400 Wanderer gegen den Windpark Stillfüssel bei Wald-Michelbach

Bürgerinitiativen aus Baden-Württemberg und Hessen trafen sich zur Protestwanderung gegen "Stillfüssel" im Wald

06.02.2017 UPDATE: 07.02.2017 06:00 Uhr 1 Minute, 43 Sekunden

Demonstration auf der Wiese am Adlerstein mit Rednerin Vera Krug. Foto: kaz

Von Karin Katzenberger-Ruf

Heiligkreuzsteinach/Wald-Michelbach. "Wer den Wald quält, wird abgewählt." So lautet der Slogan, den Peter Geisinger auf der Wiese am Adlerstein verkündet. Dort haben sich am Sonntagnachmittag rund 400 Gegner des geplanten Windparks "Stillfüssel" nach einer Protestwanderung aus verschiedenen Himmelsrichtungen versammelt. Diese ruft Geisinger als Vorsitzender des im Juli 2016 gegründeten Vereins "Vernunftkraft Odenwald" nun dazu auf, bei der kommenden Bundestagswahl nicht für jene Parteien zu stimmen, die im Hessischen Landtag für den Ausbau der Windkraft gestimmt haben.

Hintergrund

Heiligkreuzsteinach/Wald-Michelbach. (kaz) Haben Mitarbeiter einer Firma, die beim geplanten Windpark Stillfüssel nahe Heiligkreuzsteinach mit baubiologischen Untersuchungen beauftragt war, mutwillig den Bruthorst eines Uhus oder einer Waldohreule zerstört? Diesen Verdacht

[+] Lesen Sie mehr

Heiligkreuzsteinach/Wald-Michelbach. (kaz) Haben Mitarbeiter einer Firma, die beim geplanten Windpark Stillfüssel nahe Heiligkreuzsteinach mit baubiologischen Untersuchungen beauftragt war, mutwillig den Bruthorst eines Uhus oder einer Waldohreule zerstört? Diesen Verdacht hegen die Bürgerinitiativen, die den Bau der Windräder verhindern wollen (siehe Artikel oben), und erstatteten Anzeige gegen die Mitarbeiter und die obere Naturschutzbehörde wegen eines Verstoßes gegen das Bundesnaturschutzgesetz.

Der Vorfall soll sich erst vor einigen Tagen ereignet haben. Demnach krachte bei besagten Untersuchungen ein morscher Ast samt Horst von einer Lärche, nachdem dort ein Seil hochgeworfen worden war und wieder entfernt werden sollte. Dafür gab es nur einen einzigen Augenzeugen, der seiner Schilderung nach den Eindruck hatte, es sei "ein Unfall" gewesen.

Für die Bürgerinitiativen ist das unerheblich. Sie sehen in dem Vorfall - egal, warum er sich ereignet hat - einen Verstoß gegen das Bundesnaturschutzgesetz. Sie schalteten sofort nach Bekanntwerden die Polizei ein. Außerdem ließen sie von einem Büro für Faunistik und Landschaftsbiologie einige "Beweisstücke" analysieren: Eierschalen, Speiballen und Rupfungsfunde weisen demnach darauf hin, dass der Horst von besagten Vogelarten genutzt wurde, deren Brutgeschäft schon sehr früh im Frühjahr beginnt. Beide Eulenarten gehören zu den streng geschützten Arten, wie es in dem Kurzgutachten heißt.

[-] Weniger anzeigen

Der Protest richtet sich allerdings auch und in erster Linie gegen Brigitte Lindscheid, Regierungspräsidentin in Darmstadt. Sie hatte kurz vor Jahresende grünes Licht für den Bau gegeben. In einer Internetpetition mit rund 15.000 Unterschriften wird sie aufgefordert, einen Baustopp zu veranlassen. Doch momentan sieht es eher so aus, als würden am Stillfüssel bald Baumfällarbeiten beginnen, um die Zufahrtswege zu den geplanten Windkraftrad-Standorten zu verbreitern.

Der 568 Meter hohe Berg an der Grenze von Hessen und Baden-Württemberg, mitten im Unesco-Geo-Naturpark Bergstraße/Odenwald gelegen, ist ein beliebtes Wandergebiet. Dort sollen auch seltene Vögel wie der Schwarzstorch oder der Uhu heimisch sein. Das Regierungspräsidium verstoße mit der Baugenehmigung für die Windkrafträder gegen den Artenschutz, hieß es in der Petition und nun bei der Kundgebung vor Ort. Die Bürgerinitiativen "Gegenwind" aus Hessen, jene neu gegründete mit dem Namen "Liebenswerter Odenwald" aus Heiligkreuzsteinach sowie die Heidelberger Initiative "Rettet den Odenwald" mit Richard Leiner an der Spitze wollen gemeinsam retten, was zu retten ist. Laut Leiner müsste es bezüglich Windparks ein "Moratorium", also ein "Stillhalteabkommen" für den gesamten Odenwald geben.

Dem Aufruf zur grenzüberschreitenden Protestwanderung folgten vom Wald-Michelbacher Ortsteil Siedelsbrunn aus rund 250 Teilnehmer, von Heiligkreuzsteinach-Eiterbach machten sich 95 auf den Weg, aus dem Ulfenbachtal stießen 65 Windkraftgegner dazu. Die Kundgebung mit zahlreichen Transparenten richtete sich auch gegen das Unternehmen Entega, die den Windpark als Ökostrom-Erzeuger bauen will.

Auch interessant
: Heiligkreuzsteinach: 14.000 Unterschriften gegen den Windpark
: Windpark "Stillfüssel" in Heiligkreuzsteinach bedroht Brutplatz
: Windkraft Heiligkreuzsteinach: Gegner formieren sich neu
: Windräder an der Landesgrenze: Badener fühlen sich von Hessen verschaukelt
: Bei Heiligkreuzsteinach entsteht in Hessen der nächste Windpark
: Heiligkreuzsteinach: Kein Gegenwind für die Windkraft

Bei den "Protestwanderern" kamen viele Emotionen hoch. "Die können doch nicht einfach die schöne Natur hier zerstören", sagte ein älterer Mann, er war den Tränen nahe. Eine junge Frau sieht das Wandergebiet an sich gefährdet, bislang ist sie mit ihrem Freund auch immer gern in der kleinen Gaststätte in Schönbrunn mitten im Wald eingekehrt. Diese hat allerdings erst wieder Mitte Mai geöffnet. Am Rande der Protestwanderung gab es dort nur eine Notversorgung. Derweil wird auf an Bäumen befestigten Zetteln und am Parkplatz Zollstock bereits auf Wegeumleitungen für Wanderer und Mountainbiker hingewiesen, sobald die Baumfällmaßnahmen beginnen. "Der Odenwald darf keine Industrielandschaft werden", lautete bei der Kundgebung erneut die Botschaft von Richard Leiner.

Als Sprecherin der hessischen Bürgerinitiativen machte Vera Krug bei der Veranstaltung einen Vorfall publik, der zu einer Anzeige führte. Es geht um die Zerstörung eines Eulenhorstes.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.