Geduckt geht es durch den Buntsandstein

Neckargemünd-Dilsberg. Unterirdische Erlebnisse in der Burganlage: Der tiefe Brunnen ist über einen Stollen begehbar

08.06.2013 UPDATE: 08.06.2013 00:11 Uhr 2 Minuten, 22 Sekunden
Sören Bieling und Christine Thiele erkundeten den 78 Meter langen und teils nur 1,40 Meter hohen Brunnenstollen. Foto: Katzenberger-Ruf

Von Karin Katzenberger-Ruf

Neckargemünd-Dilsberg. Wie man in den Brunnen hinein ruft, so schallt es heraus. Was im Volksmund eher für den Wald gilt, hat auch auf der Feste Dilsberg seine Berechtigung: Der Brunnen in der Burganlage ist nämlich über einen unterirdischen Stollen begehbar. Dieser entstand vermutlich zwischen 1650 und 1680 als Belüftungsschacht, um auf dem Berg tiefer nach Wasser graben zu können.

Der Brunnenstollen, in mühevoller Handarbeit und bei nur wenigen Zentimetern "Vortrieb" am Tag aus dem Buntsandstein gehauen, ist 78 Meter lang und teilweise nur etwa 1,40 Meter hoch. Man muss sich also stellenweise bücken, um an das Ziel zu gelangen.

Sören Bieling und Christine Thiele aus Heidelberg sind nach dem Weg hin und zurück schlichtweg begeistert. "Gute Arbeit", lautet das Lob von Sören. Im Stollen sei es wider Erwarten auch nur ein bisschen feucht gewesen. Nun gut, das gilt vielleicht nicht gerade für die Plattform direkt am Schacht. Wer von dort einige Meter nach oben und quasi bis zum Ende des Tunnels in den Himmel blicken will, muss schon ein paar Wassertropfen in Kauf nehmen.

Und wie kommt man in den Stollen? Wer rein will, kauft am Kassenhäuschen in der Feste Eintrittskarten und bekommt gegen ein Pfand etwa in Form des Personalausweises oder eines Geldbetrags den Schlüssel für den Stollen ausgehändigt. Dabei lautet die Vorgabe: Die Eisentür zum Stollen ist beim Betreten und Verlassen wieder zu verschließen. Am Kassenhäuschen hat "Burgvogt" Armin Erles fünf Schlüssel für einen solchen individuellen Besuch des Stollens parat liegen. Der Weg dorthin ist gut ausgeschildert.

Der Brunnenstollen kann auch innerhalb von Führungen auf der Feste Dilsberg besichtigt werden. Zum Gästeführerteam gehört Gudrun Schilling. Auf der Schildmauer der Burg erzählt sie gerne davon, dass auf dem Dilsberg früher Wassermangel herrschte. Das war schon so zu Zeiten, als die Burg noch bewohnt war. Später gab es einen Wasserturm, der fünf Schöpfbrunnen am Ort speiste.

Ihrer Schilderung nach taugen solche Brunnen ja immer wieder für romantische Bilder und Beschreibungen. Letztendlich muss es für die "Wasserträgerinnen" beziehungsweise die Hausfrauen von einst aber harte Arbeit gewesen sein, das lebensnotwendige Nass nach Hause zu schaffen. Manchmal mussten sie es auch weit unterhalb der Feste aus dem Neckar holen. Die Behälter dafür balancierten sie auf dem Kopf, das war vor allem zurück ein beschwerlicher Aufstieg. Laut Gudrun Schilling wird der Dilsberg erst seit dem Jahr 1964 mit Wasserleitungen aus Neckargemünd versorgt. Nach dem Zweiten Weltkrieg, als auf dem Berg auch etwa 350 Flüchtlinge angesiedelt wurden, muss der "Wassernotstand" besonders groß gewesen sein.

Den Rundumblick von der Schildmauer aus nutzt die Gästeführerin, um die älteren und neueren Bauwerke zu erklären. Angefangen von der Burg Steinsberg im Kraichgau bei Sinsheim bis zu den benachbarten vier Burgen in Neckarsteinach inklusive des "Schwalbennests", das eigentlich "Burg Schadeck" heißt und in dem einst auch der berüchtigte Odenwälder Räuberhauptmann Lindenschmitt gehaust haben soll. Die Sendetürme auf dem Königstuhl in Heidelberg sind nochmals ein anderes Kapitel und keine historischen Bauten. Anders die dortige Bergbahn. Schilling empfiehlt die Fahrt mit den rumpelnden Waggons von der Molkenkur zum Königstuhl als besonderes Erlebnis.

Damit nochmals zurück zum Brunnenstollen: Der amerikanische Schriftsteller Mark Twain hat die Sage, wonach der Stollen bis zu einer Burg in Neckarsteinach geführt haben soll, in einer seiner Erzählungen verarbeitet. Was im Jahr 1900 wiederum den Deutsch-Amerikaner Ritz von Briesen zu einem Besuch der Feste Dilsberg anregte. Er ließ sich sogar in den sagenhaften Brunnen abseilen. Einer großzügigen Spende seinerseits ist es zu verdanken, dass Brunnen und Stollen Jahre später von Schutt befreit und wieder zugänglich gemacht wurden.

Info: Die nächste Führung durch Burg und Brunnenstollen findet am morgigen Sonntag, 9. Juni, statt. Treffpunkt ist um 15 Uhr im Innenhof.

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