NPD-Kundgebung Waibstadt: Rund 1000 Kraichgauer standen "zusammen gegen Rechts"
Die Gegendemonstranten protestierten friedlich und lautstark am Straßenrand - NPD-Anhänger packten wieder ein und gingen heim
Rund 1000 Menschen gegen Rechts - diese eindrucksvolle Teilnehmerzahl übertraf gestern selbst kühne Erwartungen zum friedlichen Protest, mit dem man der kurzfristig geplanten NPD-Kundgebung entgegentreten wollte. Lediglich knapp 15 Neonazis hatten tatsächlich keine Chance, harrten vor dem Bahnhof aus und reisten wieder ab.
"Da kann man schon stolz sein" sagte Bürgermeister Joachim Locher; er stand selbst in vorderster Reihe der in Windeseile spontan formierten Gegenbewegung. In einer großen Eigendynamik hatte die Sache nach einem RNZ-Interview Lochers zum Thema in der Samstagsausgabe Fahrt aufgenommen und verbreitete sich zusätzlich "via großem Mailverteiler", aber auch auf sozialen Netzwerken wie "Facebook" in Windeseile.
Vor Ort zeigte sich das Bild einer bunten Kleinstadt: Banner "Nazis raus aus Waibstadt" oder "NPD, nee" hingen in den Fenstern, Musikvereinsmitglieder brachten Trompeten mit, auf dem Kirchenportal hatte sich eine Abordnung der örtlichen Kolpingfamilie mit großflächigem Banner postiert. Das vom Rathaus ausgegebene Motto "Waibstadt steht zusammen gegen Rechts" wurde quer durch alle Altersgruppen und Gesellschaftsschichten gelebt.
Darüber hinaus fanden sich Menschen aus dem gesamten Kraichgau am Straßenrand ein sowie Vertreter aus der Politik: Unter ihnen SPD-Bundestagsabgeordneter Lars Castellucci und Grünen-Landtagsabgeodnete Charlotte Schneidewind-Hartnagel. Auch zahlreiche Kreistagsabgeordnete und viele Gemeinderatsmitglieder aus Waibstadt und zwei aus Sinsheim unterstützten den Protest.
Beantragt hatten die Ultrarechten des NPD-Kreisverbands einen Zug entlang des Ortsrands mit Abschlusskundgebung auf dem Bismarckplatz. Doch am Ende war es nicht die massive Polizeipräsenz, von weit über 100 teils von weit her angereisten Beamten, die dies unmöglich machte, sondern schlicht der normale Bürger. Demonstrations-Touristen der organisierten linksextremen Szene - normalerweise üblich bei Veranstaltungen dieser Art, spielten gestern, wenn überhaupt, nur eine Miniaturrolle.
Normalität scheint derweil allmählich am tatsächlichen Ort des Geschehens einzukehren - dem ehemaligen Waibstadter Krankenhaus in der Hauptstraße, wo die Kreisverwaltung seit wenigen Wochen rund 50 Asylbewerber einquartiert hat. Seinen Eindruck von dort schilderte uns Heinz Locher, Mitglied der Kolpingfamilie: "Es ist eine friedliche, gute Atmosphäre", sagt Locher. "Viele Waibstadter schauen, dass sie den Flüchtlingen helfen. Dann gibt's von vorn herein weniger Probleme."