Beseitigung der Unwetterschäden im Hohen Odenwald dauert an

Der Hagel kam sogar aus der Toilette: Mit der Aufarbeitung der Unwetterschäden ist man auch im Hohen Odenwald noch lange beschäftigt.

19.08.2016 UPDATE: 20.08.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 45 Sekunden
Unübersehbar sind an der Schollbrunner Mühle nach wie vor die Spuren, die das Unwetter Ende Mai hinterlassen hat. Doch nicht nur dort ist man mit der Aufarbeitung der Schäden wohl noch lange beschäftigt. Fotos: Schattauer

Von Heiko Schattauer

Mosbach/Waldbrunn. Der Bach plätschert friedlich vor sich hin, die Sonne scheint - es ist wirklich idyllisch hier an der Schollbrunner Mühle. Der Blick hinter die Mühle in Richtung Weisbach offenbart dann aber (nach wie vor), dass es mit der Idylle an jenem Unwetterabend am 28. Mai ganz schnell vorbei war. Im Hohen Odenwald wütete das Unwetter, das später auch noch weitere Gemeinden in der Region so heftig treffen sollte, zuerst, über Felder und Wege schossen Sturzbäche talwärts. An der Schollbrunner wie auch an der gegenüber des Bachlaufs liegenden Weisbacher Mühle kamen gleich mehrere Ströme zusammen, an "Wasser von allen Seiten", erinnert sich Anne-Kathrin Keßler-Henkel. Vom Wasser ist heute nichts mehr zu sehen, wohl aber von dem, was es angerichtet hat...

Mit dem "Klaro" als kleinem Symbol für die Unterstützung durch die Spendenaktion "RNZ-Unwetterhilfe NOK" (in deren Rahmen wurden 44 000 Euro gesammelt und an Betroffene verteilt) haben wir dieser Tage an der Schollbrunner Mühle vorbeigeschaut, ebenso wie bei weiteren Spendenempfängern im Dorf selbst. Und einmal mehr festgestellt, dass die Aufarbeitung der Schäden noch längst nicht abgeschlossen ist. An den Mühlen zwischen Schollbrunn und Weisbach werden die mächtigen Steinbrocken im Bachlauf des Weisbachs wohl dauerhaft an dieses außergewöhnliche Wetterereignis im Mai 2016 erinnern. Auch die mächtige Eiche, die - von den Wassermassen unterspült - entwurzelt wurde und das Gartenhaus von Anne-Kathrin Keßler-Henkel unter sich begrub, verdeutlicht weiter die Zerstörungskraft des Unwetters. Das Hauptproblem an der Schollbrunner Mühle scheinen aber vor allem die alten Grundmauern am denkmalgeschützten Gebäude zu sein. Vom vormals 30 Meter langen (auch zum Hochwasserschutz) errichteten Mauerwerk sind nur noch Fragmente übrig. Den Rest hat es weggespült. Ebenso wie ein riesiges Stück der Böschung. "Da wurden Steine und Erde von wahnsinnigem Ausmaß bewegt", sagt Anne-Kathrin Keßler-Henkel, "Sie werden es nicht glauben, aber das Haus hat gewackelt". Schaden in sechsstelliger Höhe sei durch die Flut entstanden, die Regulierungsfrage bis dato noch ungeklärt. Denn auch für die Versicherung sei dies ein Spezialfall: So liegen die alten Grundmauern zwar außerhalb des heutigen Mühlengebäudes, sind aber nach wie vor fester Bestandteil des Hauses.

Den Nachbarn in der Weisbacher Mühle habe es indes mindestens genauso schwer getroffen, erläutert Keßler-Henkel beim Blick ins Tal. Die Gebäude dort lägen schließlich noch etwas tiefer, die braune Flut sei direkt ans Haus geströmt. Überhaupt müsse man nun auch über Maßnahmen zur Schadensprophylaxe nachdenken, möglicherweise Veränderungen am Bachlauf vornehmen.

Gar keinen Bach in seiner Nähe hat Frank Spatz, der im Wasenweg in Schollbrunn zuhause ist. Immense Überschwemmungsschäden hat ihm das Unwetter Ende Mai dennoch beschert. Über den Hauptkanal drückte das Wasser in den u. a. als Büro genutzten Keller, machten den allergrößten Teil der Einrichtung - unter anderem auch ein teures Atemgerät - unbrauchbar. Eine Elementarschadensversicherung für den Hausrat hat der Kfz-Sachverständige nicht. Aus Hamburg in den Hohen Odenwald gezogen, hatte ihm sein Versicherungsmakler noch erklärt: "Absaufen wirst du hier oben ja sicher nicht..." Wie man sich doch täuschen kann.

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Viele Unwetterspuren wurden bereits beseitigt, "die Trocknungsgeräte sind seit vorgestern draußen", erklärt Frank Spatz. Rund 3900 Kilowattstunden Strom waren seit Ende Mai notwendig, um die Feuchtigkeit aus Böden und Wänden zu ziehen. Sein Büro hat Spatz aktuell am Tresen: Computer, Telefon und Co. hat der Sachverständige an einer im Erdgeschoss eingebauten kleinen Bar eingerichtet. Dort zeigt er beim Vor-Ort-Besuch auch noch eine kuriose Aufnahme vom Tag nach dem Unwetter. Im Wasenweg hat es nämlich sogar im Keller gehagelt! Aus der Toilette im Untergeschoss drückten die Hagelkörner, um sich schließlich als stattlicher Haufen auf dem Fußboden zu sammeln.

Unmengen Hagel hatten auch die Nachbarn im Hof liegen. Davon ist bei Familie Baumbusch zwar heute nichts mehr zu sehen, mit der Aufarbeitung der Unwetterschäden ist man dennoch weiterhin beschäftigt. Das Kellergeschoss ist seit geraumer Zeit das Hauptbetätigungsfeld von Margarete und Helmuth Baumbusch. Für die Hilfe aus der RNZ-Spendenaktion ist man sehr dankbar: "Ich war völlig geplättet, als ich davon erfahren habe", sagt Margarete Baumbusch: "Vielen Dank an die RNZ-Leser."

Aufgearbeitet werden die Unwetterschäden ab Montag nun auch an der Kreisstraße zwischen Schollbrunn und Weisbach. Für rund 250 000 Euro werden Straßenunter- und aufbau saniert. Bis Ferienende soll die Verbindung wieder befahrbar sein.

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