Die hübsche Tochter der Primel: Aurikel gehört in den Bauerngarten

Viele Exemplare sehen aus, als wären sie in Wachs getaucht und mit Mehl bestäubt worden.

02.02.2017 UPDATE: 02.02.2017 13:42 Uhr 2 Minuten, 45 Sekunden

Die Aurikeln stehen den üblichen Primelgewächsen in Sachen schöne Blüten in nichts nach. Die Sorte 'Starflower' trägt etwa lila außen und innen weiß.Foto: dpa

Heidesee (dpa)  Der Frühling naht - und weckt die Vorfreude auf bunte Farben im Garten. Einer der Vorboten ist die Primel, die man in vielen Beet- und Topfpflanzungen sieht. Hinter der Berühmtheit übersehen Hobbygärtner aber oft, dass die große Familie der Primelgewächse auch einige Besonderheiten zu bieten hat. Zum Beispiel die Aurikel. "Aurikeln sehen aus wie Primeln, die man einmal in Wachs getaucht hat", beschreibt Ina Gebhardt, Aurikelsammlerin und -züchterin aus Heidesee (Brandenburg). Und sie wachsen im Vergleich zu den gewöhnlichen Primeln kompakter.

Die Aurikel bildet keine reine Art, sondern eine sogenannte Naturhybride mit dem botanischen Namen Primula x pubescens. Diese Kreuzung kam natürlich und ohne Zutun eines Züchters zustande. "Sie ist aus der Alpenprimel (Primula auricula) und der Behaarten Primel (Primula hirsuta) entstanden", erklärt Gebhardt. Erstmals entdeckt wurde die Naturhybride bereits Ende des 16. Jahrhunderts in den Innsbrucker Alpen.

Und sie zeichnet eine Besonderheit aus: Die Blütenfarben der Nachkommen mischen sich bunt. Das hat das Interesse der Züchter ebenso wie der Sammler in Frankreich, England, den Niederlanden und Deutschland schnell geweckt.
Der Name Aurikel muss heutzutage aber genauer definiert werden: Da sind zum einen die robusten Garten-Aurikeln und zum anderen die Schau-Aurikeln, die als Sammelobjekte gelten.

"Die Garten-Aurikeln sind gezüchtete Sorten, die besonders wüchsig sind", erläutert die Staudengärtnerin Katharina Kaltenbach aus Neuenburg (Baden-Württemberg). Das Spektrum ihrer Blütenfarbe reicht von Gelb über Violett und Rosa bis zu Burgunderrot. Diese etwas altmodisch wirkenden Pflanzen waren Standard im Bauerngarten. Sie bilden gerade an Beeträndern, wo sie nicht überwachsen werden, prächtige Teppiche aus festen Blattrosetten. "Sie sollten alle zwei bis drei Jahre geteilt werden", rät Kaltenbach. Das erhält die Vitalität der Pflanzen.

Die Schau-Aurikeln sollten perfekt geformte Blüten haben, deren Blätter eine ebenmäßige Scheibe bilden. Aber manche Exemplare haben noch mehr Reizvolles: Da wären Blüten in reinem Schwarz, die man in dieser Form sonst nur sehr selten findet. Des Weiteren tragen manche Sorten grüne Blütenblätter. "Dabei handelt es sich um Mutationen, bei denen sich Blattsubstanz in den Blüten manifestiert hat", erläutert Aurikelzüchterin Gebhardt.

Ungewöhnlich ist außerdem ein weißer Belag auf den Blüten und häufig auch auf den Blättern, der wie Mehlstaub aussieht. "Dieser Belag wird unter Kennern auch Farina genannt" - das lateinische Wort für Mehl, sagt Gebhardt. Farina bildet sich aus kleinen Wachshärchen und dient der Pflanze als Schutz vor Verdunstung. Durch Überlagerung mit dem Schwarz in der Blüte sehen diese dann auch mal grau aus.

Der Belag macht Schau-Aurikeln empfindlicher als die normalen Formen. "Zur Blütezeit muss man die Pflanzen unter ein Dach stellen, damit keine Wassertropfen auf die Blütenblätter kommen", erklärt Aurikelzüchterin Kaltenbach. Sonst entstehen Wasserflecken.

Deswegen entstand einst auch das sogenannte Aurikeltheater - ein Pflanzregal in Form einer breiten Treppe mit Dach, auf dessen Stufen die Töpfe mit Aurikeln stehen. "Im 18. und 19. Jahrhundert war diese Präsentation üblich", sagt Gebhardt. Häufig ist der Hintergrund der Bühne schwarz, damit die Blüten als farbiger Kontrast besonders gut zur Geltung kommen. Und so ist der Schutz vor Regen gewährleistet.

Das A und O ist eine lockere Erde. "Wenn nicht genug Luft an die Wurzeln kommt, besteht die Gefahr für Wurzelfäulnis", erklärt Gebhardt. Das kann für die Pflanze tödlich sein. Sie rät auch zu einer maßvollen Nährstoffversorgung. "Die Pflanzen wachsen zu schnell, wenn sie viel Dünger bekommen - was sie angreifbar macht." Auch beim Gießen sind die Pflanzen genügsam. Der Hobbygärtner gibt am besten erst dann Wasser, wenn die Erde abgetrocknet ist.

Im Winter brauchen die Schau-Aurikeln etwas Schutz, wobei es nach Angabe von Kaltenbach hier vor allem darum geht, Nässe zu vermeiden. Ein ungeheizter Folientunnel, ein Frühbeetkasten mit Vliesabdeckung oder ein kleines Gewächshaus sind mögliche Überwinterungsplätze. "Man kann die Töpfe auch ins dunkle Gartenhaus stellen", sagt die Staudengärtnerin. Die Pflanzen alpinen Ursprungs sind in der Natur unter dem Schnee schließlich auch der Dunkelheit ausgesetzt.

Aurikeln sollten einmal im Jahr einen größeren Topf bekommen, damit die Wurzeln gesund wachsen können. Dabei kann man sie auch vermehren, indem man die neben der Rosette neu gebildeten Ableger abnimmt und einzeln eintopft. "So erhält man sortenreine Nachkommen", erläutert Gebhardt. Ihr Tipp: "Wer sammelt, sollte immer zwei bis drei Exemplare für den Fall haben, dass mal eine Pflanze eingeht."