Windpark Greiner Eck: Trotz Baustopp-Antrag ist das erste Fundament gegossen

Der Planer kämpft weiter gegen Vorurteile, doch der Baustopp ist noch nicht vom Tisch.

20.07.2016 UPDATE: 21.07.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 53 Sekunden

Beeindruckende Dimensionen: Während an Standort drei die Erde ausgehoben ist, fließt für das Fundament des ersten Windrads schon der Beton. Planer Jürgen Simon (r.) erklärt die Maßnahmen. Fotos: Hinz/Beck

Von Nikolas Beck

Neckarsteinach-Grein. Der weiße Kleinwagen passt nicht ins Bild. Die Behelfsampel vor dem Waldweg hinauf ans "Greiner Eck" zeigt Rot. Jürgen Simon legt die Stirn in Falten. Eigentlich sollten hier heute nur Lkws warten. Der Inhaber der "3P Energieplan GmbH", die hier noch in diesem Jahr den ersten Windpark im Kreis Bergstraße in Betrieb nehmen will, ist schon seit den frühsten Morgenstunden vor Ort. Zu wichtig ist dieser Dienstag. Schließlich wird heute der nächste Meilenstein gelegt: Das Fundament für das erste Windrad wird gegossen. Lastwagen um Lastwagen liefert den Beton an, insgesamt 900 Kubikmeter an zwei Tagen. Die hessische Kreisstraße 36 ist für den Pkw-Verkehr zwischen dem Sportplatz Darsberg und dem Parkplatz "Kreuzschlag" gesperrt. Die vier Insassen des Hyundai mit Mannheimer Kennzeichen sind dennoch hier, geben aber schnell Entwarnung. Für die Bauarbeiten interessieren sie sich nicht. Im Gegenteil: "Wir waren auf einer Hochzeit auf dem Hohen Darsberg und wollen nach Hause", sagt die junge Fahrerin mit Hilfe suchendem Blick. Sie bedanken sich für die richtungsweisende Erklärung und drehen um.

Wenig später erscheint ein Lkw aus den Tiefen des Waldes. Auf dem Rückweg ist der Betonmischer leer. Der Fahrer grüßt mit Handzeichen. Es war sicherlich nicht seine erste Fahrt heute. Die Ampel wird grün, der nächste Laster setzt sich in Bewegung. So geht das im Fünf-Minuten-Takt. Der Waldweg zum ersten Windradstandort ist ausgebaut. Platz für einen Begegnungsverkehr ist natürlich dennoch nicht. "Der Forst freut sich über unseren Wegebau", sagt Jürgen Simon. Er zeigt auf einen Baum am Wegesrand, der Stamm umschlossen von schützenden Holzbohlen. Dies habe man bei allen Bäumen gemacht, die nahe am freizuhaltenden Lichtraum stehen, erklärt der Planer.

Für die Gegner des Projektes ist das nur ein schwacher Trost. Seit über zwei Jahren kämpft eine Bürgerinitiative (BI) gegen den Windpark. Inzwischen sogar vor Gericht. Unmittelbar nach der Genehmigung des Projekts durch das Regierungspräsidium Darmstadt wurden die ersten Bäume gefällt - und vom Anwalt der Bürgerinitiative eine Klage sowie ein Eilantrag eingereicht, der einen Baustopp herbeiführen soll. Ausgang offen ...

"Natürlich würde uns ein Baustopp weh tun", sagt Simon, als der Betonmischer am ersten Standort eintrifft. Hier ist innerhalb der letzten zwei Wochen der Kranstellplatz - 35 mal 50 Meter groß - angelegt und der Erdaushub gemacht worden. Bewehrung und Schalung sind eingebracht. Über eine Betonpumpe wird jetzt das Fundament gegossen.

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Beeindruckend sieht die Stahlkonstruktion aus. Das Fundament hat einen Durchmesser von 22 Metern, muss mindestens ein Meter tief in der Erde sitzen. Auf ihm soll bald der Turm des ersten, der vier bisher genehmigten Windräder stehen. Bis Montag darf der Beton aushärten. Dazu wird das Fundament mit einer Plane abgedeckt und feucht gehalten - die sogenannte Betonnachbehandlung. Dann wird ausgeschalt und mit Erde beigefüllt, erklärt Simon. So gehe man sukzessive die Standorte durch.

Dort, wo das vierte Windrad stehen wird, beginnt gerade der Fundamentaushub. Der Interessenkonflikt zwischen Gegnern und Befürwortern wird nirgends so deutlich wie hier: Nur wenige Meter entfernt schiebt ein Bagger die Erde zur Seite. Dreht man sich um, blickt man auf einen mit schwarzer Folie versiegelten Habitatsbaum. Planer Simon nutzt die Gelegenheit für eine Klarstellung: Nein, es handelt sich nicht um ein Naturschutzgebiet. Dann bräuchte man hier an einen Windpark gar nicht zu denken. Vielmehr befinde man sich in einem sogenannten Fauna-Flora-Habitat-Gebiet (FFH), in dem gebaut werden darf, solange der Windpark den Schutzzielen nicht im Wege steht, so Simon: "Von der Windhöffigkeit her handelt es sich um den besten Standort im ganzen Odenwald."

In diesen Tagen ist Simon besonders bemüht, Vorurteile oder Fehleinschätzungen zu entkräften. Denn er weiß nur zu gut: "Solch eine Baustelle sieht natürlich immer schlimm aus." An Standort Nummer drei ist die Fundamentgrube ausgehoben und die sogenannte Sauberkeitsschicht eingebracht worden. Auf dieser werden demnächst Bewehrung und Schalung aufgesetzt. Die Erd- und Felswand die sich hier vor einem erhebt, wirkt gewaltig, ist fast zehn Meter hoch. Simon beruhigt: Weil hier das Gelände eine große Steigung hat, wird das Fundament auf einer Seite keine zwei, auf der anderen dafür bis zu fünf Meter tief sitzen. Die ausgehobene Erde sei lediglich oben aufgeschüttet worden, um später zur Verfüllung des Arbeitsraumes rund um das fertige Fundament genutzt zu werden.

Man sollte sich hier in einem Jahr wieder treffen. Dann wird das alles schon wieder wesentlich harmloser aussehen, weiß Simon. Grüner. Gesünder. Und mittendrin zwischen Buchen und Birken werden vier Windmühlen Strom produzieren. Sauberen Strom, betont der Planer. Trotz aller Widerstände, die Klage hin oder her: Dass das Großprojekt richtig ist, davon ist Jürgen Simon überzeugter denn je.

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