Heidelberger "Haus der Jugend": So geht moderne Bürgerbeteiligung

Jugendliche brachten ihre Ideen zur Sanierung des "Haus der Jugend" per Chat ein: "Es lief so gut, dass es uns selbst überrascht hat"

04.03.2016 UPDATE: 05.03.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 20 Sekunden

Drei Monate lang diskutierten die 120 Jugendliche über die Chatplattform "WhatsApp": Gestern präsentierten jetzt ihre Ideen zur Sanierung des "Haus der Jugend" der Öffentlichkeit. Foto: Alex

Von Anica Edinger

Elke Bayer trieb es die Schweißperlen auf die Stirn. Allerdings weniger aus Angst, sondern vielmehr aus Respekt. Respekt vor den 120 Jugendlichen, die sich drei Monate lang für den Umbau ihres Hauses der Jugend in der Römerstraße eingesetzt haben. Denn dafür hat die Stadt ein Beteiligungsverfahren in die Wege geleitet, das deutschlandweit seinesgleichen sucht. Und Bayer, Mitglied im städtischen Koordinationsbeirat Bürgerbeteiligung, staunte bei der Abschlusspräsentation gestern im Haus der Jugend nicht schlecht. "Die Ergebnisse, die hier produziert wurden, sind besser als bei den Beteiligungen für Erwachsene." Die Jugendlichen hätten damit einen hohen Maßstab gesetzt.

Der Beteiligungsprozess: "In Heidelberg ist uns etwas passiert, das wir noch nie erlebt haben", sagt Erik Flügge vom Kölner Büro "S & N Kommunalberatung", das die Beteiligung organisierte und moderierte. Die Besonderheit: Die Jugendlichen brachten ihre Ideen über die Chatplattform WhatsApp ein - und zwar aus eigenem Antrieb heraus. "Wir wollten alles über Facebook regeln. Aber die Jugendlichen haben unser Verfahren zerrissen, als wir es vorgestellt haben ", berichtet Flügge. Facebook sei etwas für alte Leute, hätten die Schüler gesagt, man müsse über WhatsApp kommunizieren. Dieser Plan ging auf - "und zwar so gut, dass es uns selbst überrascht hat". Tausende von Nachrichten seien eingegangen. Die Auswertung der Ergebnisse dürfte gut 300 Seiten umfassen. Ein Drittel aller Teilnehmer hätten auf die Fragen der Moderatoren geantwortet. Und: "Eine Rücklaufquote von 30 Prozent ist enorm", weiß Flügge.

Die Ideen: Die Jugendlichen möchten vor allem eines: mehr Platz. Vor allem die Tanzräume müssten vergrößert werden. "Unsere jetzigen Räume sind mit 16 Leuten schon überfüllt", sagt etwa die 15-jährige Elena vom Helmholtz-Gymnasium. "Und auch die Theaterleute wünschen sich einen eigenen Proberaum." Aktuell nutzen Tänzer wie auch Schauspieler einen Raum gemeinsam. Wichtig dabei: ein Requisitenlager für die Theatermacher, ein Raum für Kostüme - und eigene Duschen für Tänzer und Schauspieler. Eine weitere Idee ist ein intergenerationelles Café, "für alle, auch für Omas und Opas", sagt Katharina, 14 Jahre und Schülerin am Englischen Institut. Ganz wichtig dort: "Steckdosen, dass wir unsere Handys aufladen können."

Die Jungs in der Runde brachten außerdem die Idee ein, einen Fitnessraum einzurichten. Wenigstens formulierten das David (13) und Nistret (14). Die beiden kicken seit Jahren auf dem Bolzplatz hinter dem Haus der Jugend. Zum Ausruhen danach sollte eine Lounge entstehen, meint David. In einem weiteren Raum könnte es dann auch mal lauter werden, etwa beim Fußballschauen, berichtet Katharina. Die zwölfjährige Amalie vom Englischen Institut meinte außerdem, man könne noch Solaranlagen anbringen - um auch energetisch alles richtig zu machen. Leonie, 14, setzte sich außerdem dafür ein, dass der Skatepark vergrößert wird. "Viele aus meiner Klasse haben sich das gewünscht", sagt die Schülerin der Theodor-Heuss-Realschule. Was alle Jugendlichen außerdem toll fänden: eine große Dachterrasse.

So geht es weiter: Die Ideen der Jugendlichen fließen nun in den Architekten-Wettbewerb ein. Eine Jury entscheidet, wer den Zuschlag für die Sanierung bekommt. Eventuell könnte die Meinung der Jugendlichen dann noch einmal gefragt sein, jedenfalls wünschten sie sich das. Dann geht es an die Finanzierung, SPD-Stadträtin Monika Meißner rechnet damit, dass die Mittel im Doppelhaushalt 2017/2018 eingestellt werden. Sie machte Hoffnung: "Für solche Projekte gibt es im Gemeinderat immer eine breite Mehrheit." Und Bernhard Ellwanger, Bauinvestitionscontroller der Stadt - "der mit dem Geld", wie es Flügge ausdrückte - ist überzeugt: "Alles, was ich hier gehört habe, ist realistisch." Dennoch: Bis tatsächlich gebaut wird, könnte es noch ein bis zwei Jahre dauern. Kulturbürgermeister Joachim Gerner, der am Schluss der Veranstaltung die Ergebnisse entgegennahm, versprach: "Da ist jetzt Zug dahinter, das Ding kommt zum Laufen."

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