Bürgerentscheid zur Straßenbahn Eppelheim: Gleiches Recht für alle beim Stimmenfang
"Bürgerbegehren Eppelheim" fühlt sich benachteiligt - Beschwerde beim Kommunalrechtsamt - Behörde erzwingt Gleichbehandlung

Von Anja Hammer
Eppelheim. Der Countdown läuft: In weniger als zwei Wochen entscheiden die Eppelheimer, ob die Straßenbahn wie geplant erweitert wird oder nicht. Beide Seiten geben nun noch einmal alles, um die Bürger von ihrer Sichtweise zu überzeugen - und schießen dabei ein bisschen übers Ziel hinaus.
Hintergrund
Infoveranstaltung am morgigen Mittwoch in der Wild-Halle
(aham) Der "Wahlkampf" ist in vollem Gange: In der Hauptstraße sprießen die Plakate, von Balkon und Zaun leuchten Transparente. Am 3. Juli dürfen die Eppelheimer beim ersten Bürgerentscheid in
Infoveranstaltung am morgigen Mittwoch in der Wild-Halle
(aham) Der "Wahlkampf" ist in vollem Gange: In der Hauptstraße sprießen die Plakate, von Balkon und Zaun leuchten Transparente. Am 3. Juli dürfen die Eppelheimer beim ersten Bürgerentscheid in der Geschichte der Stadt ihr Kreuzchen machen (siehe auch Artikel rechts). Die Bürgerinitiative "Bürgerbegehren Eppelheim" wirbt für ein "Ja" zum Abbruch der zweigleisigen Planungen, die RNV für ein "Nein", damit der Brücken- und Straßenbahnausbau umgesetzt werden kann.
Um den Bürgern die Entscheidung leichter zu machen, findet am morgigen Mittwoch, 21. Juni, eine Infoveranstaltung in der Rudolf-Wild-Halle statt. Ab 18.30 Uhr kommen Projektbefürworter - also RNV und Gemeinderatsmitglieder - und die Projektgegner von der Bürgerinitiative zu Wort. Unter der Moderation von Thomas Frenzel, Leiter der RNZ-Redaktion "Region Heidelberg", können die Bürger Fragen stellen.
Doch darauf allein wollen sich die zwei Seiten nicht verlassen. So hat die RNV mittlerweile extra eine Internetseite eingerichtet, um die Eppelheimer vom Brückenausbau zu überzeugen. Unter eine speziellen Info-Nummer werden die Anrufer begrüßt mit "Liebe Eppelheimer, ...".
Die Bürgerinitiative hat derweil 10 000 Flugblätter drucken lassen und verteilt diese. Hinzukommen samstägliche Infostände am Wasserturm, einen Internetauftritt gibt es längst. "Wir gehen in die Vollen", sagt Mitinitiator Bernd Binsch. Dabei lässt er sich auch nicht von Drohmails abschrecken. So bekam er kürzlich eine E-Mail, in der es unter anderem hieß: "uffpasse... mann siht si imma zwoma im lebbe". Binsch hat Anzeige gegen Unbekannt erstattet. "Das ist nicht schön, aber so kurz vor dem Ziel werden wir nicht aufgeben", so Binsch.
Auf der einen Seite ist die Bürgerinitiative "Bürgerbegehren Eppelheim". Diese hat den Bürgerentscheid am 3. Juli durchgesetzt. Sie will, dass der Gemeinderatsbeschluss vom Dezember 2015 aufgehoben wird und der Brücken- und Straßenbahnausbau nicht so erfolgt, wie er derzeit geplant ist.
Auf der anderen Seite ist die RNV, die das Großprojekt umsetzt. Aber da sind auch der Eppelheimer Gemeinderat, der den Beschluss getroffen hat, und die Stadtverwaltung. Letztere hat in der jüngsten Ausgabe des Amtsblatts unter dem Stichwort "Öffentliche Bekanntmachungen" eine dreiseitige Information zum Bürgerentscheid veröffentlicht. Eine Seite widmet sich den Formalitäten, also Wahlbezirken, Anträgen zur Briefwahl und dergleichen.
Die zwei anderen Seiten stoßen der Bürgerinitiative allerdings bitter auf: "Wir stellen fest, dass gegen das Neutralitätsgebot der Stadtverwaltung verstoßen wurde", schrieb Bernd Binsch, Vertrauensperson des Bürgerbegehrens, an das Kommunalrechtsamt des Rhein-Neckar-Kreises. Er legte eine Beschwerde gegen das Vorgehen der Stadt ein. Er führt neben dem verletzten Neutralitätsgebot die Ungleichbehandlung des Bürgerbegehrens ins Feld.
Er wäre nicht über die Veröffentlichung informiert worden, obwohl dem Bürgerbegehren laut Gemeindeordnung Informationen im gleichen Umfang zustehen. Außerdem schreibe die Gemeindeordnung vor, dass es keine Veröffentlichungen in den 20 Tagen vor dem Bürgerentscheid geben darf. "Wir fühlen uns benachteiligt", sagt Binsch im RNZ-Gespräch. "Meines Erachtens werden die Bürger getäuscht."
Vom Kommunalrechtsamt erhielt er gestern Rückendeckung. Zumindest in einem Punkt. "Die Stadtverwaltung muss für eine Gleichbehandlung sorgen", erklärte Silke Hartmann, Sprecherin des Rhein-Neckar-Kreises, bei dem das Kommunalrechtsamt angesiedelt ist. Deshalb sei die Behörde auch tätig geworden und habe die Stadt zum einen um eine Stellungnahme gebeten und sie zum anderen aufgefordert, der Bürgerinitiative im gleichen Umfang Platz im Amtsblatt bereitzustellen. Was aber die von Binsch angeführte Neutralität der Verwaltung angeht, ist das Kommunalrechtsamt anderer Auffassung: "Die Stadt ist nicht zur Neutralität verpflichtet", betont Hartmann. "Es handelt sich schließlich nicht um eine Wahl."
Bürgermeister Dieter Mörlein hat zwischenzeitlich auch reagiert und zugesagt, dass die Bürgerinitiative im nächsten Amtsblatt zwei Seiten bekommt. Ohnehin sei die Bekanntmachung "ein Fehler" gewesen. Doch er war letzte Woche nicht im Rathaus, sondern in der Schweiz bei der Geburtstagsfeier von Eppelheims Ehrenbürger Hans-Peter Wild. "Ich hätte das vielleicht neutraler gehalten und nicht so ausführlich gemacht", so Mörlein.
"Bei der Drei-Wochen-Frist hat man einfach nicht aufgepasst." Doch der Rathauschef verteidigt das Vorgehen seines Amtsleiters im gleichen Atemzug: Dieser habe die Notwendigkeit gesehen, Dinge richtigzustellen, die die Bürgerinitiative seiner Auffassung nach falsch dargelegt hatte.
Fakt ist: Jede Seite hält ihre Sichtweise für die richtige. Bis zum 3. Juli werden beide Parteien alles daransetzen, möglichst viele Bürger auf ihre Seite zu bekommen.



