Ein Platz für Schwefel

Neue Zerreißprobe für den Jungbusch?

Initiative möchte Quartiersplatz nach dem verstorbenenen Musiker Norbert Schwefel in "Schwefelplatz" umbenennen - Das gefällt nicht jedem

04.04.2017 UPDATE: 05.04.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 14 Sekunden

Von der Teufelsbrücke aus gelangt man auf den Quartiersplatz im Jungbusch, der an das C-Hub (links) angrenzt. Fotos: Millenet

Von Jan Millenet

Von den Bewohnern hart umkämpft, entstand 2007 im Mannheimer Stadtteil Jungbusch zwischen Teufelsbrücke, Aral-Tankstelle und dem heutigen Kreativwirtschaftszentrum C-Hub ein Platz, der vor allem ein Ort der Begegnung sein sollte. Auch Besuchern des Szenestadtteils dürfte der bisher eher pragmatisch benannte Quartiersplatz ein Begriff sein, nicht zuletzt als Veranstaltungsort des beliebten Kulturfests "Nachtwandel". Nun werden die Rufe lauter, dem Platz doch einen passenderen Namen zu geben. Doch in der aktuellen Situation, in der sich der Stadtteil befindet, dürfte das nicht ganz so einfach werden.

Die Jungbuschbewohner haben den verständlichen Wunsch geäußert, an der Namensfindung teilzuhaben. Es gibt auch schon verschiedene Vorschläge, aber die gehen in verschiedene Richtungen. Die Idee zur Umbenennung des Quartiersplatzes brannte nach dem plötzlichen Tod des Musikers Norbert Schwefel auf. Der gebürtige Lampertheimer, der viele Jahre im Jungbusch lebte, starb nach langer Krankheit im Juli 2015.

Er habe in der Vergangenheit aufgezeigt, was den Jungbusch ausmache. "Menschen zusammenbringen", erklärt Quartiermanager Michael Scheuermann. Das findet auch eine Initiative aus den Reihen des Kulturamts und der Mannheimer Grünen, die eine Onlinepetition ins Leben gerufen haben, um sich für die Benennung des Quartiersplatzes in "Schwefelplatz" starkzumachen. "Es wäre ein würdiger Umgang mit einer überregional anerkannten Künstlerpersönlichkeit, wie es Norbert Schwefel zweifellos war, diesen Platz mit dessen Namen zu adeln", heißt es unter anderem in der Begründung.

Doch es gibt auch Gegenstimmen. Diese würden eher einen Namen wie "Platz der Nachbarschaft", "Platz der Begegnung" oder "Platz der Toleranz" bevorzugen, wie Scheuermann erzählt. Denn nicht jeder Jungbuschbewohner kenne Norbert Schwefel oder könne sich mit ihm identifizieren. "Platz der Freundschaft" oder Ähnliches könnte jedoch symbolisch für die Toleranz und das Engagement aller im Jungbusch Wohnenden und Aktiven stehen, ohne dabei eine Person besonders hervorzuheben.

Ein allgemeiner Name also oder die Hervorhebung einer Person? "Das ist keine leichte Frage", sagt der Quartiermanager. Er geht dabei auf die aktuelle Situation im Jungbusch ein, "wo vieles in Bewegung ist und wo auch viele Kräfte auseinanderstreben". Scheuermann blickt dabei unter anderem auf das Thema "Gentrifizierung", die den Szenestadtteil sehr belastet (wir berichteten). "Gerade jetzt braucht der Jungbusch mehr denn je Gemeinsamkeiten, etwas, wo sich alle Menschen verbinden", gibt der Quartiermanager zu bedenken.

Diese Situation beziehe sich nun auch auf den Quartiersplatz. Scheuermann betont die Bedeutung Schwefels, der nicht nur Musiker, sondern Brückenbauer war. Er habe sich mit dem Jungbusch identifiziert, genauer hingeguckt, und er habe auch die nicht immer glitzernden Welten des Stadtteils musikalisch verarbeitet.

Das deckt sich auch mit der Meinung der Initiative, die sich für die Umbenennung in "Schwefelplatz" einsetzt. "Doch nun gibt es auf der anderen Seite eine Gruppe von Menschen, die sagt: Ein Mensch könne nicht das verkörpern, was der Jungbusch derzeit am meisten benötigt", fährt Scheuermann fort. "Das Gemeinsame." So sei die Diskussion um die Namensgebung entstanden.

Scheuermann selbst fällt es schwer, die Ideen gegeneinanderzustellen. "Denn beide haben etwas herausgearbeitet, das für den Jungbusch zentral und wichtig ist." Die Schwierigkeit sei laut dem Quartiermanager nun, wie man diese positiven Ideen umsetzen kann, ohne dass ein Gegeneinander entsteht.

So unspektakulär die Umbenennung des Quartiersplatzes eigentlich klingt, sie könnte eine kleine Zerreißprobe für den bunten Stadtteil sein. Weitere Diskussionsrunden stehen an. "Ich halte es für sinnvoll und notwendig, dass wir schauen, dass aus dieser Umbenennungsinitiative etwas Gutes entsteht, das den Konsens im Stadtteil fördert und kein Auseinanderdriften bewirkt", so Michael Scheuermann. "Ein Auseinanderdriften von Menschen, die eigentlich das Gleiche wollen." Und möglicherweise eine Spaltung, die der Jungbusch derzeit gar nicht brauchen kann, wenn er einer strukturellen Veränderung entgegenwirken möchte.

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