 37.) und vor allem von der Schalker Leihgabe Christian Clemens (32., 47.) umgegangen zu sein. "Es hätte heute auch in die Hose gehen können", sagte Volland über die Dramaturgie der Ereignisse nachdenklich.

Manchmal ist der Kabinengang zur Halbzeit ein Segen für ein verkrampftes Kollektiv, das sich Pfiffe von einem Teil der offiziell 24 310 Besucher gefallen lassen musste. Gisdol hatte offenbar im Stadionbauch die passenden Worte gefunden. "Markus hat den Druck rausgenommen", berichtete Manager Alexander Rosen als Beobachter, "und den Spielern gesagt: Hey, wir erleben gerade die zweitbeste Saison der Vereinsgeschichte. Jetzt geht raus, habt Spaß und spielt einfach mal!" Die Hinweise nach mehr Locker- und Leichtigkeit fruchteten, ebenso wie die taktische Umstellung auf drei Sechser. Pirmin Schwegler, Eugen Polanski und Geburtstagskind Sebastian Rudy im Zentrum schafften es im Verbund, für mehr Zugriff und mehr Passsicherheit zu sorgen.

Zum Türöffner des neunten Saisonsieges wurde eine Ping-Pong-Aktion am Mittelkreis. Szalai überließ Roberto Firmino den Ball, der Brasilianer bediente glänzend seinen Offensivpartner Volland, so dass dieser zum 1:0 (55.) ins kurze Eck einschieben konnte. Nach diesem perfekten Konter war "Hoffe" zurück in der Spur, überzeugte spielerisch und fußballerisch, zumal mit der Hereinnahme von Joker Sven Schipplock spürbar mehr Dynamik und Variabilität hinzukam. Verdienter Lohn das 2:0: Volland legte für Kapitän Andreas Beck auf, dessen Flanke von Pierre Bengtsson leicht abgefälscht wurde, aber eben maßgerecht beim am zweiten Pfosten heranrauschenden Polanski landete, der mit Wucht (76.) alles klar machte. "Ich musste nur noch meinen Kopf hinhalten", sagte der Ex-Mainzer Polanski lächelnd, "ich glaube, das war mein erstes Kopfballtor."

Auf alle Fälle haben sich die Hoffenheimer nach drei Niederlagen zum Rückrundenstart wieder gefangen und stabilisiert, was dem Team hinsichtlich des DFB-Pokal-Achtelfinals am Dienstagabend (19 Uhr) beim akut abstiegsgefährdeten Zweitligisten VfR Aalen sowie des Verfolger-Duells am Samstag (15.30 Uhr) beim reviergeschädigten FC Schalke 04 neuen Schwung und eine gesunde Portion Selbstbewusstsein geben sollte. Ermin Bicakcic dachte derweil ausschließlich an den Pokalwettbewerb und empfahl vor dem Trip auf die Ostalb eine pragmatische Herangehensweise: "Rasenplatz - zwei Tore - passt!"

In der Mixed Zone fand Mainz-Präsident Harald Strutz nach der ersten Niederlage in Sinsheim seit der Saison 2009/10 ein treffendes Schlusswort: "Für uns ist das heute ärgerlich. Das was wir an Pech hatten, hatten die an Glück."

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.