Heidelberg: Schon drei Neonazi-Wachleute in Patrick-Henry-Village enttarnt

René S. war nicht der erste Rechtsradikale in der Flüchtlingsnotunterkunft - Private Sicherheitsfirma zuständig

07.09.2015 UPDATE: 08.09.2015 06:00 Uhr 1 Minute, 44 Sekunden
Schon drei Neonazi-Wachleute enttarnt

Sie sollten Beschützer sein: Ein Wachmann (links) sorgt bei der Bushaltestelle in Patrick-Henry-Village für Ordnung. Mindestens drei seiner ehemaligen Kollegen waren aber „polizeibekannte“ Neonazis. Foto: Rothe

Von Holger Buchwald

Hohe Wellen schlug die Nachricht, dass René S., ein polizeibekannter Neonazi aus Kassel, als Wachmann in der Flüchtlingsunterkunft in Patrick-Henry-Village arbeiten durfte (RNZ von gestern). Jetzt ist bekannt: Es war kein Einzelfall. Gestern bestätigte Polizeisprecher Norbert Schätzle auf Anfrage, dass der 27-Jährige bereits der dritte Rechtsextreme in diesem Jahr ist, der bei Kontrollen des Dezernats Gewerbe und Umwelt in PHV enttarnt worden ist. Alle drei Männer wurden, nachdem die Polizei die Fälle an das Regierungspräsidium Karlsruhe und die Sicherheitsfirmen gemeldet hatte, sofort aus dem Dienst entfernt. In PHV sind derzeit rund 2700 Flüchtlinge untergebracht.

Für den Wachdienst in der ehemaligen US-Kaserne am Rande Heidelberg-Kirchheims sind - anders als gestern irrtümlich berichtet - nicht European Homecare als Betreiber der Unterkunft, sondern private Sicherheitsfirmen zuständig, die direkt vom Regierungspräsidium Karlsruhe (RP) beauftragt wurden. "Wir haben alle von uns eingesetzten Sicherheitsfirmen darauf hingewiesen, dass wir hohe Anforderungen an das Personal stellen. Vor allem dürfen natürlich keine Leute mit fremdenfeindlichem oder rechtsradikalem Hintergrund eingesetzt werden", betont RP-Pressesprecher Uwe Herzel. Um dies sicherzustellen, müsste auch von jedem Mitarbeiter eine Auskunft aus dem Bundeszentralregister eingeholt werden.

Bis gestern kannte Herzel nur den aktuellen Fall von René S.. Nach Angaben des RP-Sprechers war dieser Wachmann nicht direkt bei der vom Regierungspräsidium beauftragten Sicherheitsfirma, sondern bei einem Subunternehmen aus Thüringen angestellt. "Wir warten jetzt die Stellungnahme ab, wie es dazu kommen konnte", so Herzel. Weitere Konsequenzen gegen die Firmen, deren Namen er aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht nennt, schließt er nicht aus. Das Regierungspräsidium selbst überprüfe die Mitarbeiter nicht, sondern verlasse sich hier auf seine Vertragspartner. Zuständig für die Zulassung der bundesweit tätigen Sicherheitsfirmen ist das jeweilige Gewerbeamt in dem Ort, in dem sie ihren Sitz haben.

Die Polizei hat keinerlei Hinweise darauf, dass René S. in PHV eine Straftat geplant oder sogar ausgeführt hat. Und auch gegen die beiden anderen rechtsextremen Wachmänner laufen in dieser Hinsicht keine Ermittlungen. Dass die Drei erwischt wurden, ist nur den Routinekontrollen des Dezernats Gewerbe und Umwelt zu verdanken. "Wie auch bei Konzerten oder Fußballspielen sind unsere Kollegen etwa ein Mal im Monat in PHV vor Ort, um zu überprüfen, ob die Sicherheitsleute alle Anforderungen erfüllen", sagt Schätzle. Letzten Donnerstag, gegen 4 Uhr morgens, war es wieder so weit. Das Polizeipräsidium Mannheim wurde von sich aus aktiv. In anderen Regionen in Baden-Württemberg werden die Wachmänner nicht kontrolliert.

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Was René S. genau auf dem Kerbholz hat, sagt die Polizei nicht. Das Spektrum der "politisch motivierten Straftaten" reicht von der Verwendung von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen bis hin zu brutalen Angriffen auf Ausländer. Fest steht, dass S. in der Vergangenheit mindestens ein Mal wegen solcher Taten angezeigt wurde. In PHV arbeiten derzeit im Tagdienst 30, nachts und am Wochenende 26 Wachleute.

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