Mannheimer Uniklinikum: Seit Jahren nicht ganz sauber

Schon 2007 rügte das Regierungspräsidium Hygienemängel im Mannheimer Uniklinikum - Die OP-Kapazität ist inzwischen wieder auf Normalniveau

20.05.2015 UPDATE: 21.05.2015 06:00 Uhr 1 Minute, 28 Sekunden

Nach dem Hygieneskandal ist im Mannheimer Uniklinikum weitgehend Normalität eingekehrt. Foto: dpa

Von Alexander Albrecht

Mannheim. Ende April verschickte die Pressestelle der Stadt Mannheim eine Mitteilung über den Bericht einer Expertenkommission, die seit November die Ursachen für den Hygieneskandal am Uniklinikum herausfinden und Verbesserungsvorschläge ausarbeiten sollte. Tenor: Das Krankenhaus ist auf einem guten Weg. Das Gutachten wurde im Auftrag des von Oberbürgermeister Peter Kurz geführten Aufsichtsrats erstellt; die Erkenntnisse der Spezialisten waren nach Auskunft der Stadt eigentlich nur für das Kontrollgremium bestimmt.

Eigentlich. Inzwischen sind die Ergebnisse durchgesickert. Tatsächlich loben die fünf Experten in dem gut 50-seitigen Papier die von den neuen Geschäftsführern Jörg Blattmann und Professor Frederik Wenz eingeleiteten Schritte - von der Schulung der Mitarbeiter im Hygienebereich über verbesserte Arbeitsabläufe bis zur neu aufgestellten Sterilgutversorgung. Letztere wurde zentralisiert, mit Fachkräften einer Fremdfirma verstärkt und direkt der Klinikleitung unterstellt. Rund 80 Prozent der Operationsinstrumente wurden ausgetauscht. Die Zahl der Eingriffe liegt inzwischen wieder auf Normalniveau.

Was die Stadt im April jedoch nicht mitteilte und erst jetzt an die Öffentlichkeit drang: Schon lange vor Bekanntwerden der Affäre im Herbst 2014 ging es in dem Krankenhaus wohl nicht ganz sauber zu. Laut Expertenbericht hatte das Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe 2007 nach einer Begehung eine Mängelliste vorgelegt.

Schon damals habe die Behörde die Aufbereitung des OP-Bestecks in der Sterilgutversorgung gerügt und von "Unzulänglichkeiten, aber auch Verstößen gegen verbindliche Vorschriften" gesprochen. Es sei bekannt gewesen, dass Sets mit chirurgischen Instrumenten unvollständig gewesen seien sowie Zangen, Skalpellen und Scheren auch schon mal Gewebereste angehaftet hätten.

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Ob und wie die damalige Klinikleitung darauf reagiert hat, konnten die Gutachter nicht nachvollziehen. Die Unterlagen dazu sind vermutlich bei der Staatsanwaltschaft. Die hatte im Oktober nach den Beanstandungen des RP und einer anonymen Anzeige kiloweise Schriftstücke und Operationsbesteck beschlagnahmt. Ermittlungen laufen gegen sechs Krankenhausmitarbeiter aus den Bereichen Logistik und Verwaltung - darunter auch der frühere Klinikgeschäftsführer Alfred Dänzer, der zurückgetreten war.

Der scheidende Dekan der Medizinischen Fakultät, Professor Uwe Bicker, hatte in einem offenen Brief erklärt, die beanstandeten Hygienemängel seien letztlich nur durch Dänzers "betriebswirtschaftliches Kalkül" und seinen "Willen nach Kostensenkungen" verursacht worden. Auch aus Sicht des Expertengremiums hat die frühere Klinikleitung in Sachen Hygiene weitgehend versagt. Die Gutachter kritisieren bauliche Mängel, zu wenig und häufig unzureichend qualifiziertes Personal, unübersichtliche Verantwortlichkeiten und ein "nicht umgesetztes Risikomanagement" in der Dänzer-Ära.

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