Stift Neuburg in Ziegelhausen: Benediktinerabtei kündigt Pächter fristlos
Muss nun auch der Klosterhof schließen? – Die Pläne der Mönche sind unklar – 100 Arbeitsplätze sind in Gefahr

Die Pächter gehen davon aus, dass sie ihren Vertrag bis 2027 erfüllen. Deshalb kamen gestern 18 neue Milchkühe am Stift an, die ein Betrieb aus Ravensburg abgeben musste. Foto: Welker
Von Timo Teufert
Ein weiteres Heidelberger Ausflugsziel könnte bald Geschichte sein: Dem Klosterhof an der Benediktinerabtei Neuburg in Ziegelhausen droht das Aus. Zumindest, wenn es nach dem Willen der Mönche geht. Die haben der Klosterhof Neuburg GmbH & Co KG zum Ende des Jahres fristlos gekündigt - obwohl der Pachtvertrag noch bis 2027 läuft und es eine Option auf Verlängerung um weitere zehn Jahre gibt. Derzeit befinden sich die beiden Parteien in einem Rechtsstreit, Vermittlungsgespräche zum Beispiel von Oberbürgermeister Eckart Würzner verliefen bislang erfolglos.
Hintergrund
Wegen eines Formfehlers soll der Pachtvertrag 2016 enden
tt. Die Benediktinerabtei Stift Neuburg hat bereits zwei Verfahren gegen die Pächter des Klosterhofs angestrengt. In einem ersten Prozess 2013 wollte man sich gegen die Unterverpachtung der
Wegen eines Formfehlers soll der Pachtvertrag 2016 enden
tt. Die Benediktinerabtei Stift Neuburg hat bereits zwei Verfahren gegen die Pächter des Klosterhofs angestrengt. In einem ersten Prozess 2013 wollte man sich gegen die Unterverpachtung der Gastronomie wehren. "Wir mussten aus gesundheitlichen Gründen diesen Teil des Hofes abgeben", sagt Geschäftsführer Zeljko Dadic. Das Landwirtschaftsgericht - es ist zuständig, weil ein sogenannter Landpachtvertrag zwischen den beiden Parteien abgeschlossen wurde - wies die Klage 2014 ab, "da eine Unterverpachtung von Teilen des Klosterhofs im Pachtvertrag unter bestimmten Voraussetzungen ausdrücklich vorgesehen ist", heißt es vom Gericht.
In einem zweiten Verfahren verlangte das Stift 2015 nach außerordentlicher und ordentlicher Kündigung des Landpachtvertrages die Herausgabe der Flächen von der Klosterhof GmbH & Co KG, alternativ die Feststellung, dass der Vertrag zum 31. Dezember 2016 beendet ist. Grund für die Kündigung war eine "Gefährdung der Pachtsache". Dem folgte das Gericht im Januar 2016 nicht, weil die formellen Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung nicht eingehalten wurden. Allerdings stellte es fest, dass der bis 2027 laufende Pachtvertrag zum 31. Dezember 2016 beendet sei, weil die verpachteten Flächen im Vertrag nicht genau genug bezeichnet waren - ein Formfehler im Vertrag also.
Dagegen haben die Pächter des Klosterhofs nun Berufung beim Oberlandesgericht eingelegt. Dass der Sachverhalt nicht so eindeutig zu klären ist, zeigt die Tatsache, dass für den 16. November ein Gütetermin vereinbart wurde.
"Seit Jahren gab es Differenzen zwischen der Stiftsleitung und dem Klosterhof wegen der Betriebsführung", berichtet Abt Winfried Schwab, der seit diesem März im Amt ist. Zahlreiche Veranstaltungen hätten nicht dem vertraglich vereinbarten klösterlichen Rahmen entsprochen. "Trotz vielfacher Versuche konnte kein Einvernehmen hergestellt werden, sodass Abt Franziskus von Heereman 2015 den Pachtvertrag kündigte", heißt es aus dem Kloster. Derzeit prüfe man mögliche Optionen für die Zukunft - "eine Verpachtung ebenso wie eine Eigenbewirtschaftung", erklärt der Abt. Genau die Eigenbewirtschaftung führte vor knapp zehn Jahren dazu, dass die Mönche den Hof verpachteten. Vor allem die Landwirtschaft fiel den immer älter werdenden Brüdern zunehmend schwerer, und man freute sich darauf, sich mehr auf die pastorale Arbeit konzentrieren zu können. "Den Pachtvertrag haben wir damals in gegenseitigem Respekt und enger Abstimmung gemeinsam entwickelt", berichtet Zeljko Dadic, der zusammen mit Hartmut Jäger die Geschäfte führt. Man habe deshalb beim Vertragsabschluss auf eigene Anwälte verzichtet. Besonders bitter stößt den Geschäftsführern auf, dass das Kloster nun gegen einen Formfehler in diesem Vertrag vorgeht, obwohl dieser von den Anwälten der Unternehmensberatung des Klosters aufgesetzt wurde.
