Max-Planck-Institut Tübingen

Die Affenversuche sind beendet

Das Max-Planck-Institut in Tübingen setzt keine Primaten mehr ein. Tierschützer werten dies jedoch nur als ersten Erfolg: Die Tests gehen mit Ratten weiter.

19.04.2017 UPDATE: 20.04.2017 06:00 Uhr 1 Minute, 59 Sekunden

Am Max-Planck-Institut wurden zum Beispiel Rhesus-Affen Implantate am Kopf eingesetzt, um mit Elektroden die Aktivität des Gehirns zu untersuchen. Archiv-Foto: dpa

Von Nicolas Lewe

Tübingen/Heidelberg. Friedrich Mülln, Vorsitzender des Vereins "Soko Tierschutz", macht keinen Hehl aus seiner aktuellen Gemütslage. "Für uns ist das heute ein großer Tag." Nach zweieinhalb Jahren hatte die "größte Anti-Tierversuchs-Kampagne in Deutschland in den letzten 30 Jahren" Erfolg: Das Max-Planck-Institut (MPI) für biologische Kybernetik in Tübingen hat seine Versuche an Affen nach anhaltender Kritik eingestellt. "Wir bestätigen, dass die Affenversuche endgültig beendet sind und wir keine Affen mehr haben", teilte eine Sprecherin des Instituts am Mittwoch mit.

Laut einer früheren Mitteilung sollten die einst elf Versuchstiere zum Teil in andere Labors im europäischen Ausland gebracht werden. Andere würden eingeschläfert und untersucht. Abteilungsdirektor Nikos Logothetis hatte schon vor zwei Jahren angekündigt, nach Abschluss der laufenden Experimente nur noch mit Ratten forschen zu wollen.

Im Jahr 2014 hatte "Soko Tierschutz" ein Mitglied für eine sechsmonatige Undercover-Recherche als Pfleger am MPI eingeschleust, um die Affenversuche und die Haltung der Versuchstiere zu filmen und öffentlich zu machen. Die Folge war eine weit über die Grenzen Tübingens hinaus reichende Welle der Empörung. Selbst aus Polen und Großbritannien hätten sich Tierschützer dem Protest angeschlossen, so Mülln.

In dem Tübinger Labor, das zu den drei größten Primatenversuchseinrichtungen der Republik zählt, wurden die Hirne lebender Affen mit Hilfe durch die Schädeldecke eingepflanzter Elektroden untersucht. Die Experimente sollen dazu dienen, auch das menschliche Gehirn und Krankheiten wie Demenz oder Schizophrenie besser zu verstehen.

Die Versuche waren laut "Soko Tierschutz" von schweren Zwischenfällen, Chaos, Verletzungen, Zwang und Gewalt gegenüber den Affen geprägt. "Der rigorose Wasserentzug wurde rechtswidrig genutzt, um die Tiere gefügig zu machen", so der Verein. Zahlreiche Anzeigen, eine Hausdurchsuchung und andauernde Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen das Labor folgten.

"Wir haben als kleiner Verein mit nur zehn Mitarbeitern zahlreiche Tierschutzorganisationen und Tausende Leute auf den Weg gebracht", erklärt Mülln. Wichtig sei es ihm, dass der Protest stets sachlich vorgetragen wurde. Die Kampagne gelte bei Behörden als Beispiel für friedlichen rechtmäßigen Widerstand. Und das, so Mülln, "obwohl viele Emotionen im Spiel waren." Umgekehrt spricht der Verein von "massiven Anfeindungen, Beleidigungen und schmutzigen Tricks durch die einflussreiche Tierversuchslobby". 2014 wurde eine Mitarbeiterin des benachbarten MPI für Entwicklungsbiologie zu einer Geldstrafe verurteilt, weil sie einen angeblichen Überfall durch Tierschützer vorgetäuscht hatte.

Das Aus der Affenversuche wertet Mülln als "historischen Erfolg" - aber auch nur als Etappensieg. "Das Thema ist sehr komplex und man darf nicht vergessen, dass am Max-Planck-Institut weiterhin Tierversuche an Nagetieren gemacht werden." Sein Verein fordere ein Ende aller Tierversuche und eine Förderung "echter vernünftiger Forschung für den Menschen".

Ähnlich äußert sich auch die Tierschutzorganisation Peta mit Hauptsitz in Stuttgart. "Wir freuen uns sehr, dass die furchtbaren Affenversuche am Max-Planck-Institut endlich beendet sind", erklärt Nils Müller, Junior-Fachreferent gegen Tierversuche. Jedoch seien keinerlei Informationen veröffentlicht worden, wo sich die überlebenden Primaten nun befinden. "Wir fordern, dass die Tiere den Rest ihres Lebens in einer anerkannten Auffangstation verbringen können." Dass in Tübingen auch in Zukunft weiter Experimente mit anderen Tieren durchgeführt werden, stößt bei Peta auf heftige Kritik: "Tierversuche sind nicht nur grausam, sondern auch unwissenschaftlich."

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