"Im Zweifel für die Sicherheit"

Verstärkte Kontrollen auf Weihnachtsmärkten - Innenminister gibt mit Aussagen in Hannover Rätsel auf

18.11.2015 UPDATE: 19.11.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 33 Sekunden

"Ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung nur verunsichern": Für diese Aussage erntete Thomas de Maizière Kritik und Spott. Foto: dpa

Verstärkte Kontrollen auf Weihnachtsmärkten - Innenminister gibt mit Aussagen in Hannover Rätsel auf

Von Andreas Herholz und Rasmus Buchsteiner, RNZ Berlin

Berlin. Eigentlich wollte er beruhigen, den besonnenen und professionellen Krisenmanager geben. Thomas de Maizière war am Dienstagabend in Hannover bemüht, gegen allzu große Ängste anzureden.

Doch der Versuch ging kräftig nach hinten los: Zu den genauen Hintergründen und Details befragt, was genau zur Absage des Länderspiels Deutschland gegen Niederlande geführt habe, lehnte der CDU-Politiker Konkretes strikt ab. "Ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung nur verunsichern", erklärte de Maizière, deshalb werde er auch nichts dazu sagen. Nicht nur im Internet löste er damit einen Sturm aus Kritik, Häme und Empörung aus (siehe unten).

Die Opposition wirft Merkels Krisenmanager in Zeiten des Terrors vor, die Menschen zusätzlich zu verunsichern. "Der Innenminister muss klare Aussagen machen und darf nicht diffus über Bedrohungen orakeln", twitterte Grünen-Innenexperte Konstantin von Notz.

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De Maizière war zuletzt in der Flüchtlingskrise mächtig unter Druck geraten. Merkel machte das Thema zur Chefsache und setzte ihren Kanzleramtsminister Peter Altmaier als Koordinator ein. Nicht nur von der Opposition wurde das als eine Entmachtung des Innenministers gesehen. Aus den Reihen der Opposition gab es Rücktrittsforderungen.

Für seine Forderungen und eigenmächtigen Entscheidungen zur Begrenzung des Flüchtlingsstroms erhielt de Maizière dagegen großen Zuspruch in der Partei. Merkel, die ihn zunächst zurückpfiff, stellte sich schließlich hinter seine Pläne für die Begrenzung des Familiennachzuges.

Gestern meldete sich Merkel nur mit einer kurzen Stellungnahme zu der Spielabsage in Hannover zu Wort. "Ich war genauso traurig wie Millionen Fans, dass die Absage erfolgen musste", erklärte Merkel und sprach von einer "verantwortlichen Entscheidung" der Sicherheitsbehörden. Ihr Credo: "Im Zweifel für die Sicherheit". Sie dankte den Menschen in Hannover für ihre besonnene Reaktion und betonte: "Ein ganz herzliches Dankeschön an alle, die für unsere Sicherheit sorgen."

Ansonsten überließ sie es de Maizière, die Ereignisse zu kommentieren. Der verteidigte sich: "Wir können nicht jeden Hinweis in der Öffentlichkeit diskutieren." Es gehe um persönliche und politische Abwägungsentscheidungen, sagte er in seiner Rede bei der Herbsttagung des Bundeskriminalamtes in Mainz. "Die Bedrohungslage für Europa und auch für Deutschland, ist ernst, wirklich ernst".

Bei der Entscheidung für die Absage wurde er von den Chefs von BKA, Verfassungsschutz und BND sowie seinen Staatssekretären beraten. Auf dem Flug nach Hannover tauschte er sich mit Merkel aus und stand auch in engem Kontakt mit dem niedersächsischen Innenminister Boris Pistorius (SPD). Kurz nach der Landung in Hannover fiel schließlich die Entscheidung, dem Land Niedersachsen die Absage zu empfehlen.

Medien berichteten gestern Abend, am Dienstag sei um 18.33 Uhr ein Geheimpapier des Verfassungsschutzes, das auf Informationen eines ausländischen Geheimdienstes beruht habe, im Innenministerium eingegangen. Konkret sei darin gewarnt worden, dass eine Gruppe von mehreren Attentätern plane, das Fußballspiel mit mehreren Sprengsätzen anzugreifen. Eingeschmuggelt werden sollten sie in einem Rettungswagen. Zudem solle eine Bombe in der Stadt Hannover detonieren, später auch am Bahnhof.

Die Behörden in Niedersachsen gingen gestern davon aus, dass keine akute Bedrohungslage mehr bestehe. Es gebe keine Hinweise auf eine Anschlagsplanung in Deutschland, erklärte auch Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion.

Die Polizeichefs der Länder stimmten sich am Dienstag bei einer Telefonkonferenz über Sicherheitsmaßnahmen etwa auf Weihnachtsmärkten ab. Die meisten Märkte eröffnen am kommenden Montag. Einige Länder - darunter Baden-Württemberg, Bayern und Hessen - wollen die Märkte stärker von der Polizei kontrollieren lassen. Viele Weihnachtsmarktbetreiber wollen ebenfalls sichergehen und haben zusätzliche Wachleute engagiert. Auch für Konzerte und andere Events sind Sicherheitsmaßnahmen und verstärkte Kontrollen vorgesehen. Ähnliches gilt für Bahnhöfe und Flughäfen.

Deutschland stehe wie auch andere europäische Länder im Visier der Islamisten, so de Maizière am Mittwoch. Der Angriff von Paris sei der erste des IS in Europa gewesen, aber "vermutlich nicht der letzte." Der Innenminister kämpferisch: "Auf Dauer ist Freiheit immer stärker als Terrorismus."