Flüchtlings-Projekt "Gemeinsam kochen & essen"

In der Küche werden alle Sprachbarrieren überwunden- Träger des Projekts sind die Kapellengemeinde und das Diakonische Werk Heidelberg

16.08.2015 UPDATE: 17.08.2015 06:00 Uhr 1 Minute, 55 Sekunden

Bei dem Projekt "Gemeinsam kochen & essen" werkeln Flüchtlinge und ehrenamtliche Helfer gemeinsam in der Küche. Dabei entstehen interessante Gerichte aus aller Welt. Foto: Friederike Hentschel

Projekt "Gemeinsam kochen & essen" mit Flüchtlingen - In der Küche werden alle Sprachbarrieren überwunden

Von Marion Gottlob

Zuerst wollte kein einziger Flüchtling kommen. Es ist ja nicht so einfach, einen Pressetermin in einer fremden Sprache zu meistern. Doch plötzlich war alles anders. Da kamen Flüchtlinge wie ehrenamtliche Helfer zu ihrem wöchentlichen Koch-Treff, als wäre alles "normal" und keine neugierige Journalistin dabei. Denn unter dem Motto "Gemeinsam kochen & essen" gibt es jede Woche einen kulinarischen Treff, bei dem Flüchtlinge gemeinsam mit ehrenamtlichen Helfern kochen. "Es gibt Gerichte aus der ganzen Welt", so Projektleiterin Hannah Stritter. Träger des Projekts sind die Kapellengemeinde und das Diakonische Werk Heidelberg. Es gibt eine enge Zusammenarbeit mit dem Asylarbeitskreis Heidelberg.

Dieses Mal steht ein Fesendschan-Eintopf aus dem Iran auf der Speisekarte: 1,5 Kilogramm Walnüsse, acht Zwiebeln, drei Granatäpfel, 19 Esslöffel Granatapfelsirup und ein Esslöffel Safranfäden werden mit Hähnchen, Kurkuma und Tomatenmark in ein köstliches Gericht für 15 Personen verwandelt. "Dieses Essen ist in meiner Heimat sehr beliebt", so die Iranerin Zahra. Die Chemikerin ist geflohen, jetzt hat sie einen Minijob als Betreuerin und bewirbt sich um ein Chemie-Praktikum. Die Idee zum Projekt hatte Dekanin Marlene Schwöbel-Hug von der evangelischen Kirche Heidelberg. Es soll regelmäßige Mahlzeiten für Menschen geben, die in Armut leben - aber keine Suppenküche sein. Nun kochen in der Altstadt zweimal pro Woche ehrenamtliche Helfer mit Gästen, dazu wird einmal pro Woche speziell mit Flüchtlingen gebrutzelt. "Wir wollen die Tradition des gemeinsamen Mahls neu beleben und eine moderne Wahlfamilie schaffen", so Pfarrer Florian Barth von der Kapellengemeinde. Jaje aus Gambia wirbt für das Projekt unter den Flüchtlingen: "Es ist schön, mit anderen Menschen zusammen zu sein - dann ist keiner mehr so allein."

Omar (20) aus dem Senegal kam vor drei Jahren nach Deutschland. Gerade hat er den deutschen Hauptschulabschluss gemacht und absolviert jetzt ein Freiwilliges Soziales Jahr im Altenheim. Der Vegetarier Omar strahlt: "Ich habe hier mehr Freunde als in meiner alten Heimat." Spontan hatten Helfer aus dem Kochkurs mit ihm Mathe gepaukt. Muhammed aus Gambia ist erst seit Kurzem hier: "Ich möchte die Deutschkurse besuchen und dann Arbeit finden."

Diakonie-Geschäftsführer Martin Heß betont: "Mit dem Projekt wollen wir etwas Neues ausprobieren - wir wollen ein Projekt, in dem wir nicht für andere etwas tun, sondern mit ihnen gemeinsam." Dorothea Fischer-Hornung hat zwei Jahre in Ghana gelebt und ist in der Entwicklungshilfe aktiv: "Dieses Engagement bringt mir Afrika zurück." Der Psychologie-Doktorand Dennis Hebbelmann ist im Asylarbeitskreis tätig und kocht gerne: "Die Toleranz in der Küche ist groß, die Verständigung funktioniert mit Händen und Füßen."

Bei jedem Treffen wird ein anderes Gericht gekocht. So gab es schon einmal selbst gemachte Spätzle. Bei allem Vergnügen soll nicht verschwiegen werden: Die Teilnehmer der Gruppe wechseln oft. Mal wird jemand in ein europäisches Land rücküberstellt, mal muss jemand in seine ursprüngliche Heimat zurückkehren. Beim Koch-Treff heißt es dennoch erst einmal: "Noschejan" auf Persisch, "Ideyaa" in der afrikanischen Mandinka-Sprache und schließlich "Guten Appetit".