"Wir haben das Projekt ,Klosterhof’ langfristig angelegt, deshalb hat der Vertrag auch eine so lange Laufzeit", berichtet Dadic, der mit seinem Geschäftspartner seither über eine Million Euro investiert hat. Da sei es schwierig, alle Details zu fassen. Doch der Geschäftsführer ist sich sicher, dass man den Formfehler auch aus der Welt schaffen könnte. "Stattdessen wurde uns wegen angeblicher Versäumnisse fristlos gekündigt", ärgert sich Dadic. Ratten in der Scheune seien ebenso als Grund angeführt worden wie ein verbeultes Tor. Diese Punkte hat das Gericht aber abgeschmettert. "Nun beruft man sich darauf, dass der Vertrag nicht eindeutig sei", so Dadic.
Der Ärger mit den Mönchen begann, als die Pächter 2012 die Gastronomie aus gesundheitlichen Gründen unterverpachten mussten. In diesem Zusammenhang erfuhren auch die Mönche von den nicht unerheblichen Pachteinnahmen, mit denen aber die defizitäre Landwirtschaft subventioniert werden muss. "Nur durch unsere vielen Standbeine kann das Projekt funktionieren", betont Dadic. Doch statt das Gespräch mit den Pächtern zu suchen, klagte man gegen die Unterverpachtung. "Wir haben nie konkret über eine Pachtzinserhöhung gesprochen", erklärt Dadic, der für eine solche auch offen gewesen wäre. Kaum sei das Projekt "Klosterhof" etabliert, komme es zum Eklat.
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Dadic vermutet deshalb andere Gründe hinter der Kündigung: "Wir glauben, dass der Klosterhof einem noch nicht konkret definierten Ziel des Klosters entgegensteht." Mit Abt Winfried hat offenbar ein Strategiewechsel stattgefunden, denn wie die RNZ erfuhr, kam es auch zu einem Wechsel der Rechtsanwälte. Im Raum steht zum Beispiel der Ausbau des Wallfahrtsortes "Stift Neuburg", mit dem das ökologische Projekt "Klosterhof" nicht mehr zu vereinbaren wäre. Wallfahrten sieht man dort in der Tat als Kerngeschäft an, nicht aber die Landwirtschaft: "Natürlich werden wir alles daran setzen, dieses Angebot den Bedürfnissen der Gläubigen entsprechend auszubauen. Hierzu haben wir bereits Investitionen getätigt. Die Fläche des Klosterhofs ist hierfür nicht notwendig", so Abt Winfried.
Beim Klosterhof gibt man sich kämpferisch, auch im Interesse der rund 100 Mitarbeiter: "Wir werden unseren Vertrag auf jeden Fall erfüllen", sagt Zeljko Dadic.
Hintergrund
Die Klosterhof Neuburg GmbH & Co KG hat den Klosterhof im Oktober 2007 von der Klostergemeinschaft übernommen. Vor allem im stark defizitären landwirtschaftlichen Bereich gab es enorme Pflege- und Instandhaltungsrückstände auf den 26,5 Hektar großen
Die Klosterhof Neuburg GmbH & Co KG hat den Klosterhof im Oktober 2007 von der Klostergemeinschaft übernommen. Vor allem im stark defizitären landwirtschaftlichen Bereich gab es enorme Pflege- und Instandhaltungsrückstände auf den 26,5 Hektar großen Flächen. Die Milchviehherde war überaltert. Hartmut Jäger und Zeljko Dadic wollten die Landwirtschaft erhalten und haben dafür ein ganzheitliches Gesamtkonzept mit nachhaltigem Ansatz entwickelt, um die Kulturlandschaft zu bewahren. Dieses sieht vor, dass die auf dem Hof hergestellten Produkte direkt an den Endverbraucher verkauft werden und biologisch erzeugt sind. Seit 2015 ist der Klosterhof Mitglied in der Erzeugergemeinschaft "Biokreis". Der Verkauf der Waren erfolgt vor allem über den Hofladen und eine eigens dafür gebaute Gastronomie. Zusätzlich wurden Partnerbetriebe wie die "Brauerei zum Klosterhof" angesiedelt. Der Hof wurde zudem zum Lernort erklärt; dafür wurde ein bauernhofpädagogisches Konzept erstellt. Jährlich nehmen rund 2000 Gäste an Kursen und Führungen teil, die meisten davon sind Kinder. tt



