Eine stimmungsvolle Kulisse

Winter auf der dänischen Insel Bornholm

23.01.2015 UPDATE: 24.01.2015 06:00 Uhr 3 Minuten, 1 Sekunde

Der Winter verleiht dem Muleby Strand auf Bornholm eine ganz eigene Schönheit. Foto: Udo Haafke

Von Udo Haafke

Die dänische Ostseeinsel Bornholm zählt gemeinhin nicht zu den klassischen Wintersportdestinationen, so erntet ein jeder mitleidige Blicke, der auf weiße Pracht spekuliert und eifrige Pläne für Ski-Langlauf in den Wäldern um Åkirkeby schmiedet.

Die erste Anlaufpunkt nach Verlassen der Fähre ist das Fremdenverkehrsbüro von Rønne. Im Velkomst-Center, unweit Perrongen, der zum Restaurant umgebauten ehemaligen Bahnstation, gibt es den Schlüssel zum Ferienhaus sowie weitere nützliche Informationen und ein mitleidvolles Lächeln als Reaktion auf die mittlerweile schon zögerliche Schneefrage. Der Weg zum Ferienhaus nach Dueodde verhilft zu ersten Eindrücken typischer Bornholmer Landschaft unter klarem Winterhimmel bei leichten Minustemperaturen. Bunt bemalte Höfe ragen festungsartig aus den weitläufigen Feldern heraus, einige Windmühlen grüßen herüber, ebenso kleine Dorfkirchen mit Treppengiebel.

Dueodde steht für das touristische Highlight der Insel: weißer Sand feinster Prägung, der heute noch für Eieruhren Verwendung findet, eine einzigartige Dünenlandschaft, glasklares Wasser - mithin Strand bester Qualität. Inmitten großer Kiefernplantagen wurden Ferienhauskolonien angelegt, mit genügend Abstand zum Nachbarn und ausreichend Freiraum. Strand und Ferienhäuser liegen nun einsam und verlassen. Ein älteres Ehepaar mit Hund spaziert längs der Brandung, ein Eisfilm hat sich auf dem Strandgut gebildet, ebenso eisig pfeift der Wind um die Nase und gibt Anlass zur Vorfreude auf wohlig knisterndes Kaminfeuer und einen ausgiebigen Saunagang. Aus einigen, wenigen Kaminen steigen kräuselnde Rauchwölkchen auf.

Mauern im Karree schützen die Häfen an der Südküste vor Brandung und Verlandung. In Boderne dümpeln neben den kleinen Fischerbooten zentimeterdicke Eisschollen, deren erhabene Kanten im Licht der tief stehenden Sonne an Zuckerguss erinnern. Unter dem Holzsteg, der hinaus zum vorgelagerten Hafen von Arnager führt, hängen lange Eiszapfen, die immer wieder von den heran rollenden Wellen touchiert werden ohne jedoch abzubrechen. Im Gegenteil - sie nehmen noch an Länge zu.

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Svaneke, das idyllische Dorf im Osten, hat unter dem permanenten Ostwind besonders zu leiden. Dicht gedrängt kuscheln sich die Fachwerkhäuser aneinander, um sich gegenseitig schützende Wärme zu spenden. Lediglich die Kaimauern bieten ihre volle Breitseite. Nicht selten überspült sie die unbarmherzige Brandung, tückische dünne Eisschichten hinterlassend, die langsam, aber stetig anwachsen und einen Spaziergang im Hafen zur Schlitterpartie werden lassen. Am gerade anlegenden Fischkutter hängen Eiszapfen in Windrichtung an der Reling, die Scheiben der Kajüte sind beschlagen. Eine ganze Reihe von Kisten frischen Ostseelachses werden von Bord gebracht; Einfrieren scheint angesichts der Umgebungstemperaturen vollkommen überflüssig. Die flachen Sonnenstrahlen vermögen kaum Wärme zu geben.

"Manchmal haben wir etwas Schnee, manchmal sogar so viel, dass er ein kleineres Chaos auslösen kann, aber normalerweise werden wir von weißer Pracht verschont," erklärt die freundliche Angestellte von der Touristeninformation in Allinge. "Auch die Wetterberichte verkünden für die nächsten Tage nichts Derartiges." Solchermaßen motiviert wird Hammershus, die größte Burgruine Nordeuropas, besucht, um die Abenddämmerung zu erleben. Sie bildet eine stimmungsvolle Kulisse: lange Schatten zwischen den Mauerresten und Türmen und rötliches Licht auf den Steinen erzeugen eine eigentümliche Atmosphäre. Die Kamel- und Löwenköpfe, Felsformationen an den Klippen unterhalb der Burg, schauen fast trotzig auf die untergehende Sonne.

Und dann: Glücksgefühl und Ärger gleichermaßen - am nächsten Morgen liegt tatsächlich Schnee! Zwar nur ein wenig und sehr fein, aber immerhin präsentiert sich die Landschaft dünn überzuckert. Dunkelgraue, tief hängende Wolken versprechen weitere Schneefälle, die sich auch bald einstellen. Jetzt treten Schnee und weißer Sand in Konkurrenz. Welch ein ungleiches Spiel! Die Dünen erscheinen noch viel weißer als sonst. Wind bläst heftig über die verschneiten Felder, sorgt für eine ständige Umverteilung der Schneemengen, vornehmlich in geschütztere Winkel und Ecken.

Die Dächer der Höfe verlieren jedoch schon bald ihre weißen Hauben, den Rundkirchen ergeht es ähnlich, nur im Windschatten hält sich etwas mehr Weiß. Wenig befahrene Straßen geraten unvermittelt zur Eisbahn, sofern sich nicht schon Schneewehen aufgebaut haben. Doch der Räumdienst funktioniert schnell und gut. Immer wieder packt der Wind Schneeflächen, wirbelt sie hoch umher, um sie dann wieder fallen zu lassen. Autofahren wird zum Blindflug. Frischgefallener Schnee verwandelt das Ferienhaus in eine verträumte, malerische Märchenlandschaft. Bornholm im Schnee: eine neue Erfahrung, auch für diejenigen, die die Insel nur zur Sommerzeit besuchen.

Loipen wären eigentlich auch vorhanden, denn das gut ausgebaute und ausgeschilderte Radwegenetz bietet vorzügliche Möglichkeiten, nicht nur im ausgedehnten Waldgebiet von Almindingen. Seit 2007 gibt es auf der Insel den Verein der Freunde des Wintersports, der sich - ausreichende Schneemengen vorausgesetzt - um das Spuren der Langlaufstrecken kümmert. Dies speziell um Østerlars herum. Dort befinden sich auch die einzigen Skilifte Bornholms (gefördert von der EU), die Skilauf auf einer 250 Meter langen Piste bei einem Höhenunterschied von 38 Metern ermöglichen.