Totschlagsprozess in Mannheim: War er unschuldig oder tötete er die 31-Jährige im Wahn?
Beide Verteidiger plädierten am gestrigen Freitag auf Freispruch. Allerdings aus völlig unterschiedlichen Gründen.
Von Willi Berg
Mannheim. Im Prozess um den gewaltsamen Tod einer jungen Frau hat die Staatsanwaltschaft gestern 13 Jahre und sechs Monate Haft wegen Totschlags gefordert. Die beiden Verteidiger plädierten auf Freispruch - aus völlig unterschiedlichen Gründen. Eine Anwältin hält ihren Mandanten für unschuldig. Ihr Kollege glaubt dagegen, der Student habe die Tat im Wahn begangen.
Für Oberstaatsanwalt Oskar Gattner steht fest: Der Angeklagte hat das Opfer einen Tag vor Silvester 2015 frühmorgens am Mannheimer Neckarufer angegriffen. Mit einem Messer stach er auf die 31-Jährige ein und zertrümmerte ihr den Schädel mit einem Stein. Mindestens 10 bis 15 Mal habe er "mit erheblicher Wucht" auf ihren Kopf geschlagen.. Dann warf er die schwer verletzte Frau in den Neckar, wo sie ertrank, sagte Gattner.
Staatsanwalt: Ein Motiv ...
Wochen später wurde die Leiche in Südhessen aus dem Rhein geborgen - über 50 Kilometer vom Ort des Verbrechens am Neckarufer entfernt. Dort seien umfangreiche Spuren von Opfer und Täter gefunden worden, sagte Gattner. Die Schuld des Angeklagten ist für ihn "ohne jeden vernünftigen Zweifel belegt". Ein Motiv sei aber "nicht erkennbar".
Verteidigerin Miriam Weis hält dagegen ihren Mandanten für unschuldig. Die Indizien reichten nicht aus. Es sei nicht gelungen, das Geschehen aufzuklären. Ganz anders Mitverteidiger Maximilian Endler: Er glaubt, dass der 26-Jährige die Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen hat. "Es gibt keinen für einen normalen Menschen nachvollziehbaren Grund für die Tötung", sagte Endler. Sein Mandant leide an einer halluzinatorischen paranoiden Schizophrenie und lebe in einem "eigenen Wahnsystem". Der Student habe keinerlei Krankheitseinsicht und sei eine Gefahr für die Allgemeinheit. Er gehöre deshalb nicht ins Gefängnis, sondern in eine psychiatrische Anstalt. "Freiwillig lässt er sich nicht behandeln."
... ist nicht erkennbar
Der Angeklagte war vor drei Jahren in der Psychiatrie, weil er infolge exzessiven Drogenkonsums psychotisch wurde. Auffällig geworden ist er aber in letzter Zeit offenbar nicht. Das drogensüchtige Opfer wohnte im Zimmer neben ihm im Stadtteil Jungbusch. Beide hatten aber offenbar keinen näheren Kontakt zueinander. Der 26-Jährige bestreitet, seine Mitbewohnerin getötet zu haben. Der Student behauptet, sein Vermieter habe am Neckarufer Spuren gelegt, um ihm das Verbrechen in die Schuhe zu schieben. Der Vermieter habe häufig Ärger gehabt mit der 31-jährigen Bewohnerin und wollte sie loswerden, sagte Verteidigerin Weis. Jeder hätte die ihrem Mandanten zugeschriebenen Spuren am Neckarufer legen können.
Ein Spaziergänger hatte dort eine blutverschmierte Mütze gefunden. Wochenlang rätselte eine 40-köpfige Sonderkommission, was geschehen war. Erst der Fund der Leiche brachte traurige Gewissheit: Die Wasserschutzpolizei barg bei Rüsselsheim die im Rhein treibende Leiche. Vermisst hatte die zurückgezogen lebende Frau bis dahin niemand.