Schönau: Tuchmacherei-Ausstellung in der Hühnerfautei
Die Handwerkskunst kam mit den Wallonen im 16. Jahrhundert

Zur Ausstellungseröffnung gab es eine Spinn- und Webvorführung, im Hintergrund der Historiker Karl-Heinz Halbedl, Günther Hammersdorf und Anne-Christel Herion-Frey (linkes Bild). In einer Vitrine werden Modeln aus dem 16. Jahrhundert gezeigt, etwa das Bild von Walther von der Vogelweide aus der Heidelberger Liederhandschrift. Fotos: Katzenberger-Ruf
Von Karin Katzenberger-Ruf
Schönau. Das Klosterstädtchen als Zentrum der Textilherstellung in der Kurpfalz: Diesem Kapitel der Stadtgeschichte, das Mitte des 16. Jahrhunderts begann und bis weit ins 19. Jahrhundert dauerte, widmet sich eine neue Abteilung im kulturhistorischen Museum Hühnerfautei. Nachdem der Verein "Alt Schönau" dort 2008 und 2014 Dauerausstellungen zur Geschichte von Kloster und Stadt einrichtete, schließt diese alte Handwerkskunst nun die letzte Lücke.
Das Tuchmachen kam im größeren Stil durch die Wallonen - Glaubensflüchtlinge aus den Niederlanden - in den Odenwald. Es waren Weber, Walker, Färber, Tuchscherer, Wollschläger, Wollkämmer und Spinnerinnen, die auf Anordnung von Kurfürst Friedrich III. im Jahr 1562 als Zuwanderer zunächst in den leer stehenden Klostergebäuden untergebracht waren. Daran erinnerte Anne-Christel Herion-Frey bei der Ausstellungseröffnung.
Da die zweite Vorsitzende des Vereins "Alt Schönau" selbst wallonische Vorfahren hat, war ihr angesichts der aktuellen Flüchtlingskrise der Vergleich wichtig. Flüchtling zu sein bedeute immer, die Heimat verlassen zu müssen - egal aus welchen Gründen. Möge es den europäischen Ländern gelingen, gemeinsam humanitäre Lösungen zu finden, so ihr Wunsch.
Alles über die Anfänge und die Entwicklung der Tuchmacherei in Schönau ist auf den Ausstellungstafeln nachzulesen, für deren Konzeption der Historiker Karl-Heinz Halbedl aus Eberbach verantwortlich ist. Zur Ausstellungseröffnung hielt er einen Vortrag, bei dem er unter anderem Begriffe aus der Flachsverarbeitung wie "raufen" oder "riffeln" erklärte. Aus den Pflanzenfasern entstand in einem langwierigen Prozess Leinenstoff. Dazu gehörte auch das Auswaschen von Flachs in Bächen, wodurch das Wasser schleimig wurde. So kam übrigens der Rotzenbach zu seinem Namen.
Natürlich spielte auch Schafswolle bei der Produktion von Textilien eine Rolle. Nur gab es irgendwann nicht mehr genügend Tiere, die den Rohstoff lieferten. Welche Auswirkungen der Dreißigjährige Krieg und später der verheerende Pfälzische Erbfolgekrieg auf die Herstellung und den Handel mit Textilien hatten, macht die neue Dauerausstellung ebenfalls bewusst. Ebenso, was es heißt, Auftraggeber zu verlieren: Schönau lieferte einst auch "Militärstoffe" für die Armee. Doch die Konkurrenz durch andere Hersteller wuchs.
In einer Vitrine sind die schönsten Modelle für den Stoffdruck zu bewundern, die das Museum zu bieten hat. Im Magazin lagern fast 400 solcher Stücke aus dem 16. Jahrhundert, die 1936 in einer Scheune im Ort gefunden wurden. Eines der Ausstellungsstücke hat den Granatapfel als Motiv.
Die Arbeit am Webstuhl und an Spinnrädern stellten bei der Ausstellungseröffnung vor: Jutta Waigel von der Odenwälder Trachtengruppe, Christa Haas vom Spinnzirkel Eberbach und Ursula Simpfendörfer aus Sinsheim-Dühren. Ihnen sowie allen, die das jüngste Museumsprojekt unterstützten, dankte "Alt Schönau"-Vorsitzender Günther Hammersdorf.
Info: Die "Hühnerfautei" südlich der Klosterkirche ist immer sonntags von 14 bis 16.30 Uhr geöffnet.