"Herzmariens"-Sekte kam nach Heidelberg zum Kaffeekränzchen

"Herzmariens"-Frauen trafen sich in Ziegelhausen - Geschäftemacherei mit apokalyptischem Gedankengut, aber offenbar nicht kriminell

19.01.2017 UPDATE: 20.01.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 6 Sekunden

Die Bürgerbegegnungsstätte in Peterstal kann man für Veranstaltungen mieten. Sie ist auf der entsprechenden Internet-Plattform des städtischen Kulturamtes verzeichnet. Den Schlüssel gibt es bei der Concordia Peterstal. Foto: Welker

Von Birgit Sommer

Heidelberg. Für die Bürgerbegegnungsstätte in Ziegelhausen-Peterstal war es eine ganz normale Vermietungssache. Eine Patricia Burkert-Mazur wollte dort am 14. Januar nachmittags ein "Kaffeekränzchen" veranstalten für 40 Frauen, die von weiter her angereist kämen, und zahlte dafür 200 Euro. Den Vertrag unterschrieb eine Frau Müller für sie. Für den Gesangverein Concordia Peterstal, der die Vermietung der Begegnungsstätte in der Hand hat, war das Treffen auch kein Problem, denn die Veranstaltung verlief ohne öffentliches Aufsehen und die Räume wurden wieder ordentlich übergeben, wie ein Sprecher der Stadt Heidelberg auf RNZ-Anfrage mitteilte: "Wir haben keine Veranlassung, der Sache nachzugehen."

Für Aufsehen sorgte jedoch die E-Mail-Nachricht einer Frau an die RNZ: Die MDM-Sekte (Maria Divine Mercy) habe die Bürgerbegegnungsstätte in Ziegelhausen unter falschen Angaben gemietet, um dort ihr Betrugsprogramm zu starten. In der E-Mail war die Rede von organisierter Kriminalität, Betrug unter dem Mantel pseudoreligiöser Anliegen und illegalem Bargeldtransfer.

In Ziegelhausen fand wohl das 44. "Herzmariens-Treffen" statt, im Internet finden sich auch schon die Ankündigungen für Nummer 45 und 46 am 21. Januar in Rott am Inn sowie am 4. Februar in Graz. Dahinter steckt ein "Katholisches Apostolat zur Verbreitung und Verteidigung des unveränderten, unverfälschten katholischen Glaubens getreu der wahren Lehre Christi". Auf vielen verschiedenen Internetseiten geht es um Offenbarungen, die Jesus Christus seinen modernen "Propheten" zukommen lässt, die letzte stammt allerdings vom 6. Mai 2015 und endet mit "Euer geliebter Jesus Christus".

Das war die Zeit, in der die irische PR-Expertin Mary MacGovern-Carberry als "Maria Divine Mercy" entlarvt wurde. Diese "letzte Prophetin Gottes" und "siebter Engel aus der Offenbarung" hatte seit dem Jahr 2010 Botschaften zum Ende der Welt bekannt gemacht: "Die Apokalypse ist in vollem Gange." So sagte sie etwa voraus, dass ab Ende 2012 eine dreieinhalbjährige Periode der Drangsal auftreten werde, in deren Verlauf der Antichrist als Militärheld auftreten werde. Mit dem Verkauf eines "Buches der Wahrheit" und von "Medaillen der Erlösung", die Milliarden von Seelen bekehren sollten, lief das Geschäft der Prophetin wohl ganz gut. Auch in Deutschland - in Köln - fand sie einen Verleger. Und Patricia Burkert-Mazur gilt als "Ersatz-Prophetin".

Während die irische PR-Lady inzwischen im Internet nicht mehr mit aktuellen Prophezeiungen auffällt, existieren Seiten mit Namen "herzmariens" oder "mutterdererloesung" weiter und schreiben sich den unverfälschten Katholizismus auf ihre Fahnen.

Frederic Kaminski, der Weltanschauungsbeauftragte der Diözese Rottenburg-Stuttgart, kennt die "Sekte", die apokalyptische Szenarien verbreite. "Das ist mehr oder weniger Humbug, Geschäftemacherei", sagt er, "da wird gezielt mit Ängsten gearbeitet." Dass es Menschen gebe, die in diese Welt tief hineintauchten und in ihrem Alltag stark beeinträchtigt seien, sei bekannt, meinte Kaminski. Nach der "Enttarnung" der Irin 2015 sei es aber zunehmend ruhiger geworden mit Anfragen, registrierte er.

Vonseiten der Katholischen Kirche habe man sich von MDM distanziert, die Materialien dürften nicht in Kirchenräumen verbreitet werden. Die Aufgabe der katholischen Kirche sieht Kaminski darin, den Menschen eine gesunde Orientierung zu geben, die es ihnen erlaube, auf kritische Distanz zu den Aussagen der Sektenmitglieder zu gehen.

Hinweise auf kriminelle Handlungen der Sekte kamen Frederic Kaminski bei seinen Beratungen von Priestern und Laien nicht unter. Auch beim Landeskriminalamt Baden-Württemberg (LKA) gibt es nach Aussage des Pressesprechers keine Erkenntnisse über "Maria Divine Mercy" und ihre unterschiedlichen Anhänger und Gruppierungen. Sekten werden vom LKA allerdings sowieso nicht beobachtet, ebenso wenig vom Verfassungsschutz des Landes - mit Ausnahme der Scientology-Sekte, die auch in Wirtschaft und Politik mitmischt.

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