Beeindruckender Zusammenhalt nach dem Unwetter in Waldbrunn

Sieben Monate nach dem Unwetter sind in Waldbrunn noch einige Schäden zu beheben

28.12.2016 UPDATE: 29.12.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 50 Sekunden

Dieser Graben an der Erdaushubdeponie in Schollbrunn war vor dem Unwetter ein gerne genutzter Feldweg. Nun kann man darin stehen. Foto: privat

Von Stephanie Kern

Waldbrunn. Dass ein Wald sich verändert, ist ganz natürlich. Dass ein Wald sich so verändert, das ist außergewöhnlich. Außergewöhnlich, das trifft auch auf das Unwetter zu, das am 28. Mai über Waldbrunn stand. Hinweggezogen ist es (leider) nicht. Etwas weniger als eine Stunde hat es geschüttet, mehr als 100 Liter auf den Quadratmeter kamen runter. Und hier im Wald, da haben sich Wasser, Geröll und Schlamm ihren Weg gesucht.

An den Anruf aus Waldbrunn an diesem Abend erinnert sich Bürgermeister Markus Haas noch ganz genau. Auf einer Hochzeit war er zu Gast, gefeiert wurde in Obrigheim. Auch hier regnete es an diesem Abend stark. Aber bei Weitem nicht so wie im Hohen Odenwald. "Ich dachte mir, wie soll ein Dorf, dass über 500 Meter liegt, unter Wasser stehen?", sagt Haas und meint damit Schollbrunn. Dort wälzte sich das Wasser durch die Straßen, riss Autos mit fort und schwere Sandsteinblöcke, die eigentlich auf den Platz vor die Kirche gehören. "Das konnte ich mir so nicht vorstellen", bekennt Haas, der noch im Anzug nach Waldbrunn geeilt war. Unterwegs sei ihm aber immer mehr bewusst geworden, dass hier etwas Ernstes passiert sein musste. Angekommen in Schollbrunn, bemerkte er gleich die Aufgeregtheit. "Erst als ich mit der Feuerwehr unterwegs war, habe ich das Ausmaß sehen und begreifen können", so der Bürgermeister.

An vielen Ecken in Waldbrunn ist das Unwetter auch heute, sieben Monate danach, noch zum Greifen nah. In der Talstraße in Schollbrunn zum Beispiel. Hier könnte der Gemeinde eine riesige Maßnahme mit immensen Kosten drohen. "Niemand weiß, wie es im Untergrund aussieht", sagt Haas. 3,6 Millionen Euro könnte die Sanierung kosten. "Das ist jetzt natürlich nicht nur wegen des Unwetters so teuer", erklärt Haas. Es mache aber keinen Sinn, die Straße irgendwie zu flicken. Denn in den nächsten zehn Jahren hätte man sie wahrscheinlich eh angehen müssen, nur ist sie jetzt in der Prioritätenliste nach oben gerutscht. "Andere Maßnahmen müssen dafür zurückgestellt werden."

Eine "Soforthilfe" wie für die betroffenen Bürger hat es für die Gemeinden nicht gegeben, und auch eine Elementarschadensversicherung für die Straßen gibt es nicht. Aber: "Wir sind im Gespräch, und es ist Bewegung drin", hofft Haas auf weitere Zuschüsse aus dem Ausgleichsstock. Und die könnte die Gemeinde auch brauchen, wenn Markus Haas so zusammenrechnet: "30.000 Euro für die Pumpen der Feuerwehr, 30.000 Euro für die Wasserläufe, 10.000 Euro für den Kanal, 10.000 Euro für die Kläranlage, 30.000 Euro für die Straße zwischen Ober- und Unterhöllgrund, 150.000 Euro für die Schäden im Wald...". Am Ende stehen auf seinem Zettel 360.000 Euro. "Geschätzt - was schlussendlich dabei rauskommt, ist schwer zu sagen", relativiert er die Schätzung gleich wieder. Und dazu kommt dann eben noch die Talstraße.

Auch interessant
: Unwetterfolgen in Waldbrunn: Von der Landesregierung enttäuscht
: Beseitigung der Unwetterschäden im Hohen Odenwald dauert an

Auch die Schadensbehebung im Wald wird wohl ein Langzeitprojekt für die Gemeinde. An manchen Stellen hängen Glasfaserkabel in der Luft, die vorher einen Meter unter der Erde waren. Nun schweben sie frei, Internet und Telefon am schwebenden Faden, sozusagen. Und überall liegt Plastik, das zum Isolieren von Leitungen durch den Wald verwendet wurde. Hier blieb kein Stein auf dem anderen - ganz buchstäblich. Und es helfen nur ein versierter Baggerfahrer und viel, viel Handarbeit. Ein Begrenzungspfosten liegt auch im Unterholz.

Wenn Kapazitäten da sind, muss im Wald geschafft, geräumt, gebaggert werden, auch die Wald- und Feldwege müssen an vielen Stellen repariert werden. Haas meint: "Ich bin froh, dass niemand im Wald unterwegs war. Und dass die verheerenden Schäden sich auf den Wald konzentrierten und nicht in den Orten." So sei wenigstens die Bevölkerung nicht in Gefahr gewesen.

Auch an der Schollbrunner und Weisbacher Mühle ist nichts so wie vorher. Das Bachbett ist teilweise um vier Meter breiter geworden. Die Böschung an vielen Stellen abgerutscht, ein kleiner Steg wurde weggerissen, eine Brücke, über die sonst Autos und Kleinlaster gefahren sind, ist gerade noch einen guten Meter breit. "Da sieht man, welche Kraft das Wasser hat", sagt Markus Haas, der den Kopf schüttelt, angesichts der Schäden, die das Unwetter zurückgelassen hat. Den Feldweg an der Erdaushubdeponie Schollbrunn gibt es nicht mehr, einen 1,50 Meter tiefen Graben hat das Wasser hier reingefräst.

Beeindruckt war der Bürgermeister aber auch. Davon, wie auf dem Winterhauch zusammengearbeitet wurde, wie schon die kleinsten Waldbrunner am nächsten Tag mit Besen in der Hand zusammenhielten. "Das bleibt in Erinnerung", ist Markus Haas überzeugt. Mindestens genauso wie die Schäden, der Regen und die Bilder des Tages.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.