Ausländische Studentinnen zur "Uni-Maut": "Das könnte ich mir niemals leisten!"

Tausende Ausländer und Zweitstudenten studieren in Heidelberg, was sagen sie zu den Plänen?

07.12.2016 UPDATE: 08.12.2016 06:00 Uhr 1 Minute, 37 Sekunden

Feruza Djakhangirova und Merita Qalliu haben Glück: Würden sie ihr Studium erst im Winter 2017 beginnen, müssten auch sie zahlen. Foto: dns

Von Denis Schnur

Die Uni Heidelberg ist stolz auf ihre Internationalität: Mehrere Tausend Ausländer studieren hier, viele aus Nicht-EU-Ländern. Feruza Djakhangirova und Merita Qalliu sind zwei davon. Sie können ihr Studium auch ohne Gebühren beenden - und doch sind sich beide einig: Hätte es zu ihrem Studienstart schon eine "Campus-Maut" für Ausländer gegeben, wären sie auf keinen Fall nach Baden-Württemberg gekommen.

Hintergrund

dns. Während einige Studenten auf die Barrikaden gehen wollen, zeigt sich das Rektorat der Uni Heidelberg den Plänen der Ministerin gegenüber offen: Als "mutigen Schritt" bezeichnet Rektor Bernhard Eitel den Beschluss, Studiengebühren für ausländische Studierende einzuführen,

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dns. Während einige Studenten auf die Barrikaden gehen wollen, zeigt sich das Rektorat der Uni Heidelberg den Plänen der Ministerin gegenüber offen: Als "mutigen Schritt" bezeichnet Rektor Bernhard Eitel den Beschluss, Studiengebühren für ausländische Studierende einzuführen, die aus Nicht-EU-Ländern zum Studium nach Baden-Württemberg kommen.

Vor dem Hintergrund der "Schuldenbremse" hält Eitel es für richtig, auch die Einnahmenseite in den Blick zu nehmen. "Es wäre nicht zu verantworten, den erst vor Kurzem geschlossenen Hochschulvertrag zu brechen, Kürzungen umzusetzen und Vertrauen in eine nachhaltige Grundfinanzierung - eine wichtige Währung in der Wissenschaft - zu zerstören", betont der Rektor auf RNZ-Anfrage. Neben Eitel unterstützen alle Rektoren der Landesuniversitäten diesen Schritt.

Dabei betont der Rektor jedoch, dass die Universität auch von ihrem Recht Gebrauch machen werde, "kritisch Einwand zu erheben, wenn die Gebührenregelungen zu unzumutbaren Belastungen führen würden oder einzelne Studierendengruppen vom Studium ausschließen könnten".

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"Das könnte ich mir niemals leisten", betont die 21-jährige Qalliu. Sie kam vor wenigen Jahren aus Albanien, um in Heidelberg Jura zu studieren. "Ich arbeite etwa 70 Stunden im Monat in der Gastronomie und finanziere mein Studium so komplett selbst", erklärt die angehende Juristin. Davon könne sie knapp leben, aber 3000 Euro mehr pro Jahr könne sie nicht zahlen - zumal sie auch nicht mehr als 80 Stunden im Monat arbeiten darf.

"Um unseren Aufenthaltstitel zu verlängern, müssen wir regelmäßig nachweisen, dass wir unseren Unterhalt finanzieren können", fügt Djakhangirova hinzu, "mit den Gebühren wäre das schwierig." Die 22-Jährige gehört zu den wenigen Usbeken in Heidelberg und studiert ebenfalls Jura. Von ihren Eltern bekommt sie einen Zuschuss, den Großteil ihrer Lebenskosten bestreitet sie selbst - dank eines Nebenjobs in einer Kanzlei.

Dass vor allem Kinder reicher Eltern aus dem Ausland nach Deutschland kämen, hält sie für ein Gerücht: "Wer es sich in Usbekistan leisten kann, der geht eher nach England oder in die USA", so die Studentin. Für sie sei dagegen die Kombination aus hoher Studienqualität und guter Zugänglichkeit ausschlaggebend gewesen: "Ich dachte, in Deutschland wird Bildung nicht als Ware betrachtet."

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Für Andreas Maier, der gerade seinen zweiten Bachelor in Philosophie und Soziologie absolviert, lägen die Kosten mit 650 Euro pro Semester deutlich niedriger als für Qalliu und Djakhangirova - und doch sagt auch er: "Wären die Studiengebühren bereits im letzten Jahr eingeführt worden, hätte ich auf keinen Fall in Heidelberg bleiben können." Denn selbst bei einem Zweitstudium in Regelstudienzeit hätte er insgesamt 3900 Euro an Gebühren zahlen müssen: "Das ist eine Summe, die ich nicht hätte aufbringen können, ohne mich zu verschulden."

Er selbst habe gemerkt, dass er sich durch den Bachelor in Politikwissenschaft nicht ausreichend auf einen Master vorbereitet fühle und deshalb einen zweiten Bachelor angefangen - auch weil er bei dem ersten Abschluss erst 21 Jahre alt war. Er fürchtet nun, dass die Gebühren Kommilitonen davon abhalten, es ihm gleichzutun: "Stattdessen werden die besonders interessierten Studierenden eben drei oder vier Semester länger studieren - oder in ein anderes Bundesland ziehen."

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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