Bezirksbeirat: Heidelberger Altstadt-Kneipen sollen wieder früher schließen
Eine große Mehrheit im Bezirksbeirat fordert, dass unter der Woche schon um 1 Uhr Schluss sein sollte.

Kneipengänger genießen die langen Öffnungszeiten in der Destille. Foto: Rothe
Von Holger Buchwald
Das Experiment längere Kneipenöffnungszeiten ist nach Ansicht des Bezirksbeirats Altstadt gescheitert. In der Sitzung am Dienstag sprach sich das Gremium mit großer Mehrheit dafür aus, per städtischer Satzung wieder längere Sperrzeiten für die Innenstadt festzulegen. Sie wollen die frühere Regelung, die bis 2014 galt, sogar noch verschärfen. Demnach müssten die Gaststätten unter der Woche bereits um 1 Uhr, in den Nächten zum Samstag und Sonntag um 3 Uhr schließen. Für den Haupt- und Finanzausschuss am 16. März wird es trotzdem noch keine Beschlussempfehlung der Verwaltung geben.
Hintergrund
Aktuell gilt in der Heidelberger Altstadt wie auch fast überall sonst in Baden-Württemberg die Landesregelung für Sperrzeiten: Demnach dürfen die Wirte ihre Gäste unter der Woche bis um 3 Uhr morgens, in den Nächten zum Samstag und Sonntag sogar bis 5 Uhr bewirten. Nur ganz
Aktuell gilt in der Heidelberger Altstadt wie auch fast überall sonst in Baden-Württemberg die Landesregelung für Sperrzeiten: Demnach dürfen die Wirte ihre Gäste unter der Woche bis um 3 Uhr morgens, in den Nächten zum Samstag und Sonntag sogar bis 5 Uhr bewirten. Nur ganz wenige Lokale schöpfen die Zeiten sowohl unter der Woche als auch am Wochenende aus: der "Kleine Mohren", die Sonderbar, die Destille, das Weinloch und das Jinx sowie die Imbisse Stuzzico, Sahara, Kebap House und Yufka. Weitere 15 Lokale haben am Wochenende bis 5 Uhr geöffnet, schließen aber unter der Woche um 2.
Bis 31. Dezember 2014 galten für den gesamten Stadtteil gesonderte Sperrzeiten. Für die Nachtschwärmer war unter der Woche um 2 Uhr, am Wochenende um 3 Uhr Schluss.
Die neue Forderung des Bezirksbeirats greift einen Vorschlag auf, der 2014 schon einmal diskutiert wurde. Am Wochenende könnte bis 3 Uhr gefeiert werden, werktags wäre um 1 Uhr Schluss.
In einem Gutachten ist der Bereich dokumentiert, in dem die Lärmrichtwerte häufig überschritten werden: die Untere Straße zwischen Dreikönigstraße und Fischmarkt, der Marktplatz, die hintere Hauptstraße, die Steingasse, Fischergasse, Krämergasse, Floring- und Kettengasse.
Das Thema kommt am 16. März in den Hauptausschuss, am 23. März in den Gemeinderat. Die neue Sperrzeitverordnung könnte frühestens am 15. April in Kraft treten.
Nachdem die frühere Satzung zum 1. Januar 2015 abgeschafft worden war, gab es in der Altstadt wieder mehr Lärm und Randale - und das bis in die frühen Morgenstunden. Polizei und Kommunaler Ordnungsdienst hatten dies in Erfahrungsberichten geschildert. Die Sperrzeiten für einzelne Lokale zu verlängern mache keinen Sinn, betonte Bürgermeister Wolfgang Erichson: "Das hohe Aggressionspotenzial zwischen 3 und 5 Uhr morgens kann keiner einzelnen Kneipe zugeordnet werden." Es bleibe beim alten Zielkonflikt zwischen den Interessen der Wirte und der Kneipengänger auf der einen Seite und der Ruhe suchenden Anwohner auf der anderen.
Während die Stadtverwaltung sich mit einer eigenen Beschlussempfehlung zurückhält und das weitere Vorgehen ganz in die Hand der gemeinderätlichen Gremien legt, war für die meisten Bezirksbeiräte klar, dass die Altstadt eine neue Sperrzeitsatzung brauche. "Es wäre wahrscheinlich besser zur alten Regelung zurückzukehren", sagte Christine Stahl (SPD). Die Personalstärke des Ordnungsdienstes dürfe aber nicht wieder zurückgefahren werden. Auch Michael Hug (Heidelberg Pflegen und Erhalten) wetterte gegen die derzeit geltende Landesregelung: "Je länger der Alkohol fließt, desto unkontrollierbarer wird die Situation. Das Ergebnis ist katastrophal." Das Publikum in der Altstadt werde immer problematischer. Auch Hug zieht daher das Fazit, dass eine Rückkehr zu kürzeren Kneipenöffnungszeiten notwendig ist, aber auch verstärkte Kontrollen.
Peter Seidel (SPD) berichtet von betrunkenen, lärmenden Gruppen, die morgens zwischen 3 und 5 Uhr lautstark an der Universitätsbibliothek vorbei zur Haltestelle Peterskirche ziehen, Michael Hug von nächtlichen Schlägereien und Pöbeleien in der Landfriedstraße und Märzgasse. Einzig Paul Eckartz (Linke) plädierte gegen eine neue Sperrzeitensatzung: "Die Kriminalitätsstatistik ist nicht belastbar. Viele Straftaten liegen unter dem Niveau von 2012 und 2013." Stattdessen befürwortet er, den alten 58-Punkte-Katalog gegen Lärm in der Altstadt weiter umzusetzen. Eckartz: "Es gibt zur Altstadt zu wenige Alternativen, wo junge Leute ausgehen können."
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Diese Aussage wollte Erichson nicht stehen lassen - mit der Halle 02, der Nachtschicht, dem Frauenbad sowie dem Zieglers gebe es ein gutes Angebot. Das Problem in der Altstadt seien einzelne Kneipen, die ihr Publikum nach 3 Uhr gezielt mit billigen Alkoholika abfüllen. Am Ende stimmten neun Bezirksbeiräte für kürzere Kneipenöffnungszeiten, vier dagegen. Erst wenn sich im Hauptausschuss abzeichnet, dass es eine Mehrheit für eine Sperrzeitverordnung im Gemeinderat geben kann, wird Erichson einen Satzungsentwurf vorbereiten lassen.



