Kurdo K.: Aus dem Irak in die Charts

Kurdo K. flüchtete aus seiner irakischen Heimat, als er acht Jahre alt war – Heute rappt er

31.01.2015 UPDATE: 31.01.2015 13:40 Uhr 2 Minuten, 51 Sekunden

Harte Schale, weicher Kern: Für den Emmertsgrunder Rapper Kurdo K. steht die Familie an erster Stelle. Deshalb hat er auf seinem neuen Album „Almaz“ ein Lied seiner Mutter gewidmet, bei der er auch mit 26 Jahren noch immer lebt. Foto: joe

Von Anica Edinger

Rapper kommen niemals alleine. Sie rücken in Gruppen an. Und passen aufeinander auf. Für Kurdo K. ist es womöglich auch eine Frage des Respekts. Denn er weiß: Was er bislang geschafft hat, das schaffte er im Team. Deshalb kommt er zum RNZ-Gespräch mit seinem Manager und mit seinem Bruder – und wird dabei nicht müde zu betonen, welch tolles Team ihn bei der Produktion seines neuen Albums "Almaz" unterstützt hat. Das erobert gerade die deutschen Charts. Unterdessen steigt Kurdos Bekanntheitsgrad stetig an: Eine halbe Million Facebook-Fans sprechen für sich. Auf dem Emmertsgrund ist Kurdo K. sowieso fast jedem ein Begriff.

Der Heidelberger Bergstadtteil ist seit über 15 Jahren Kurdos zu Hause. "Bei uns grüßen sich immer alle Nachbarn", sagt der 26-Jährige. Man kennt sich. Dort lebt der Rapper – er selbst sagt von sich: "Ich bin Musiker" – im elften Stock eines der Hochhäuser. Und zwar noch immer mit seiner Familie. Gemeinsam mit seinen drei Geschwistern und seiner Mutter flüchtete Kurdo, als er acht Jahre alt war, aus dem Irak. Kurdo erinnert sich genau daran: "Es war ganz früh am Morgen. Wir fuhren mit dem Auto in die Türkei und dann ging es mit dem Boot in Richtung Griechenland und Italien." Zwei weitere Geschwister haben die Flucht nicht überlebt. Viel weiß Kurdo nicht darüber. "Ich frage meine Mama nicht danach, weil sie dann traurig wird", sagt er. Und dass seine Mama glücklich ist, dafür würde Kurdo alles geben. Für die ganze Familie. Denn die geht für den Musiker über alles. "Wenn du niemanden hast, der dich richtig festhält, stürzt du sehr schnell", findet er. Kurdo hatte immer so jemanden. Auch deshalb widmet er einen Song auf seinem neuen Album seiner Mutter.

Sollte die Musik eines Tages genug Geld abwerfen, hat Kurdo einen Wunsch: Ein Haus bauen, "in dem wir alle zusammen wohnen können". Kurdos Vater war bereits in Deutschland, als der Rest der Familie ankam. "Wir lebten ein paar Tage lang zu fünft in einer Einzimmerwohnung", berichtet er. Dann ging es weiter in einige Asylunterkünfte, erst in Offenburg, dann in Kirchheim und in Bergheim, bevor die Familie ihren festen Wohnsitz auf dem Emmertsgrund bekam. Seine erste Erinnerung an Deutschland: Ein blonder Mann mit mehreren Ohrringen – "dass Männer Ohrringe tragen, kannte ich vorher nicht" –, saubere Straßen, "und es war viel ruhiger als im Irak". Ein Teil seiner Familie, Tanten, Onkel und Cousins, leben noch immer dort. Man pflegt den Kontakt, das ist selbstverständlich. Zumal auch Sorge in der Familie herrscht, wenn es Nachrichten von einem Vorrücken der Terrorgruppe "Islamischer Staat" gibt. "Für mich sind das keine Moslems", positioniert sich Kurdo klar. Und dafür hat er auch eine Erklärung: "Ein Staat hat Grenzen", bezieht sich Kurdo auf den Namen der Organisation, "aber der Islam hat keine Grenze". Keine Religion habe eine. Islam bedeutet für Kurdo auch seelische und körperliche Sauberkeit. Er selbst trinkt keinen Tropfen Alkohol, "er macht die Leute mutig – und aus Frauen Männer". Auch Drogen kommen für den Rapper nicht infrage. Mit 16 habe er vielleicht einmal an einem Joint gezogen. Geschmeckt hat es ihm nicht.

Ein unbeschriebenes Blatt ist der Kurde dennoch nicht. Das Berufskolleg II an der Julius-Springer-Schule habe er "leider nicht geschafft", da sein Benehmen zu schlecht gewesen sei. Auch mit der deutschen Sprache hatte er anfangs Probleme. Natürlich sei der Start in Deutschland so schwierig gewesen. Doch Kurdos Familie hat gekämpft, "und jetzt können wir stolz zurückblicken". Kurdo ist ein Pragmatiker. Mit Rassismus habe er zu kämpfen gehabt, "es gab immer Kinder, die nicht mit uns spielen wollten". Aber: "Rassismus gibt es doch überall." Was wirklich zählt: "Dass man selbst Respekt hat vor den Menschen und deren Religionen."

Musikalisch sieht sich der Rapper noch als Rohdiamant. Als Edelstein, der noch geschliffen werden muss. Was in der Musik für ihn zählt, das ist Authentizität. "Die Leute müssen mir glauben, was ich erzähle", sagt er. Deshalb schreibt Kurdo seine Texte auch alle selbst, es geht oft um seine Herkunft, darum, wie man behandelt wird, wenn man als Flüchtling nach Deutschland kommt. Mit Ämtern hat Kurdo beispielsweise so seine Erfahrungen gemacht. Und obwohl Kurdo selbst deutschen Rap macht, hört er privat eine ganz andere Richtung: Michael Jackson gehört zu seinen großen Idolen, ebenso wie James Brown oder Frank Sinatra, "das hat noch Qualität", findet er. Diesen Qualitätsanspruch hat er auch für seine eigene Arbeit. Deshalb wird er sich auf dem Erfolg nicht ausruhen: "Mein nächstes Album wird noch besser werden", versichert Kurdo K.

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