Neue Sperrzeiten in der Altstadt: Fast überall war um 3 Uhr Schluss
Am ersten Wochenende nach der Sperrzeitverkürzung schlossen die meisten Kneipen trotzdem früh - Das wird sich aber noch ändern

"Kann ich schon mal kassieren?", fragt die Kellnerin im "Hörnchen" am Anfang der Unteren Straße, "wir machen bald zu." Dabei ist es kurz vor 3 Uhr an einem Samstagmorgen. Dem Morgen nach dem ersten Freitag, in dem die alte Sperrzeitenregelung der Altstadt nicht mehr gilt und die Bar bis 5 Uhr geöffnet sein dürfte. "Aber es ist ja nichts los", erklärt die Kellnerin. Es ist eben auch das erste Wochenende im Jahr, nur zwei Tage nach Silvester: Viele Studenten sind noch nicht wieder in Heidelberg, und viele Heidelberger sind noch angeschlagen von ihrer Neujahrsfete, hinzu kommt nicht das allerfreundlichste Wetter. Manche Bars blieben an diesem Abend komplett geschlossen, in fast allen anderen war eher wenig los.
Entsprechend sieht es beim "Eckstein" am anderen Ende der Unteren Straße aus: "Wir machen um 3 Uhr zu", erklärt der Türsteher dort und schickt eine Frau mittleren Alters weiter zur Konkurrenz: "Aber beim ,Kaiser' machen die bestimmt bis 4 Uhr." Im "Eckstein" will man - wie in eigentlich allen Altstadtkneipen - nur dann länger öffnen, wenn es der Betrieb erlaubt, heute lohne es sich einfach nicht. "Das wird sich erst nach Fasching richtig eingespielt haben", vermutet der Türsteher. Dann sei die "tote Zeit in der Gastronomie" vorbei, das Wetter besser und bis dahin habe sich wahrscheinlich auch außerhalb Heidelbergs herumgesprochen, dass die Kneipen länger geöffnet sind.
Die Frau, die eben beim Eckstein weitergeschickt wurde, hat das schon lange mitbekommen. Sie steht jetzt vor dem "Kleinen Mohr", der wie sein großes Pendant nebenan schon geschlossen ist. Sie ist hier gelandet, weil auch der "Kaiser" in dieser Nacht nicht viel länger als 3 Uhr offen bleibt. "Ich dachte, heute wären die Kneipen mal länger offen", sagt sie enttäuscht und versucht ihr Glück nun bei der "Sonderbar", in der wenige Meter weiter noch Licht brennt.
Da sie aber eine der wenigen ist, die um diese Uhrzeit noch eine offene Kneipe in der Unteren Straße sucht, hat sie auch dort keinen Erfolg. Hier kommt keiner mehr rein. "Wir werden die neuen Möglichkeiten sicher nutzen, aber nur, wenn es Sinn macht", meint der Türsteher dort, während innen langsam klar Schiff gemacht wird. Und auch wenn es an diesem Freitag keinen Sinn zu ergeben scheint, freut er sich über das "Stück Freiheit", das Heidelberg als "Stadt, die so viel Kultur repräsentieren will" seiner Ansicht nach nun endlich bekommen hat. "Das ist ein schöner Puffer", erklärt er, "so müssen wir die Leute nicht rauswerfen, sondern können den Abend ganz gemütlich ausklingen lassen."
Obwohl also nun alle Bars die Möglichkeit hätten, bis 5 Uhr zu feiern, ist schon um halb 4 überall das Licht aus? Nur fast überall! Eine einzige Bar nutzt die neue Regelung aus und hat ihre Pforten noch geöffnet. Denn während in der "Sonderbar" die Läden zugezogen werden, tanzen gegenüber in der "Destille" die Gäste munter auf den Tischen.
"Wir machen hier nach Ermessen zu", erklärt der Türsteher mit einem Blick nach innen, wo die Gäste dicht gedrängt stehen. Bis um halb fünf wird in dieser Nacht noch gefeiert werden in der einzigen Kneipe, in die sich die Nachtschwärmer noch retten können, die einzige, welche die neue Sperrzeitenregelung schon am Anfang des Jahres halbwegs l ausnutzt.
In der Nacht von Samstag auf Sonntag zeigt sich in der Unteren Straße ein ähnliches Bild. Zwar haben einige Heidelberger wohl ihren Silvesterkater hinter sich gelassen und auch bei bescheidenstem Wetter den Weg in die Altstadt gefunden, aber wirklich viel los ist wieder nicht. Entsprechend schließen die meisten Bars wieder zwischen 3 und halb 4 ihre Pforten. Und wieder ist es vor allem die "Destille", die heraussticht: Schluss ist dort erneut erst um halb fünf in der Frühe.
Ein positiver Nebeneffekt der neuen Sperrzeitenregelung wird aber schon an dem ersten Wochenende deutlich: Die Kneipen schließen nicht mehr alle punktgenau um 3 Uhr, sondern können ihre Gäste auch mal eine viertel Stunde länger bewirten, sodass diese erst nach und nach gehen. So sind es immer nur kleinere Gruppen, die es auf die Straßen spült, um den Heimweg anzutreten oder sich eine neue Bar zu suchen. Entsprechend hält sich - mit Ausnahme der wenigen üblichen Betrunkenen - auch der Lärmpegel in beiden Nächten in Grenzen.
"Normale Lautstärke, die Sperrzeiten wurden eingehalten und es gab keine Beschwerde, die etwas mit den neuen Zeiten zu tun gehabt hätte", zieht auch ein Polizeisprecher auf RNZ-Nachfrage eine positive Bilanz des ersten Wochenendes. Er weist aber auch darauf hin, dass generell recht wenig los gewesen sei in beiden Nächten - und dass sich das mit Sicherheit noch ändern werde im Laufe des Jahres.



