2017 gibt es weniger Wein

Nachtfrost schädigte auch Heidelberger Reben

Die jungen Triebe sind erfroren - Aber nicht alle Lagen sind betroffen

26.04.2017 UPDATE: 27.04.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 22 Sekunden

Winzer Hans Christian Winter zeigt auf Triebe, die durch den Frost zerstört wurden. Er hat einen Verlust von 20 bis 30 Prozent zu beklagen, hofft aber, dass die Natur es selbst wieder richtet und die Knospen neu austreiben - wenn auch mit geringerem Ertrag. Foto: Hentschel

Von Karla Sommer

Heidelberg. Fassungslos gingen vergangene Woche die Winzer durch ihre Weinberge. Die jungen Triebe an den Rebstöcken waren an ihren Spitzen zum Teil erfroren. Schuld daran war die Wetterlage. So erinnerte die zweite Märzhälfte eher an den Mai. Das Thermometer stieg teilweise bis auf 22 Grad Celsius - auch in Heidelberg. Deshalb trieben die Rebstöcke früh aus. Doch was die Sonnenanbeter auf ihren Balkonen und in den Biergärten genossen, war den hiesigen Obstbauern und Winzern nicht ganz geheuer. Und sie sollten mit ihrer Skepsis Recht behalten, denn die Nachtfröste der vergangenen Woche haben ihren Bäumen und Pflanzen mächtig zugesetzt.

Hintergrund

> Die Knospe der Weinrebe setzt sich aus einem Auge (Hauptauge) sowie zwei Nebenaugen (Beiaugen) zusammen. Die Beiaugen sind einfacher gebaut als das Hauptauge und dienen als Ersatzknospen. Diese treiben in der Regel aus, wenn zum Beispiel das Hauptauge

[+] Lesen Sie mehr

> Die Knospe der Weinrebe setzt sich aus einem Auge (Hauptauge) sowie zwei Nebenaugen (Beiaugen) zusammen. Die Beiaugen sind einfacher gebaut als das Hauptauge und dienen als Ersatzknospen. Diese treiben in der Regel aus, wenn zum Beispiel das Hauptauge durch Frost zerstört wurde. Die Beiaugen bringen jedoch meistens weniger Ertrag. Sm

[-] Weniger anzeigen

Die Mixtur aus warmen Tagen, gefolgt von frostigen Temperaturen macht jetzt besonders den Winzern zu schaffen. Viele Reben sind komplett hinüber. Das heißt, dass mit einem großen Ertragsausfall zu rechnen ist. Für die Heidelberger Weinbauern und auch für Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut und damit für alle deutschen Anbaugebiete ist klar: In diesem Jahr gibt es weniger Wein.

"Gut 20 Tage früher als sonst war in diesem Jahr der Austrieb", berichtet Andreas Bauer vom "Dachsbuckel". Und damit hat es die frühen Sorten wie den Burgunder, den Müller-Thurgau und bei ihm auch den Muskateller getroffen. Die jungen Triebe starben ab. Ein Phänomen zeigte sich dabei: Die oberen Lagen hat es dabei nicht so arg erwischt wie die unteren. "Unten in Rohrbach sieht es schlimm aus," so Bauer, der auch eine Erklärung dafür hat. Bei der Inversionslage, die wohl in den entscheidenden Nächten geherrscht hat, handelt es sich um eine Temperaturumkehr der in der Atmosphäre vorhandenen Luftschichten. Dabei legen sich wärmere Luftmassen horizontal über kältere Luftschichten. Ohne schützende Wolken steigt Warmluft aus dem Boden auf und kann entweichen. Gleichzeitig fließt Kaltluft talabwärts. Und da, wo die kalte Luft nicht abfließen konnte, wie in den tieferen Regionen Rohrbachs, kam es zu vermehrten Schäden an den Trieben. So beklagt Bauer, dass bei ihm die Triebe auf einem ganzen Hektar in Rohrbachs unterem Teil abgestorben sind, während er rund um das Weingut auf dem Dachsbuckel ganz gut davon gekommen ist.

Sein Winzerkollege Hans Christian Winter, ebenfalls aus Rohrbach, hat "so etwas noch nicht erlebt", und auch sein Vater nicht, erzählt er der RNZ. Die Schäden an seinen Rebstöcken trägt Winter mit Fassung. Denn er hofft zwar nicht auf ein Wunder, aber auf die Kraft der Natur, die ihm einen neuen Austrieb an den Beiaugen (siehe "Hintergrund") bescheren soll. Er hat zwar auch einen Schaden von 20 bis 30 Prozent an den Rebstöcken zu beklagen, beschreibt die Situation aber nicht so grau-schwarz, wie die erfrorenen Triebe aussehen: "Wenn ich jetzt durch unsere Weinberge gehe, dann wird schon wieder alles ziemlich grün." Eingeschlossen ist die Hoffnung, dass es jetzt nicht noch einmal friert.

Das hofft auch Jörg Clauer vom "Dormenackerhof", der von einem Gesamtschaden von rund 25 Prozent spricht - wobei die Bandbreite von 80 bis zu null Prozent reiche. "Wir sind noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen", so sein Fazit. Ihm graut es aber schon vor den nächsten Wochen, "denn die Eisheiligen kommen erst noch". Sollten die neuen Triebe aus den Beiaugen dann auch noch kaputt gehen, wird es für dieses Jahr eng mit den Erträgen, ist seine Sorge.

Die teilt er mit Thomas Klein von den Hangäckerhöfen, dessen Dornfelder zu 60 Prozent erfroren ist und der auch nicht auf einen neuen Austrieb hoffen kann, denn "beim Dornfelder passiert nichts mehr". 50 bis 60 Prozent seien auch bei den anderen frühen Sorten wie dem Weißburgunder und dem Müller-Thurgau vom Frost betroffen, der besonders in den unteren Lagen "gewütet" hat. Auch bei ihm gibt es also naturbedingte Ernteausfälle in einem Beruf, der, wie sein Kollege Jörg Clauer es formuliert, "von den Launen der Natur abhängt".

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.