Die "Nagelbrett-Bande" terrorisierte Autofahrer ein Jahr lang

Rhein-Neckar/Karlsruhe. Nächtliche Attacken im Straßenverkehr: Gullydeckel, Fernseher oder Bäume wurden auf Straßen gelegt. Jetzt steht das Quartett vor Gericht

16.11.2012 UPDATE: 16.11.2012 06:27 Uhr 1 Minute, 36 Sekunden

Von Volker Knopf

Rhein-Neckar/Karlsruhe. Die Anklageschrift hatte es in sich. 19 Fälle von gefährlichen Eingriffen in den Straßenverkehr sowie zehn Brandstiftungen wird einer Clique von vier jungen Männern vorgeworfen. Jetzt müssen sich die 22- bis 30-Jährigen vor dem Landgericht Karlsruhe verantworten. Die so genannte "Nagelbrett-Bande" soll ein Jahr lang - von März 2011 bis März 2012 - mit ihren nächtlichen Angriffen Autofahrer im nördlichen Landkreis Karlsruhe sowie südlichen Landkreis Rhein-Neckar terrorisiert haben. Ein Wunder, dass niemand ernsthaft verletzt wurden.

Dass es sich dabei keineswegs um "Dumme-Jungen-Streiche" handelte, machte der Staatsanwalt in seiner Anklage deutlich. Der Tatvorwurf lautet mehrfacher versuchter Mord sowie Brandstiftung in zahlreichen Fällen.

Immer wieder sollen die aus Kraichtal, Hambrücken und Bad Schönborn stammenden Angeklagten schwere Gegenstände auf Verkehrsstraßen der Region - vornehmlich hinter Kurven - gelegt haben, um so Pkw-Fahrer in lebensgefährliche Situationen zu bringen. Bei St. Leon-Rot wurde ein Baumstamm mit einem Umfang von einem Meter auf die Fahrbahn gelegt, ebenso auf der B 3 bei Wiesloch. In beiden Fällen fuhren Autos ungebremst auf die unerwarteten Hindernisse, wobei jedes Mal erheblicher Sachschaden entstand.

Bei Gochsheim wurde ein Fernsehgerät auf die Fahrbahn gestellt, auf der L 555 nach Kronau ein eigens gezimmertes Nagelbrett. Auch Gullydeckel, Sockel von Verkehrsschildern sowie Zementsäcke kamen zum Einsatz. Bei Kronau schmierte die Bande Altöl auf die Fahrbahn; auf der L 553 nach Kraichtal wurden im Winter 20 Liter Wasser ausgeschüttet, um eine Eisbahn entstehen zu lassen. Bei einem ihrer nächtlichen Angriffe auf den Straßenverkehr versteckten sich die Übeltäter im Wald, um so den Unfall sowie den Einsatz der Rettungskräfte und der Polizei zu beobachten.

Auch die Brandstiftungen hatten es in sich. In Bad Schönborn ging ein Bagger, in Östringen ein Lkw, in Kraichtal-Menzingen ein Linienbus in Flammen auf.

Weshalb kam es zu einem solchen Exzess sinnloser Gewaltaktionen? In 13 Verhandlungstagen will das Landgericht dies klären. Auf der Anklagebank präsentierten sich vier harmlos wirkende, völlig unscheinbare junge Männer. Deren Vita las sich nahezu identisch: Allesamt aus dem nördlichen Landkreis Karlsruhe, in der Schule keine Helden, aber alle mit Haupt- oder Realschulabschluss, alle aus der Autoschrauber-Szene, alle mit einem geregelten Beruf, zumeist Kfz-Mechaniker, Mechatroniker oder Werkzeugmacher. Das Hobby zum Beruf gemacht, gutes Einkommen, keinerlei Vorstrafen. Meist wohnten sie mietfrei bei den Eltern, alle haben zwei oder drei Autos.

Vor dem Landgericht zeigten sich die Männer reumütig und räumten die Taten ein. Man habe "den Thrill gesucht", wollte etwas Verbotenes tun und fand das Ganze "aufregend". Wie sich dies auf ihr weiteres Leben auswirken wird, entscheidet das Gericht Mitte Dezember.

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