Todesfahrt in Heidelberg: Angehörige bedanken sich für Anteilnahme
Der 35-jährige Amokfahrer bekreuzigte sich, bevor er auf einen Polizisten losging

Am Bismarckplatz werden immer noch Blumen für das Todesopfer der Amokfahrt niedergelegt. Mittlerweile bedankten sich auch die Angehörigen mit einem Schild für die Anteilnahme. Foto: Alex
Heidelberg. (hö) Auch sechs Tage nach der Amokfahrt vom letzten Samstag ist die Kriminalpolizei "hinsichtlich des Tatmotivs noch keinen Schritt weiter" - so hieß es jedenfalls am Freitag in einer gemeinsamen Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Heidelberg und des Polizeipräsidiums Mannheim. Und weiter: "Nach derzeitigem Stand liegen keine Erkenntnisse zu einer politischen oder religiösen Tatmotivation vor."
Nach RNZ-Informationen ist das zutreffend, allerdings wird eine wichtige Tatsache nicht erwähnt: Der Mann hatte möglicherweise gar kein Motiv im juristischen Sinne, denn er war krank. Er litt über längere Zeit an Depressionen und war in Behandlung, wie die RNZ aus sicherer Quelle erfuhr. Diese Informationen wollte die Staatsanwaltschaft am Freitag nicht bestätigen, weil zurzeit noch ermittelt werde. Stattdessen wiederholte sie in der Pressemitteilung nur den Satz, den sie bereits am Sonntag, am Tag nach der Todesfahrt, geschrieben hatte: "Ob der Tatverdächtige zum Zeitpunkt der Tat möglicherweise vermindert schuldfähig oder schuldunfähig war, ist Gegenstand der Ermittlungen."
Denkbar ist, dass der Mann in einer seelischen Ausnahmesituation war und seinen möglichen Tod nicht nur in Kauf nahm, sondern sogar bewusst herbeiführen wollte. Dafür spricht, dass er sich bekreuzigte, kurz bevor er mit dem Messer auf den Polizisten zuging. Der Beamte schoss in Notwehr und verletzte den 35-Jährigen.
Die sechs Beamten des Dezernats Kapitalverbrechen haben bisher über 30 Zeugen vernommen, während der Tatverdächtige weiterhin schweigt. Er liegt mittlerweile im Gefängniskrankenhaus Hohenasperg. Unterdessen erfuhr die RNZ weitere Einzelheiten über ihn: Der 35-jährige Deutsche ohne Migrationshintergrund - andere Medien gaben seinen Namen mit "Matthias K." an - wohnte in Ziegelhausen, stammt aber nicht aus der Gegend. Er studierte Informatik - wenn auch nicht in Heidelberg - und arbeitete als wissenschaftlicher Mitarbeiter an einem Institut.
Derweil wächst die improvisierte Gedenkstätte am Bismarckplatz. Mittlerweile bedankten sich auch die Angehörigen des bei der Amokfahrt getöteten 73-jährigen Kirchheimers für die Anteilnahme der Öffentlichkeit; sie legten zudem einen Kranz mit der Aufschrift "Deine Frau, Deine Kinder, Enkel und Urenkel" nieder.