Eberbacher Windkraftdebatte: "Die Bürgerumfrage ist eine Farce"

Michael Opitz von der Aktion "Bürger für Bürger" listet im RNZ-Interview die Argumente der Windkraftstandortgegner auf

14.07.2015 UPDATE: 15.07.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 53 Sekunden

Prof. Dr. Michael Opitz gehört zur Gruppe "Bürger für Bürger" und ringt in Sachen Windkraft um richtige Information der Öffentlichkeit. Die heute endende Bürgerbefragung zum Themna hält er für eine Farce. Foto: Hüll

Von Felix Hüll

Eberbach. Heute enden das öffentliche Auslegen der Unterlagen zur Windenergie im Rathaus und die Bürgerumfrage zu diesem Thema. Letztmals gibt es die Bürgersprechstunde dazu und beantwortet Karl Emig vor Ablauf der Fragebogenabgabefrist Fragen unter Telefon (06271) 87263. Umstritten ist die ganze Aktion im Verbund "Bürger für Bürger". Prof. Dr. Michael Opitz aus Gaimühle gehört zu deren Gründungsmitgliedern. Für die Windkraft-Standortgegner äußert er sich im Interview.

Wer sind die "Bürger für Bürger" und was haben Sie bislang alles auf die Beine gestellt?

"Wir sind kein eingetragener Verein, sondern ein loser Zusammenschluss, weil wir ähnlich wie die Kollegen im Sensbachtal und in Beerfelden der Meinung sind, dass man sich mehr auf die Sache als auf Vereinsstrukturen konzentrieren sollte. Zur Initiative "Bürger für Bürger" gehören Christina und Rainer Kunze, Heini Rumetsch, meine Frau Dr. Ute Gummich und ich. Wir haben bei Veranstaltungen in Gammelsbach und Neckarsteinach Richard Leiner und Harry Neumann getroffen und überlegt, ob wir für Eberbach nicht auch eine solche Informationsveranstaltung anbieten."

In Beerfelden haben jetzt am Rande des Pferdemarktes Vertreter von rund 20 Initiativen gegen Windkraft im Odenwald ein weiteres Informationsangebot gemacht. Wie war die Resonanz?

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"Man muss in Betracht ziehen, welche Temperaturen wir hatten und dass es sich um ein Volksfest mit Vergnügungspark handelt. Von daher hätte der Besuch im NordicCenter durchaus noch mehr Interessenten vertragen. Aber für die Mitglieder aus all’ den verschiedenen Initiativen aus Eberbach, Waldbrunn, Schönbrunn, Neckarsteinach, Hirschhorn, aus dem Sensbachtal, von Weinheim an der Bergstraße und aus Heidelberg war es eine weitere Gelegenheit, sich auszutauschen, sich kennenzulernen und weiter zu vernetzen."

Was ist Ihnen jetzt zum Abschluss der Eberbacher Bürgerbefragung zum Thema Windkraft besonders wichtig?

"Wir müssen immer wieder darauf hinweisen: in Deutschland laufen rund 25 000 Windräder. Sie tragen zwei Prozent zum Energie- und acht Prozent zum Stromaufkommen bei.

Bei 1000 Meter Mindestabstand von Wohnbauten sind Windradstandorte überall ausgereizt, so dass man jetzt in die Mittelgebirge wie Taunus, Odenwald oder Schwarzwald geht. Was unsere Vorgängergeneration noch als Naturschutzgebiete ausgewiesen hat, wandelt man nun zu Industrieparks um. Wobei das Wort Park einen Euphemismus darstellt: hier wird wie beim Namen Entsorgungspark für Müllhalde extrem beschönigt und mit der deutschen Sprache Schindluder getrieben. Da wird ja so viel verschwiegen. Ich will Ihnen nur zwei Punkte nennen. Jetzt in Beerfelden hat ein Landwirt aus Falken-Gesäß berichtet, dass ihm ein Investor 30.000 Euro Pacht pro Hektar Land angeboten hat. Das macht in 20 Jahren 600.000 Euro. Diese Fläche Grünland kauft man zum Preis von 10- bis 20.000 Euro. Warum kauft sie der Investor dann nicht? Weil er nach dem Gesetz nach Auslaufen der Anlage diese zurückbauen muss. Wenn der Investor pleite geht, bezahlt das der Eigentümer - am Hebert größtenteils die Stadt.

Oder nehmen Sie den Brandschutz: Bei den Antragsunterlagen für den Markgrafenwald in Mosbach, von denen der Augstel betroffen ist, steht dazu nichts drin. Im Gemeinderat haben wir von Stadtrat Lothar Jost die Auskunft erhalten, Windräder seien selbstlöschend. Da sind 400 Liter Öl in der Kanzel. Wenn das mal brennt, das spritzt kilometerweit - und das noch in Waldgebieten..."

Wie beurteilen Sie die Umfrage?

"Eberbach ist pleite. Die Befragung kostet Geld. Aber man sagt, das Votum daraus ist für uns nicht bindend. Das ist für mich Pseudodemokratie, eine Farce. Zu einem bestimmten Verhalten zwingen kann man die Stadträte natürlich nicht. Klar. Aber dann kann man so eine Befragung doch gleich lassen. Und - wer wertet die Fragebogen eigentlich aus?"

Warum sind Windräder am Hebert der falsche Weg? Können Sie hier eine Antwort in knappen Stichworten geben?

"Ich habe mit der Windkraft keine Probleme, wenn sie umweltverträglich betrieben werden kann und wenn sie nachweislich wirtschaftlich ist. Das müssen Gutachten belegen. Windräder können Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen haben, beeinträchtigen Arten- und Naturschutz, Tourismus und Immobilienwerte."

Für Windkraft-Vorhaben in der Region gelten teils unterschiedliche Landesgesetze. Sehen Sie darin Vor- oder Nachteile für Ihr Engagement, Windräder im Odenwald zu vermeiden?

"Wir haben unterschiedliche Rechtsgrundlagen wie etwa Bauordnungen. Von daher ist ein Netzwerk und Austausch wie soeben erst in Beerfelden wichtig und dass wir einen Koordinator haben wie Eckhard Raabe aus Michelstadt."

Die Debatte um Fakten zur Windkraft erhält teils glaubenskriegsähnliche Tendenzen - ist das diesem Ringen um den richtigen Weg angemessen?

"Ersteres unterschreibe ich. Angemessen ist es bestimmt nicht, und es ist bedauerlich, dass es so Strukturen annimmt. Ich bin für die sachliche Diskussion offen. Wenn mich jemand mit belastbaren Zahlen überzeugen kann, bin ich bereit, meinen Standpunkt zu überdenken und zu ändern. Aber wir haben auch hier in Eberbach diametral entgegengesetzte Pole, die nicht zusammen kommen."

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