Neckarelz: Spuren Luthers sind immer noch sichtbar

Spuren der Reformation im Mündungsgebiet der Elz spürte der Historiker Markus Wieland bei einem Vortrag nach. Eingeladen dazu hatte die Fachschaft Religion des Auguste-Pattberg-Gymnasiums.

19.03.2017 UPDATE: 20.03.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 1 Sekunde

Warum sind manche Dörfer rund um Mosbach katholisch und andere evangelisch? Diese und viele weiteren Fragen beantwortete Markus Wieland bei einem Vortrag. Foto: Geimer

Von Pia Geimer

Mosbach-Neckarelz. Kann man auch 500 Jahre nach Luther die Auswirkungen der Reformation in unserer Region noch erkennen? Dieser Frage widmete sich der Historiker Markus Wieland in seinem Referat "Die Reformation im Raum Mosbach und ihre Folgen" beim dritten Vortragsabend im Rahmen von "Auguste trifft Luther", zu dem die Fachschaft Religion des Auguste-Pattberg-Gymnasiums (APG) Neckarelz eingeladen hatte. Die Zuhörer erlebten einen bemerkenswerten Vortrag und beteiligten sich rege an der abschließenden Diskussion.

Markus Wieland, gerade erst wiedergewählt für eine weitere Amtszeit als Vorsitzender des Mosbacher Geschichts- und Museumsvereins, ist Lehrer für Geschichte und Latein am Nicolaus-Kistner-Gymnasium und ehemaliger Schüler des APG. Bereits während seines Studiums interessierte er sich für die weltlichen und religiösen Einflüsse, die die Gegend zwischen Bauland und Kraichgau geprägt haben.

Noch heute sind diese Einflussgrenzen in der Verteilung der Konfessionen und örtlichen Bräuche nachweisbar. So hängen die konfessionellen Verhältnisse einer Gemeinde bis heute stark von deren territorialer Zugehörigkeit im 16. und 17. Jahrhundert ab. Die meisten reichsritterschaftlichen Dörfer der Region, zum Beispiel Neckarmühlbach und Neckarzimmern, sind bis heute überwiegend evangelisch.

Dörfer, die damals unter geistlicher Oberhoheit standen, zum Beispiel Billigheim und Katzental, blieben überwiegend katholisch. Dörfer und Städte, die kurpfälzisch waren, beispielsweise Mosbach und Neckarelz, sind wegen der zahlreichen Konfessionswechsel der Kurfürsten von der Pfalz heute meist mehr oder weniger durchmischt. 1521 wurde durch die Reichsritter - den Anfang machte Dietrich von Gemmingen-Guttenberg - die Reformation schrittweise im lutherischen Sinne eingeführt. Die Kurpfalz folgte 1556, die geistlichen Territorien unserer Region dagegen wurden von der Reformation kaum berührt.

Vor der protestantischen Kirchenunion in Baden 1821 gab es zunächst zwei verschiedene protestantische Konfessionen, Lutheraner und Calvinisten. Der Calvinismus, der ab 1563 in der Kurpfalz dominant war, forderte eine strenge Kirchenzucht (zur Sicherung der Ordnung). Fast alle Feste wurden verboten, die Bevölkerung unter strenge Aufsicht gestellt.

Einzig die Kerwe blieb auch in der calvinistischen Kurpfalz erlaubt und wurde daher dort das bedeutendste Dorffest im Jahreslauf. Erst im Westfälischen Frieden 1648 wurde die Regel abgeschafft, dass der Landesherr die Konfession seiner Untertanen bestimmt. Die katholische Kurlinie, die ab 1685 die Kurpfalz regierte, förderte allerdings die Gegenreformation. Dies führte zu einer teilweisen Rekatholisierung, an die zum Beispiel heute noch die Mauer in der Mosbacher Stiftskirche erinnert.

Markus Wielands Vortrag war der eines Vollbluthistorikers, von dem sich so mancher Universitätslehrer eine Scheibe abschneiden könnte. Nur mit einem kleinen Zettel als Erinnerungshilfe hatte er Zahlen und Namen in unglaublicher Fülle jederzeit parat, wusste komplexe historische Hintergründe detailliert, aber verständlich darzustellen. Alte Chroniken, die für Laien trocken und schwer zu lesen wären, sind für ihn wahre Schatzkammern, in denen er immer wieder spannende Zusammenhänge entdeckt.

So zum Beispiel, dass bis ins 20. Jahrhundert hinein die soziale Stellung, Bildungschancen und sogar das Wahlverhalten stark konfessionell geprägt war. So wählten im Kreis Mosbach bei den beiden Reichstagswahlen 1932 fast alle protestantischen Dörfer mehrheitlich die NSDAP, fast alle katholischen mehrheitlich die Zentrumspartei. Nach dem Krieg entwickelten sich die katholischen Dörfer meist zu Hochburgen der CDU, die in den protestantischen Dörfern viel weniger Wähler erreichte. Sie sind also immer noch ein wenig sichtbar, die Spuren der Reformation im Mündungsgebiet der Elz, auch wenn die historischen Grenzverläufe sich heute mehr und mehr verwischen.

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