"Er bleibt ein Faszinosum"

Historiker Reinhard Riese über den Ex-OB Carl Neinhaus

29.03.2017 UPDATE: 29.03.2017 06:00 Uhr 51 Sekunden

"Er bleibt ein Faszinosum": Historiker Reinhard Riese über den Ex-OB Carl Neinhaus

hö. Reinhard Riese, einst Lehrer am Heidelberger Bunsen-Gymnasium und Mitglied des Heidelberger Geschichtsvereins, erforschte das Leben von Carl Neinhaus.

Herr Riese, wie würden Sie Carl Neinhaus in einem Satz beschreiben?

Er war ein Mann, der sich selbst und das Wohl der Stadt an die erste Stelle gesetzt hat - und dafür bereit war, sich dem jeweiligen politischen System anzupassen.

Aber Sie verurteilen ihn ja nicht nur.

Das wäre auch zu einseitig. Zunächst gab es die Verherrlichung in den fünfziger Jahren, später neigte man einer sehr negativen Sichtweise zu. Ich versuche da einen Mittelweg, auch wenn die kritische Sichtweise überwiegt. Er bleibt aber schon ein Faszinosum.

Würden Sie sagen, dass er ein großer OB, wie zum Beispiel Zundel, war?

Das Wort "groß" möchte ich nicht verwenden. Aber Neinhaus stand lange Zeit an der Spitze der Stadt - und hat Heidelberg sehr geprägt. Da Sie Zundel erwähnen: Beiden war es sehr wichtig, ihre eigenen Vorstellungen durchzusetzen.

Hermann Maas hat Neinhaus bei der Beerdigung als Widerstandskämpfer dargestellt. Was ritt ausgerechnet Maas da?

Darüber kann man nur Vermutungen anstellen. Offenbar schätzte er das Christlich-Mitmenschliche höher ein als ein scharfes politisches Urteil.

Hat Neinhaus in der NS-Zeit denn aktiv Verfolgte geschützt?

Wohl nur sehr wenige. Er scheute offenbar den Konflikt mit den NS-Machthabern.