Von der Decke tropft Wasser, zum Schlafen ist es zu kalt

Flüchtlingsnotunterkunft in Lützelsachsen ist kaum mehr zumutbar - Auch in Leimens Industriehalle fehlt es an allen Ecken und Enden

27.11.2015 UPDATE: 28.11.2015 06:00 Uhr 1 Minute, 46 Sekunden

Außenverkleidung? In Lützelsachsen stellenweise kaum vorhanden. Foto: Kreutzer

Von Philipp Weber und Nikolas Beck

Weinheim/Leimen. In Weinheims Vorort Lützelsachsen drücken sich am Freitagabend eiskalte Nebelschwaden an die Bergstraßenhänge, als die Heizung in der Winzerhalle erneut ausfällt. Knapp 120 Asylbewerber hat der Rhein-Neckar-Kreis in der früheren Handballerstätte untergebracht. Seit Mitte Oktober dient die Halle als Notunterkunft für Männer aus Syrien, dem Irak und Afghanistan. Schon im kommenden Frühjahr soll das Gebäude abgerissen werden. Der Kreis muss dann eine neue Unterkunft für die Flüchtlinge suchen. Lützelsachsens Sportvereine bekommen dafür eine neue Spielstätte.

Warum die Vereine jahrelang eine neue Halle gefordert haben, wissen die jungen Kriegsflüchtlinge nur zu genau: "Hier tropft Wasser von der Decke herab. Es ist sehr kalt", sagt ein Syrer auf Englisch. "Cold, very cold!", bestätigt ein Landsmann. Jeder hier trägt Jacke oder Kapuzenpulli.

Mit der offenbar undichten Decke und der kaputten Heizung ist die Mängelliste noch nicht abgeschlossen: Die alten Handballerduschen sind der Menschenmasse nicht gewachsen, die Wand muss an einigen Stellen ohne Isolierschicht auskommen. Die Folge: Zwischen den "Wohnzimmern" der Flüchtlinge und der Winterluft liegt stellenweise nur eine dünne Außenverkleidung aus Blech.

Der Kreis und die Stadt Weinheim sind informiert, man bemühe sich händeringend um Abhilfe, so Weinheim-Sprecher Roland Kern. Zuvor sollen Helfer schon den Feuerwehrnotruf alarmiert haben. Inzwischen sorgt ein elektrischer Industrieheizer für etwas warme Luft. Ein Heizungsdienst schickt auch am Freitagabend einen Mitarbeiter, der die notdürftig aufgerüstete Hallenheizung wieder zum Laufen bringen soll. Doch vor allem Weinheimer Bürger sorgen dafür, dass die Lage der Menschen nicht vollends unerträglich wird: Etwa mit Kleiderspenden oder dem freitäglichen Café in der evangelischen Gemeinde. "Die Jungs konnten letzte Nacht vor lauter Kälte kaum schlafen", sagt eine der Gemeindevorsteherinnen. Der Kreis müsse handeln - und die Männer an einem anderen Platz unterbringen.

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Welche Herausforderungen der Winter in der Travemünder Straße in Leimen mit sich bringt, das bleibt abzuwarten: "Die Heizung funktioniert, aber ob die Halle dicht ist, ob es hinein regnet, das wissen wir noch nicht", sagt Sozialarbeiter Heiko Knoll. Erst vor zehn Tagen wurde die Leimener Notunterkunft des Rhein-Neckar-Kreises in Betrieb genommen. Inzwischen sind bereits rund 300 Flüchtlinge dort untergebracht.

Die Arbeiten an der ehemaligen Gewerbehalle sind aber noch in vollem Gange: So ist noch nicht jede der 30 Parzellen, die sich jeweils zehn Männer teilen, mit einem Sichtschutz ausgestattet. Die Firma, die die Planen herstellt, hat Lieferschwierigkeiten. Auch die sanitären Anlagen sind noch nicht fertig, 20 Toiletten und acht Duschen gibt es derzeit. Zwölf weitere Duschen sind noch im Bau. Die Stromanschlüsse reichen bisher ebenfalls nicht aus. Lediglich in einem Gemeinschaftsbereich gibt es eine Leiste mit ein paar Steckdosen. Es sind Anlaufschwierigkeiten, die zeigen, welche Eile geboten war: Als die ersten rund 100 Männer vor der Halle standen, wurden in deren Innerem gerade noch die Betten aufgebaut.

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