Hamburger Reederei kauft Eppelheimer Wild-Grundstücke
Das Geschäft ist Bestandteil des Wild-Flavors-Verkaufs - Der Käufer ist eine deutsches Tochterunternehmen des US-Konzerns ADM

Westlich vom einstigen Wild-Stammwerk entstand die neue Produktionsstätte für Capri-Sonne, zu der auch das neue Hochregallager gehört. Die Prozesswasser-Aufbereitungsanlage von Wild-Flavors (im Vordergrund) wechselte jetzt den Besitzer. Foto: Alex
Von Thomas Frenzel
Eppelheim. Was Volkswagen für Wolfsburg und die BASF für Ludwigshafen, das ist Wild für Eppelheim: Hustet das Unternehmen, ist die Stadt reif für die Intensivstation. Das weiß in der Wild-City Eppelheim jedes Kind und deshalb wird aufmerksamst beäugt, was sich im Süden der Gemarkung tut. Denn mit dem 2,3 Milliarden Euro schweren Verkauf der Wild Flavors GmbH - und damit auch des Wild-Stammwerks - an den US-Konzern Archer Daniels Midland (ADM) hat sich komplett die Geschäftsgrundlage geändert, der Eppelheim seinen relativen Wohlstand in den zurückliegenden Jahrzehnten verdankte. Was Wunder, dass im Kontext mit durchgesickerten Grundstücksverkäufen an eine Hamburger Reederei jetzt der Verdacht die Runde machte, der 73-jährige Unternehmenschef Hans-Peter Wild würde nach dem Aromengeschäft auch gleich noch seine Fruchtsaft-Getränkemarke Capri-Sonne an den Meistbietenden verkaufen.
Befördert wurde die Unruhe von den am Verkauf Beteiligten selbst. Eine Kleinigkeit: Die alljährliche Jubilarfeier, bei der Wild kurz vor Weihnachten seinen lang gedienten Mitarbeitern dankte, fiel diesmal ins Wasser. Und kaum war zum Jahresende hin der Flavors-Verkauf abgewickelt, zählten offenbar die Zusicherungen nicht mehr, die im Juli vor versammelter Öffentlichkeit gemacht worden waren: Verklausuliert war damals von Synergien von allenfalls zehn Prozent die Rede, aber entlassen würde niemand. So hieß es damals. Vor einem Monat sprang die Katze dann aber doch aus dem Sack: 80 der 880 Arbeitsplätze beim nunmehr ADM-eigenen Wild-Flavors-Geschäft werden abgebaut.
Warum sollte es bezüglich der Zusagen hinsichtlich der Capri-Sonne anders sein? Ein Verkauf steht nicht zur Debatte, auch das hatte Hans-Peter Wild bei besagter Juli-Pressekonferenz betont. Mit einer starken zweistelligen Millioneninvestition hat er binnen Jahresfrist westlich vom einstigen Stammwerk eine neue Produktionsstätte für seine Capri-Sonne aus dem Boden gestampft - inklusive Hochregellager, dessen dazugehöriges Lkw-Terminal demnächst in Betrieb gehen soll. Wurde und wird da eine Braut schön gemacht für potenzielle Freier?
Just das ging in Eppelheim um, als unter der Hand bekannt wurde, dass die Rudolf Wild GmbH & Co KG diverse Grundstücke auch westlich vom ehemaligen Wild-Stammwerk verkauft habe. Wie die in Chicago ansässige ADM-Zentrale nun auf Anfrage mitteilen ließ, habe im Zuge des Eigentumsübergangs nicht ADM direkt die Grundstücke erworben, sondern die deutsche Tochter Intermare Transport GmbH mit Sitz in Hamburg. Und zwar schon im zurückliegenden Oktober.
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Dazu zählten laut ADM auch Flächen westlich des eigentlichen Werks, darunter die dortige und zu Wild-Flavors gehörende Prozesswasser-Aufbereitungsanlage. Durch langfristige Miet- und Nutzungsverträge innerhalb des 33.000-Mitarbeiter-Konzerns sei aber gesichert, dass sich am operativen Geschäft im früheren Wild-Stammwerk nichts ändere.
Auch Hans-Peter Wild stellte gegenüber der RNZ unmissverständlich klar, dass ein Capri-Sonnen-Verkauf nicht zur Debatte stehe und von dem erfolgten Flächenverkauf seine neue Produktionsstätte nicht betroffen ist: Alle Unternehmen arbeiteten auf eigenem Grund und Boden. Gemeint ist damit - neben der Capri-Sonne - wohl auch die Wild-eigene Technologiesparte Indag KG. Die findet sich am Südzipfel des einstigen Stammwerks und ist gegenwärtig nur über das ADM-Haupttor erreichbar.
Im Zuge des Flavors-Verkaufs hatte Wild sein Unternehmensimperium neu geordnet und die Arios Holding AG mit Sitz im schweizerischen Zug gegründet. Neben der fürs internationale Geschäft zuständigen Capri-Sun AG, neben der für die deutsche Capri-Sonnen-Produktion zuständigen Deutschen SiSi-Werke Betriebs GmbH und der Indag KG finden sich in der Arios Holding auch die Sunca Immobilien GmbH. Diese bildet innerhalb der Arios-Gruppe das Dach für sämtliche Aktivitäten im Bereich der Immobilien und des Gebäudemanagements - und ist damit auch zuständig für die neue Produktionsstätte im Westen des einstigen Wild-Stammwerks.
Eppelheims Bürgermeister Dieter Mörlein kann die Unruhe, die von den Grundstücksverkäufen ausgelöst wurde, nachvollziehen: Seit dem Flavors-Verkauf werde in der Stadt äußerst sensibel auf jede Veränderung im Eppelheimer Süden reagiert. Aber geändert habe sich durch den Verkauf für die Stadt bislang noch nichts. Ganz im Gegenteil: Die von Wild angekündigte Produktionsausweitung im neuen Capri-Sonne-Werk könnte sich mittelfristig für die Einnahmenseite der Stadt eher positiv auswirken.
Allerdings weiß der Eppelheimer Rathauschef auch eines: Wenn die Gewerbesteuern bei der Capri-Sonne wegbrechen, so sagt er, dann gehen in Eppelheim die Lichter aus.



