Meckesheimer Gemeinderat setzt ein Zeichen gegen Ghetto-Bildung
Mandatsträger lehnten Ausnahmeregelung für Bau von Containeranlage für Flüchtlinge im Industriegebiet ab

Noch lagert Bauschutt auf dem Gelände im Industriegebiet. Hier sollen 94 Wohncontainer für 210 Flüchtlinge errichtet werden. Besonders benachbarte Unternehmen hatten während der Ratssitzung dazu Bedenken geäußert. Foto: Alex
Von Manuel Reinhardt
Meckesheim. Raunen und Kopfschütteln gingen durch die Reihen der rund 90 Besucher, als die geplante Wohncontaineranlage für Flüchtlinge in der Dieselstraße 6 detailliert vorgestellt wurde. Schon davor hatten die Meckesheimer Einwohner während der Bürgerfragestunde Bedenken geäußert, die nun bestätigt wurden. Und die Mitglieder des Gemeinderates gingen mit diesen Zweifeln großteils konform: Denn sie versagten im Rahmen ihrer jüngsten Sitzung am Mittwochabend der nötigen Ausnahme für die Errichtung des Containerdorfs im Industriegebiet ihre Zustimmung.
Aber von vorne: Zunächst stand ein Umzug an. Aufgrund der hohen Zahl an Interessierten musste die Sitzung kurzerhand vom Ratssaal ins Feuerwehrhaus verlegt werden. Und der Tagesordnungspunkt wurde dann vorgezogen. Zuvor sagte Bürgermeister Hans-Jürgen Moos noch, dass er trotz der Emotionalität des Themas auf einen zivilisierten Ablauf hoffe und dass Meinungsbekundungen wie Applaus eigentlich nicht vorgesehen seien.
Die eigentliche Debatte startete mit der konkreten Vorstellung des Projekts durch Haupt- und Bauamtsleiter Uwe Schwarz und dem Bild der Skizze an der Wand. Der Antragsteller beabsichtigt, 94 Container auf zwei Geschossen zur Unterbringung von 210 Menschen - dies korrigierte Silke Hartmann, Pressesprecherin beim Rhein-Neckar-Kreis, auf RNZ-Nachfrage, da in der Sitzung 132 Personen genannt wurden. Auch Küchen-, Aufenthalts-, Wasch- und Büroräume sollen hier Platz finden. Im Außenbereich sind ein kleiner Spielplatz und überdachte Unterstellmöglichkeiten für Fahrräder, Kinderwagen und Mülltonnen geplant. Rund 1400 Quadratmeter des 1800 Quadratmeter großen Geländes sollen überbaut werden.
Den Räten oblag es nun, über die Ausnahmeregelung zu entscheiden, wonach auch im Industriegebiet Wohnanlagen für soziale Zwecke - worunter solche Wohncontainer fallen - zugelassen werden können. Und das taten sie: Die Ausnahme wurde mit elf zu zwei Stimmen bei einer Enthaltung von Wolfgang Seltenreich (MUM) abgeschmettert.
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"Ich halte dies für die allerschlechteste Lösung im Sinne der Menschen, die hier einziehen", sagte die CDU-Fraktionsvorsitzende Inge Hanselmann. Jürgen Köttig (MUM) nannte die drei Faktoren Standort, das generelle Flüchtlingsthema und die Machbarkeit für die Gemeinde, unter denen das Thema behandelt werden müsse. "Für den Standort spricht wenig bis gar nichts", so Köttig. Man dürfe sich dem grundsätzlichen Problem zwar nicht verschließen - nur mit ehrenamtlichen Helfern stoße die Kommune aber an ihre Grenzen. Zudem machte Köttig eine mangelnde Solidarität im Rhein-Neckar-Kreis aus, da eine ungleiche Verteilung herrsche.
Michael Emmerling (SPD) favorisierte eine innerörtliche Unterbringung. "Der Standort Dieselstraße ist äußerst unpassend und nicht förderlich für die Integration", so der Fraktionsvorsitzende. Gunter Dörzbach (CDU) betonte, nicht gegen eine Ansiedelung von Asylsuchenden zu sein. Aber die Art und Weise einer "ghettoartigen" Unterbringung sei nicht optimal. Sein Fraktionskollege Arno Beckmann zeigte sich geschockt von der Planskizze und fand deutlichere Worte: "Das erinnert mich an Anstalten aus dem Dritten Reich." Es sei letztendlich zwar unwichtig, ob der Rat überhaupt zustimmt. Doch "wir sollten ein Zeichen setzen". Er sei dafür, Kriegsflüchtlingen zu helfen. "Aber diese Art der Unterbringung ist nicht meine."
Zustimmung fand der Beschluss lediglich von Clemens Heck (CDU) und - wie in der RNZ bereits angedeutet - Bürgermeister Hans-Jürgen Moos. "Heck sprach sich dabei für eine schnelle Hilfe für die Flüchtlinge aus. "Wir sollten die Chance nutzen und intensiv daran arbeiten, dass Familien und Männer richtig integriert werden."
Das Nein der Mandatsträger wird den Prozess nun zumindest verzögern, aber wie ein normaler Bauantrag weiterlaufen. Zunächst läuft im Rahmen von vier Wochen noch die Angrenzeranhörung - bei der Nachbarn Einwände gegen das Vorhaben einbringen können. Dem Landratsamt wird zudem der ablehnende Beschluss des Rates vorgelegt. Dort wird dann geprüft und entschieden, ob diese Ablehnung der Ausnahmeregelung rechtsmäßig oder -widrig ist. Bei der Feststellung eines Rechtsverstoßes wird der Gemeinderatsbeschluss ersetzt, dann tritt die Ausnahmeregelung in Kraft. "Der Prozess wird aber eine Weile dauern", erklärte Silke Hartmann.
Damit sind die Bedenken der Bürger einstweilen aufgeschoben. Das Signal der Meckesheimer Einwohner und auch der Mandatsträger war aber deutlich. Und den Applaus, den Bürgermeister Moos zuvor angemahnt hatte, gab es nach der Beschlussfassung doch.



